Combat Planet: Roman (German Edition)
lachte ein bisschen, höflich, hinter vorgehaltener Hand, und erwiderte mit einer Selbstsicherheit, die er ihr nie zugetraut hätte: »Ach, kommen Sie, Jmes, wir sollten hier, in einer so kleine Gruppe, wirklich nicht so viel Wert auf Förmlichkeiten legen, finden Sie nicht auch? Als ich mich letzte Woche einschrieb, dachte ich, wir wären wie eine große, glückliche, lächelnde Familie.«
Jmes schnappte nach Luft und spürte, wie ihm die Röte in die Wangen schoss. Als er sie das erste Mal gesehen hatte, war sie ihm gar nicht wie eine atemberaubende Schönheit erschienen, nicht wie eine Studentin, die Jmes als »Klassefrau« beschrieben hätte, um die sich alle Professoren reißen würden, weil jeder der Erste sein wollte, der sie in die kleine Kammer hinten auf dem Universitätscampus mitnahm – die nachsichtig »Bumsecke« genannt wurde –, nun jedoch übte ihr Selbstbewusstsein auf Jmes eine ganz bestimmte Wirkung aus. Diese sichere Haltung ließ sie aufblühen, brachte eine Attraktivität zum Vorschein, die ihm bis dahin verborgen geblieben war, weil sie sich hinter einer äußeren Schale verbarg. Jmes wollte nicht so krude sein und sie mit einer Zwiebel vergleichen, aber genau das war Karenta, was ihre Schönheit betraf. Ihre Reize bauten sich in Schichten auf, und Professor Jmes Kooky freute sich ungemein darauf, diese Schichten eine nach der anderen abzuschälen. Beginnend mit ihrer Kleidung.
Der Lehrvortrag wurde fortgesetzt, und Jmes dozierte über die verschiedenen Funktionen des Achterbahn-Vergnügens – sowohl physischer als auch psychologischer Art, und dass ein Achterbahn-Designer – oder »TP-Ingenieur«, wie die genaue Berufsbezeichnung der Jungs und Mädels von der Fabrikation lautete – viel mehr können musste als nur bestimmte Teile einer Produktionsreihe zu bauen. Auf dem Themenplaneten bildeten die Ingenieure eine individuelle Kaste mit einer eigenen Gilde, Hierarchie, Polizei und Gefängnissystemen. Während manche Kulturen Edelmetalle oder Sex vergötterten – beim Aussprechen des Wortes warf er Karenta einen Blick zu, den sie zu seinem Entzücken erwiderte –, basierte die gesamte Provax-Kultur, ja sogar die Religion des Themenplaneten auf der Perfektion der Achterbahnfahrten . Vergnügen, Aufregung, Spaß, das waren die Dinge, nach denen es die Provax gelüstete, und sie stellten in der Tat die sozialen Bausteine dar, die überhaupt erst zur Erschaffung des Themenplaneten geführt hatten.
»Ich bin verwirrt«, sagte Karenta an einer Stelle.
»Warum?«
»Die Menschen auf der Erde sagen, die Provax hätten keine Emotionen. Sie nennen sie Fische , weil sie nach Auffassung der Menschen nur sehr wenig Liebe oder Hass, Angst oder Abscheu demonstrieren. Wenn das der Fall wäre, wenn sie so emotionslos wären, wieso suchen sie dann Vergnügen, Aufregung und Spaß?«
»Das ist eine weit verbreitete Fehleinschätzung«, antwortete Jmes, stützte das Kinn auf den zu einem Dach zusammengelegten Fingern ab und bemühte sich nach Kräften, den Eindruck eines vornehmen, kultivierten, sexuell attraktiven älteren Mannes zu erwecken. »Es stimmt nicht, dass Provax keine Emotionen haben, sondern ihre Emotionen vollziehen sich auf eine andere Weise, und vielen unwissenden Menschen kommen sie deshalb dürftig vor. Provax empfinden Emotionen genauso wie Menschen, und unter sehr hohem Stress oder in Momenten der Liebe erscheinen einem diese Gefühle ungemein menschlich. Allerdings reagieren sie anders als die Menschen – schließlich handelt es sich um eine fremdartige Spezies, um Aliens . Gewiss, viele von ihnen sehen uns körperlich sehr ähnlich, und ihre Organe gleichen den unseren. Sie entstanden auf Welten mit annähernd irdischen Verhältnissen, entwickelten sich auf ähnliche Weise, ungeachtet der alten Leier von den Theorien über eine molekulare und evolutionäre Aussaat durch irgendeine uralte und bis jetzt noch nicht entdeckte Alienkultur. Aber Provax und Menschen sind voneinander sehr, sehr verschieden. Von Grund auf. Genetisch und physisch.«
Karenta nickte und machte sich ein paar Notizen, wobei ihre dunklen Locken über ihr EPad fielen. Jmes sah sie an und verspürte tief in seinem Innern ein Kribbeln.
Es war Abend. Draußen versank die Sonne in einem bestürzend schönen Spektakel aus violettem Feuer. Noch immer klirrten und ratterten Achterbahnen, ein endloser akustischer Themenpark-Soundtrack. Passagiere kreischten und lachten, Urlauber genossen die Freuden und Abenteuer des
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