Coming Home
werfe diese Kiste aus dem Fenster und werde deinem sauberen Herrn Chef mal einen Besuch abstatten, und ihm ein paar Takte zu dieser Sklaverei erzählen.«
Megan war völlig klar, dass Brad diese Drohung ohne mit der Wimper zu zucken in die Tat umsetzen würde, also gab sie nach und nahm sich keine weitere Arbeit mehr mit nach Hause. Das hatte zur Folge, dass sie oft abends länger im Büro saß, um noch irgendetwas fertigzustellen, was natürlich auch wieder erbitterte Diskussionen mit Brad nach sich zog.
Dennoch hielt sie daran fest, sie war froh, dass man sie nach ihrem Auftritt in Davids Büro an jenem Abend nicht rausgeworfen hatte, und war dankbar für die Chance, die sie stattdessen erhalten hatte. David hatte sein Vertrauen in sie gesetzt, verließ sich darauf, dass sie alles im Griff hatte, und sie würde ihn nicht enttäuschen, da nahm sie lieber den Ärger mit Brad in Kauf.
Die Stimmung zu Hause wurde immer unerträglicher, sodass sie schließlich froh darüber war, wenn sie abends einen Grund hatte, länger in der Firma zu bleiben, und sich nicht Brads Launen und Vorwürfen aussetzen musste. Zwar tat es ihr unendlich leid, dass sie dadurch nicht mehr so viel Zeit mit Lisa verbringen konnte, doch sie wusste, dass Brad zumindest für seine Tochter gut sorgte, und auch Julie kümmerte sich oft sehr liebevoll um die Kleine.
So verging eine geraume Weile, und Megan vergrub sich immer mehr in ihrer Arbeit, betäubte sich regelrecht damit, fand darin ihren Ausweg, weder über ihre häusliche Situation noch über ihre Gefühle für David nachdenken zu müssen, die tief in ihrem Inneren immer noch vor sich hin schwelten.
Als sie an einem Abend wie so oft noch spät an ihrem Schreibtisch saß, ging plötzlich die Tür auf, und David kam herein.
»Was machen Sie denn noch hier?«, fragte er stirnrunzelnd.
Erschrocken drehte sie sich um.
»Ich … ich wollte nur noch schnell etwas fertigmachen«, sagte sie verlegen, »ich bin gleich weg.«
Er trat auf sie zu und setzte sich auf eine Kante des Schreibtischs, schaute sie prüfend an.
»Sind Sie abends oft noch länger hier?«
Megan zögerte, nickte dann aber stumm.
»Warum sagen Sie mir nicht, wenn Ihnen das zu viel wird?«
»Es ist mir nicht zu viel, ich mache das gerne«, erklärte sie wahrheitsgemäß, »es ist kein Problem.«
»Möchten Sie denn nicht lieber nach Hause gehen, anstatt hier zu sitzen?«
Mit dieser Frage hatte er genau ihren wunden Punkt getroffen, und fieberhaft überlegte sie, was sie ihm darauf antworten sollte.
»Wie gesagt, das ist schon in Ordnung«, murmelte sie ausweichend.
Einen Moment lang schaute er sie nachdenklich an, dann stand er auf.
»Gut, wenn Sie das sagen.«
Er ging wieder zur Tür und drehte sich dann noch einmal zu ihr um.
»Ich kann Sie verstehen, ich bin ehrlich gesagt auch lieber hier«, sagte er leise, und bevor sie noch etwas sagen konnte, hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen.
Wie angewurzelt saß Megan auf ihrem Stuhl und starrte auf die Tür.
»… ich bin auch lieber hier«, hallte es in ihrem Kopf, und sie fragte sich, ob er das wirklich so gemeint hatte, wie es sich angehört hatte.
Konnte es tatsächlich sein, dass er lieber im Büro saß, als zu seiner Frau nach Hause zu fahren? Es hatte sich so frustriert angehört, und im gleichen Moment fiel ihr Karens Bemerkung über das angeblich geplante Baby wieder ein. Stimmte das vielleicht gar nicht? Davids Worte hatten nicht den Eindruck erweckt, als könne er es kaum erwarten, seine Frau in die Arme zu schließen, ganz im Gegenteil.
»Vielleicht ist er genauso unglücklich wie ich«, dachte sie mitfühlend, und stellte im gleichen Moment resigniert fest, dass dieser Satz von ihm mit einem Schlag all ihre unterdrückten Gefühle wieder an die Oberfläche gespült hatte.
»Ach verdammt, warum muss das alles nur so kompliziert sein?«, seufzte sie traurig, während sie ihren PC ausschaltete.
Als sie etwa zwei Stunden später neben Lisa im Bett lag, ihre Tochter wie immer liebevoll umarmend, wünschte sie sich mehr denn je, es wäre David, den sie im Arm halten könnte.
17
I rgendwie schien es so, als hätte dieses kurze Gespräch am Vorabend auf einmal die Stimmung zwischen Megan und David grundlegend verändert.
Es begann damit, dass er am anderen Morgen zu ihr ins Büro kam, zwei Tassen Kaffee eingoss, und sie dann aufforderte, ihn nach nebenan zu begleiten. Er stellte eine Tasse vor sie hin, und ging dann mit ihr alle anstehenden Aufgaben durch, was er
Weitere Kostenlose Bücher