Coming Home
hast«, sagte Julie aufrichtig. »Und du hast tatsächlich am nächsten Montag ein Vorstellungsgespräch in einem Architekturbüro? Wolltest du dich nicht selbstständig machen?«
»Im Moment muss ich erstmal ein bisschen Geld in die Haushaltskasse bekommen. Bestimmt muss in Tante Mollys Haus einiges renoviert werden, dann wird Jamie ja übernächste Woche eingeschult und braucht noch dringend ein paar Sachen, und Lisa hat auch ständig irgendwelche kleinen Wünsche«, seufzte Megan. »Miete für ein Büro kann ich mir derzeit nicht leisten, vielleicht habe ich Glück und es ist im Haus genug Platz, um da vielleicht irgendwann mal was in der Richtung zu machen. Bis dahin habe ich lieber eine feste Anstellung und pünktlich mein Geld auf dem Konto. Es ist zwar nur eine kleine Firma, aber sie zahlen ganz gut und ich hoffe, dass das klappt.«
»Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen«, nickte Julie, »ich kann mir vorstellen, dass zwei Kinder eine Menge Geld kosten.«
Sie schwieg einen Moment, dann sagte sie leise: »Jamie sieht aus wie sein Vater. Ich habe zwar auf den Fotos, die du mir geschickt hast, schon immer ein paar Ähnlichkeiten erkannt, aber jetzt so aus der Nähe ist er ihm wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten.«
»Ja, das ist er«, murmelte Megan bedrückt.
Nach einem kurzen Seitenblick auf Julie schüttelte sie den Kopf. »Oh nein, ich weiß, worauf du hinaus willst, und du kennst meine Meinung dazu.«
»Megan, ich bin immer noch der Überzeugung, du hättest es ihm sagen sollen.«
»Nein«, sagte Megan schroff, »ich habe meine Familie, und er hat seine.«
43
A m nächsten Tag fuhren sie zu viert zu dem Haus, welches Megan von ihrer verstorbenen Tante geerbt hatte, und als sie vor dem Grundstück standen, bekamen sie vor Staunen den Mund nicht mehr zu.
»Oh mein Gott, was für ein alter Kasten«, stöhnte Lisa, »und dieser verwilderte Garten – scheußlich.«
Tatsächlich handelte es sich bei dem Haus um eine alte Villa, ziemlich groß, und umgeben von einem riesigen Garten, der allerdings komplett zugewuchert war.
»Na, wenn das innen so aussieht wie hier draußen, dann Mahlzeit«, sagte Julie trocken.
»Jetzt macht nicht so einen Stress, mit ein bisschen Arbeitseinsatz kriegen wir das schon hin«, erklärte Megan, ohne selbst so recht davon überzeugt zu sein.
Sie gingen hinein und schauten sich um. Das Haus war noch komplett eingerichtet, allerdings waren die meisten Möbel reif für den Sperrmüll. Vergilbte Tapeten hingen an den Wänden, und die Kacheln in den Bädern und der Küche hatten auch schon bessere Tage gesehen. Das Einzige, was offenbar vor nicht allzu langer Zeit renoviert worden war, war der Holzfußboden, der in einem wunderschönen Mahagoniton glänzte.
»Uff, das wird eine Menge Arbeit«, seufzte Megan. Dann bemühte sie sich um ein zuversichtliches Gesicht. »Aber das kriegen wir schon hin, und wenn wir erstmal fertig sind, dann wird es richtig schön hier, glaubt mir.«
»Wenn wir erstmal fertig sind«, betonte Lisa, »das kann sich ja nur um Jahre handeln.«
Ohne auf ihren Kommentar zu achten, fuhr Megan fort: »Auf jeden Fall habt ihr jeder ein eigenes Zimmer, und draußen im Garten können wir für Jamie einen Sandkasten und eine Schaukel aufstellen.«
»Mom, ich bin schon viel zu groß für einen Sandkasten«, erklärte Jamie mit dem ganzen Ernst eines Sechsjährigen, »aber ein Baumhaus wäre cool.«
»Wir werden sehen«, schmunzelte Megan, »zuerst müssen wir hier drinnen einiges tun.«
Während der nächsten Tage machten sie sich mit Feuereifer an die Renovierung.
Nachdem sie den größten Teil der alten Möbel entsorgt hatten, nahmen sie sich die Wände vor, rissen die alten Tapeten ab und klebten neue an, schrubbten die Kacheln, putzten die Fenster, und bis zum Ende der Woche hatten sie das Gröbste geschafft.
»Noch ein oder zwei Tage, dann haben wir zumindest die Räume, die wir brauchen, so weit, dass wir einziehen können«, sagte Megan zufrieden, als sie am Sonntagabend müde und verschmutzt auf den Stufen zum Eingang saßen. »Der Rest hat Zeit, das können wir nach und nach machen.«
Sie legte ihre Arme um Lisa und Jamie und zwinkerte Julie zu.
»Ich denke, ihr zwei habt euch jetzt einen Eisbecher verdient. Aber zuerst sollten wir duschen und uns umziehen, so wie wir jetzt aussehen, lassen die uns niemals ins Eiscafé rein.«
Nachdem sie noch ein paar letzte Handgriffe erledigt hatten, schlossen sie die Tür ab und fuhren zu Julie. Eine knappe
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