Coming Home
Arbeitszeugnisse tadellos, und die Tatsache, dass Sie Ihr Studium zusätzlich zu einem ganztägigen Job absolviert haben, zeugt von Ehrgeiz und Durchhaltevermögen. Aber warum haben Sie sich erst so spät zu einem Studium entschlossen?«
Megan zögerte kurz, dann entschied sie sich dafür, die Wahrheit zu sagen.
»Ich habe sehr früh meine Tochter bekommen, und konnte deshalb nicht wie geplant zur Universität gehen«, erklärte sie aufrichtig.
Er blätterte zu ihrem Lebenslauf. »Wie ich sehe, haben Sie zwei Kinder.«
»Ja, eine siebzehnjährige Tochter und einen sechsjährigen Sohn.«
»Sie sind unverheiratet?«, hakte er nach, und Megan glaubte, einen leisen Tadel in seiner Stimme zu hören.
»Geschieden. Aber das ist kein Problem, meine Tochter ist fast erwachsen, und mein Sohn wird nächste Woche eingeschult«, sagte sie hastig.
»Sie werden ab und zu geschäftlich verreisen müssen. Wer würde sich in dieser Zeit um ihre Kinder kümmern?«
»Eine gute Freundin wohnt ganz in meiner Nähe; sie arbeitet freiberuflich von zu Hause aus und würde das übernehmen.«
Unbehaglich knetete Megan ihre Finger hin und her, sie kam sich vor wie bei einem Verhör, aber ihr war klar, dass ein Arbeitgeber natürlich sicher sein wollte, dass die Mitarbeiter auch zuverlässig waren.
»Sie haben noch keine Berufserfahrung als Architektin?«
»Nein«, musste sie zugeben, »Ich habe knapp zehn Jahre als Buchhalterin in einer größeren Baufirma gearbeitet, und die letzten sechs Jahre als Bürokraft in einem Architekturbüro.«
»Darf ich fragen, warum Sie sich nicht dort als Architektin beworben haben?«
»Ich bin erst vor ein paar Tagen wieder hierher gezogen. Meine verstorbene Tante hat mir ein Haus vererbt, daher der Ortswechsel, und deshalb suche ich jetzt eine neue Anstellung.«
Der Mann schwieg, raschelte noch eine Weile mit den Papieren herum, dann nickte er.
»Gut, ich denke, das genügt fürs Erste. Wir haben noch andere Bewerber, deren Gespräche noch ausstehen, und im Anschluss daran wird die Firmenleitung beraten, wer die Zusage erhält. Wir setzen uns dann innerhalb der nächsten zwei Wochen mit Ihnen in Verbindung und teilen Ihnen unsere Entscheidung mit.«
Er stand auf. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, einen schönen Tag noch.«
Megan erhob sich ebenfalls, verabschiedete sich höflich von ihm, und kurz darauf stand sie draußen vor dem Eingang, mit dem unguten Gefühl, dass sie vermutlich nie mehr etwas von dieser Firma hören würde.
»Und, wie ist es gelaufen?«, fragte Julie aufgeregt, als Megan zur Tür herein kam.
»Frag bloß nicht«, seufzte Megan, »wenn die mich nehmen, fresse ich einen Besen. Dieser Personalheini hat mich regelrecht auseinandergenommen. Warum, wieso, weshalb – und die Tatsache, dass ich alleinerziehende Mutter bin, schien schon moralisch verwerflich zu sein.«
Julie lachte.
»Ach, jetzt mach dir keinen Kopf, das wird schon. Und wenn alle Stricke reißen, kannst du dir immer noch überlegen, dich selbstständig zu machen, genug Platz hast du ja in deiner Villa.«
»Ja, Platz wäre nicht das Problem. Aber wir können nicht von der Hand im Mund leben, und es dauert eine Weile, bis so eine Firma anläuft und genug Aufträge da sind, dass man davon existieren kann. Ich glaube, ich sehe mich zur Sicherheit noch nach ein paar anderen Jobs um.«
»Warum bewirbst du dich nicht in deiner alten Firma?«, grinste Julie.
»Meinst du etwa bei den Bensons?«, fragte Megan entgeistert. »Bist du noch ganz dicht? Nach allem, was dort vorgefallen ist? Außerdem habe ich von einem Tag auf den anderen gekündigt, um David nicht mehr sehen zu müssen, da kannst du doch nicht allen Ernstes glauben, dass ich dort noch einmal einen Fuß in die Tür setzen würde.«
»Ich weiß, das war auch nicht ernst gemeint«, beruhigte Julie sie, »ich habe mir nur gerade vorgestellt, wie die alle aus der Wäsche gucken würden, wenn du da plötzlich wieder auf der Matte stehen würdest.«
»Ja, und allen voran David«, erwiderte Megan trocken. »Nein danke, das möchte ich mir lieber nicht vorstellen.«
45
I m Laufe der Woche hatten sie in der Villa endlich alles so weit fertig und eingerichtet, dass sie einziehen konnten.
Inzwischen hatte eine Spedition auch sämtliche Umzugskisten gebracht, und obwohl es teilweise noch ein wenig chaotisch aussah, strahlten die frisch renovierten Räume dennoch eine behagliche Wärme aus, und sowohl Megan als auch Lisa und Jamie fühlten sich sofort wohl.
Sie
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