Coming Home
Stunde später saßen sie frisch geduscht und umgezogen in einer Eisdiele in der Stadt. Während Megan und Julie drinnen saßen und noch einen Kaffee tranken, hatte Jamie seine Schwester nach langem Betteln dazu überreden können, sich ein wenig mit ihm in der Fußgängerzone umzusehen, und die beiden waren verschwunden.
Angeregt unterhielten sich die beiden Frauen, als Megan plötzlich einen blonden Mann auf ihren Tisch zukommen sah. Erschrocken hielt sie die Luft an, sie hatte diesen Mann nur einmal in ihrem Leben gesehen, doch sofort stiegen Bilder in ihrem Kopf auf, Bilder, die sie sechs Jahre lang in den hintersten Winkel ihres Gedächtnisses verbannt hatte.
David und sie bezogen das Bett.
David und sie kochten zusammen.
David und sie lagen in der Badewanne.
Davids Augen im Spiegel.
»… ich schlafe nicht mehr mit ihr, schon seit einer ganzen Weile nicht …«
»Hallo Megan«, riss Ricks Stimme sie aus ihren Gedanken.
»Hi Rick«, murmelte sie unbehaglich.
»Du siehst gut aus, wie geht es dir?«
»Danke, gut«, erwiderte sie kurz angebunden, in der Hoffnung, dass er nicht auf die Idee käme, David zu erwähnen.
Doch er war auch so taktvoll genug, das nicht zu tun, fragte sie stattdessen, was sie so machte, und sie gab ihm ein paar ausweichende Antworten.
Auf einmal sah sie Lisa mit Jamie hereinkommen, und sie sprang auf.
»Tut mir leid Rick, aber wir müssen jetzt gehen. Julie, zahlst du schnell? Du kriegst es nachher wieder.«
Bevor die entgeisterte Freundin etwas sagen konnte, war sie zur Tür gestürmt, zog die ebenso verblüfft dreinschauende Lisa und Jamie aus dem Café und eilte mit ihnen um die nächste Ecke.
»Sag mal, was war das denn jetzt?«, fragte Julie, als sie ihnen wenige Minuten später gefolgt war.
Sich kurz vergewissernd, dass Lisa und Jamie weit genug entfernt waren, um etwas mitzubekommen, verzog Megan das Gesicht.
»Die Stadt ist riesengroß, aber kaum bin ich eine Woche wieder hier, schon läuft mir ausgerechnet Davids bester Freund über den Weg.«
»Das ist doch aber kein Grund, so Hals über Kopf davon zu laufen«, sagte Julie kopfschüttelnd.
»Ich wollte nicht, dass er Jamie sieht«, erklärte Megan unglücklich. »Er hätte sofort zwei und zwei zusammengezählt, und ich wollte nicht riskieren, dass er David etwas sagt.«
Julie blieb stehen, und drehte Megan mit einem energischen Ruck zu sich um.
»Du wirst es ihm nicht ewig verschweigen können. Irgendwann wird Jamie alt genug sein, um nach seinem Vater zu fragen, und er hat ein Recht darauf, ihn kennenzulernen, genauso wie David ein Recht darauf hat, zu wissen, dass er einen Sohn hat.«
Megan presste die Lippen zusammen.
»Ich glaube kaum, dass David das etwas ausmachen würde. Es hat ihm damals schließlich auch nichts ausgemacht, mit seiner Frau ins Bett zu gehen, obwohl er ständig mit mir geschlafen hat. Und es hat ihm auch nichts ausgemacht, mich zu belügen, also warum sollte es ihn interessieren, dass er einen Sohn hat.«
44
A m nächsten Morgen stand das Vorstellungsgespräch an, und Megan stand im Bad und machte sich sorgfältig zurecht.
Nachdem sie angezogen war, warf sie einen prüfenden Blick in den Spiegel und war zufrieden mit dem, was sie sah.
Trotz der zwei Kinder hatte sie immer noch eine tadellose Figur, schlank und wohlgeformt. Ihre Haare, die sie immer noch lang trug, glänzten im durch das Fenster hereinfallenden Sonnenlicht leicht rötlich, und ihre Haut war faltenlos. Wer sie nicht kannte, hätte sie wesentlich jünger als zweiunddreißig Jahre geschätzt, und in dem Bewusstsein, gut und gepflegt auszusehen, machte sie sich zuversichtlich auf den Weg.
Das relativ kleine Firmengebäude lag etwas außerhalb der Innenstadt, und erfreut stellte Megan fest, dass sie nur zwanzig Minuten Fahrzeit vom Haus dorthin haben würde.
»Ich muss mir unbedingt ein Auto anschaffen«, überlegte sie, während sie die wenigen Stufen zum Eingang hinaufstieg.
Eine ältere Dame saß am Empfang und beschrieb Megan den Weg zum Personalbüro.
Dort angekommen holte sie noch einmal tief Luft und betrat nach kurzem Anklopfen zögernd den Raum.
»Guten Tag, ich bin Megan Turner, ich habe für elf Uhr einen Termin mit Ihnen«, erklärte sie höflich, und nachdem der Mann hinter dem Schreibtisch sich als Mr. Arnold vorgestellt hatte, bat er sie, sich zu setzen.
Nervös rutschte sie auf ihrem Stuhl herum, während er sich noch einmal ihre Bewerbungsunterlagen anschaute.
»Nun Mrs. Turner, wie ich sehe, sind Ihre letzten
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