Coming Home
besaß auch er einen untrüglichen Instinkt, und misstrauisch schaute er die beiden Erwachsenen an.
»Habt ihr euch etwa geküsst?«
»Nein, Sarahs Dad hat mir nur von der Leiter geholfen«, erklärte Megan nervös, und hörte, wie David ein amüsiertes Glucksen von sich gab.
»Wir sollten jetzt wieder nach drüben gehen und schauen, was wir noch helfen können«, sagte sie verärgert, und schob die beiden Kinder zur Tür hinaus. Dann drehte sie sich zu David um. »Hör auf zu lachen, das ist überhaupt nicht witzig«, zischte sie ihn an, »und tu so etwas nie wieder.«
54
A uf weichen Beinen folgte Megan den beiden Kindern in den Klassenraum. Noch immer hämmerte ihr Puls wie verrückt, und sie hätte nicht sagen können, ob es am plötzlichen Auftauchen von Jamie und Sarah oder Davids Berührungen lag. Sie hätte sich selbst ohrfeigen können; nach all den Jahren hatte er noch ganz genau gewusst, wie er sie anfassen musste, um sie schwach zu machen, und nach all den Jahren reagierte sie immer noch so stark auf ihn, dass sie nichts Besseres zu tun hatte, als ihm um den Hals zu fallen.
Frustriert machte sie sich wieder an die Arbeit, und irgendwann war der Klassenraum fertig. Nach und nach strömten auch die ersten Besucher herein, und bald herrschte reger Trubel.
Obwohl Megan am liebsten nach Hause gegangen wäre, blieb ihr nichts anderes übrig, als Jamie zuliebe zu bleiben. Sie half eine Weile beim Kuchenverkauf, dann wollte Jamie mit ihr unbedingt einen Rundgang durch die Schule machen, und ohne lange zu überlegen stimmte sie zu. Bereits eine Sekunde später wünschte sie, sie hätte es nicht getan, denn natürlich wollte Jamie nicht ohne Sarah gehen, was zur Folge hatte, dass David sie ebenfalls begleitete.
Mit eisiger Miene stapfte sie neben ihm her, angestrengt darauf bedacht, ihm in dem Gedränge nicht zu nahe zu kommen.
David schien es gar nicht zu bemerken, vollkommen locker und entspannt kümmerte er sich um Jamie und Sarah, alberte mit ihnen herum, spielte mit ihnen diverse Spiele, die angeboten wurden, und kaufte jedem einen Becher Cola.
»Jamie darf normalerweise keine Cola trinken«, erklärte Megan bissig, und ihr Sohn rollte genervt mit den Augen.
»Jetzt komm schon Mom, ausnahmsweise.«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, stürmte er auf einen Stand zu, an dem Dosenwerfen angeboten wurde, und zog Sarah am Ärmel hinter sich her.
»Um die Wette«, forderte er sie auf, und mit Feuereifer stürzten die beiden sich in ihr Duell.
Mit verschränkten Armen stand Megan daneben und schaute zu, während David die beiden abwechselnd anfeuerte.
Schließlich gewann Jamie und bekam eine Tüte Gummibärchen, die er großmütig mit Sarah teilte.
»Das ist aber lieb, dass du deiner Schwester etwas abgibst«, sagte die ältere Frau, die den Stand betreute, freundlich.
»Das ist nicht meine Schwester«, erklärte Jamie selbstbewusst, »nur meine beste Freundin.«
»Oh, entschuldige«, lachte die Frau, »dabei seht ihr beiden euch so ähnlich.«
Megan stockte der Atem, sie bemerkte, wie David sekundenlang die Stirn runzelte und irritiert von Jamie zu Sarah schaute.
»Wir sollten wieder in eure Klasse zurückgehen, ihr wolltet uns doch noch eure Bastelarbeiten zeigen«, lenkte sie hastig ab, und drehte sich schnell um, bevor er sehen konnte, wie rot ihr Gesicht geworden war.
Sofort hüpften Jamie und Sarah freudig voraus, und erleichtert folgte Megan ihnen.
Nachdem sie sich die Bastelsachen der Kinder angesehen hatte, unterhielt sie sich noch einen Moment mit ein paar anderen Eltern. Dann beschloss sie, nach Hause zu gehen, bevor es noch zu irgendwelchen weiteren unangenehmen Zwischenfällen kommen würde, ihr Bedarf an Aufregung war für den heutigen Tag mehr als gedeckt.
»Och Mom, kann ich nicht noch ein bisschen bleiben?«, bettelte Jamie.
»Es wird bald dunkel, und ich möchte nicht, dass du alleine draußen herumläufst.«
»Ich bringe ihn nach Hause«, bot David an, und nach kurzem Zögern nickte sie.
»In Ordnung, aber bitte nicht so spät.« Sie wandte sich an Jamie. »Und du versprichst mir brav zu sein und keinen Unfug zu machen, für heute hatte ich genug Aufregung.«
Ein paar Tage später hatte Megan ihren ersten Auftrag fertiggestellt. Der Kunde war zufrieden, und zahlte ihr noch ein paar Dollar extra, doch es reichte bei weitem nicht aus, um alle Rechnungen zu bezahlen, und allmählich begann sie, sich ernsthafte Sorgen zu machen. Übermorgen hatte Jamie Geburtstag, sie hatte noch ein bisschen Geld
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