Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
glühende Lava in den Augenhöhlen. Ich gelange zum Gartentor und zögere sekundenlang. Allzugerne würde ich mich umdrehen, aber ich beherrsche mich.
Ich steige in meine Karre, die am Bordstein auf mich gewartet hat, und werfe den Motor an. Die Gangschaltung knirscht zum Davonlaufen, und schon rolle ich los und schlage als erstes einen Passanten in die Flucht, der sich voll Panik in die Büsche schmeißt.
Am Ende der Straße biege ich rechts ab, rolle durch eine Allee nobler Villen, spritze durch eine Nebenstraße und lande auf dem Boulevard. Die Leute haben sich vor der Bruthitze in die Tiefen der Cafés verkrochen. Abgesehen von ein paar Polizisten, die wie angegossen auf ihrem Posten ausharren, sind Cafeterrassen und Bürgersteige menschenleer.
Als ich an einer roten Ampel halte, taucht in meinem Rückspiegel ein Mercedes auf. Mit getönter Windschutzscheibe, die den Fahrer den Blicken entzieht. Die Ampel springt auf Grün. Der Mercedes bleibt mir dicht auf den Fersen, läßt mich nicht mehr aus. Auf der Autobahn werde ich allmählich unruhig. Der Mercedes will mich noch immer nicht überholen. Hinter der Abzweigung nach Kouba fühle ich mich dann definitiv ungemütlich. Ich ziehe meinen Revolver aus dem Gurt und lege ihn griffbereit auf den Beifahrersitz.
Ich gebe Gas, überhole eine ganze Reihe alter Kisten und ordne mich vor einem Laster rechts ein. Die Limousine sprintet durch, um mich einzuholen, überholt mich und verlangsamt dann. Der Typ auf dem Rücksitz zwinkert mir eigenartig zu. Plötzlich schwenkt er eine MP. Ich steige auf die Bremse. Meine Reifen quietschen im selben Moment, wie die Salve losgeht. Glassplitter schwirren um mich herum wie ein Fliegenschwarm ums Fleisch. Ich ducke mich. Der Laster hinter mir heult laut auf und wird gleich volle Pulle auf mich drauffahren. Bis ich mich wieder aufs Lenkrad besinne, ist die Straße aus meinem Blickfeld entschwunden, und ich muß feststellen, daß ich gerade Kurs auf ein riesiges Reklameschild nehme. Ich ziehe mit vollen Kräften nach Steuerbord, treibe ab, knalle gegen einen Lichtmast, drehe das Ruder wieder zurück, holpere und stolpere und pralle zuletzt mit der Kardanwelle gegen einen Kilometerstein. Der Laster verfehlt mich wundersamerweise und landet im Straßengraben.
Durch eine Staubwolke hindurch sehe ich, wie der Mercedes weiter vorne am Straßenrand hält. Seine Rücklichter leuchten auf. Er setzt zurück, voll auf mich zu. Mein Revolver hat sich verflüchtigt. Ich suche ihn fluchend unter den Sitzen, werde schließlich unter den Pedalen fündig. Ich kriege ihn am Kolben zu fassen, versuche aus dem Auto zu kommen. Die Fahrertür klemmt. Ich robbe über den Beifahrersitz und bin mit einem Hechtsprung im Freien.
Auf der Autobahn herrscht helles Chaos. Wildes Gehupe, dazu das Blechgeschepper der sich ineinander verkeilenden Wagen.
Der Mercedes hält dreißig Meter von mir entfernt. Der Typ mit der Mitraillette baut sich in der Landschaft auf und schickt mir eine lange Salve herüber. Mein Wagen geht unter dem Beschuß schwankend in die Knie und kommt schief auf seinen geplatzten Reifen zu liegen. Der Typ feuert noch immer nonstop auf die Stelle, an der er mich vermutet, eiskalt und völlig unbeteiligt. Er leert das ganze Magazin, setzt ein neues ein. Ein erster Funke blitzt unter der Motorhaube auf, breitet sich rasend schnell aus, eine Flamme züngelt unter dem Motor hervor. Ich stütze mich auf ein Knie und drücke dreimal ab. Eine Kugel trifft den Knilch an der Schulter, die Waffe fällt ihm aus der Hand. Ich richte mich auf und ziele, wie es sich gehört. Sein Schädel platzt auf wie ein matschiger Granatapfel. Er bricht zusammen und knallt in den Staub. Ein zweiter Typ eilt ihm zu Hilfe. Er feuert einen Schuß nach dem anderen auf mich ab und treibt mich immer weiter hinter die höher lodernde Flamme zurück. Ich feuere zurück, ohne ihn im mindesten zu beunruhigen. Er sammelt seinen Kumpel ein, schleppt ihn zum Mercedes und deckt seinen Rückzug durch Feuerstöße. Die Limousine schlittert über den Schotter und erreicht unter ohrenbetäubendem Gedröhn mit einem Satz den Asphalt.
Mittlerweile verschlingt das Feuer schon meine Autositze. Flammenfinger züngeln von den Türen hoch, umschmeicheln das Fahrgestell, strömen von allen Seiten auf den Tank zu. Ich renne schnell zu einem Erdhügel, um dahinter in Deckung zu gehen. Die Wucht der Explosion schleudert mich ins Gesträuch.
In der Ferne gellen die Sirenen der Einsatzkommandos.
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