Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
Vom Netzwerk:
weit mehr, um
    diese Stufen da zu überwinden.“
    Sie kichert. Ein Lüftchen spielt in den diversen
    Ausschnitten ihres Gewands. Madame Athmane
    hat doch tatsächlich ihr Höschen auf dem Nacht-
    tisch vergessen. Sie tänzelt weiterhin auf der Stelle, bis ich auf ihrer Höhe ankomme. Ihre durchschei-nende Hand greift nach der meinen, zieht mich zu
    sich heran. Ihr Parfüm steigt mir zu Kopf, und ich
    habe Mühe, ihn zwischen den Ohren zu behalten.
    Sie schleppt mich in ein luxuriöses Schlafgemach
    und schubst mich auf einen Diwan.
    „Ich habe mit angehört, was Sie und mein Mann
    geredet haben.“
    Sie geht vor einem Messingtablett in die Knie,
    schenkt mir eine Tasse Kaffee ein. Als sie sich
    umdreht, blüht ihre Korsage auf, und gleich wer-
    den die festen braungebrannten Brüste ihr über die
    Arme kullern.
    „Meinem Mann geht es nicht gut. Der Rollstuhl
    zermürbt ihn. Er war ja ständig unterwegs.“
    „Ich kenne ihn seit einer Ewigkeit.“
    „Mag sein, doch der Mann, der da unten herum-
    stolpert, ist nicht der, den Sie gekannt haben. Er
    leidet und denkt, er sei am Ende. Ich hoffe, es ist nicht zuviel verlangt, wenn ich Sie darum bitte, ihn nicht zu verstören. Er hat schon versucht, seinem
    Leben ein Ende zu setzen.“
    „Das tut mir leid. Das wußte ich nicht.“
    Sie kommt wieder hoch und läßt sich auf der
    Bettkante nieder. Ein erbsengroßer Schönheitsfleck
    prangt dekorativ auf ihrem rechten Oberschenkel.
    Es gelingt mir nicht, den Blick abzuwenden.
    146
    Der ihre wird weich.
    „Auch wir machen auf unsere Art die Hölle
    durch, Monsieur Llob. Der Luxus, der uns umgibt,
    schirmt uns nicht gegen die Unbill der Außenwelt
    ab. Wir leiden an der nationalen Tragödie ebenso
    wie die anderen. Es ist grausam, dem Martyrium
    des eigenen Landes beiwohnen zu müssen.“
    „Daran zweifle ich nicht, Madame. Es muß in der
    Tat hart sein, seinen Gartengrill auf verbrannter
    Erde anwerfen zu müssen.“
    Sie scheint unzufrieden. Ihre Hand macht sich
    auf die Suche nach einem Zipfel des Kleides, das
    sich sehr weit nach oben verirrt hat, und zieht es
    auf ihre Knie herunter.
    „Es scheint, daß Sie reiche Leute nicht leiden
    können, Monsieur Llob.“
    „Nicht alle … Danke für den Kaffee.“
    Sie umklammert mein Handgelenk, um mich am
    Aufstehen zu hindern.
    „Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen,
    Monsieur Llob. Mein Mann ist Geschäftsmann. Im
    Geschäftsleben gibt es nur ein einziges Mekka: die
    Börse. Und eine einzige Glaubensregel: Profit,
    Profit, immerzu Profit. Da unterdrückt man schon
    mal seine Skrupel. Man ist gezwungen, Schmier-
    gelder zu zahlen, seine Ellenbogen zu gebrauchen.
    Aber alles hat seine Grenzen. Und mein Mann
    weiß, wo die seinen sind. Er ist Patriot. Er hat die Interessen seines Landes immer über seine eigenen
    gestellt.“
    Mein höhnisches Lächeln entgeht ihr nicht. Jetzt
    verabscheut sie mich.
    „Was ich sagen will, Monsieur Llob: wir haben

    147
    unseren Betrieb nicht in Brand gesetzt, um die
    Versicherung zu kassieren. Man hat schlicht und
    ergreifend versucht, meinen Mann zu ermorden,
    wie man schon meinen eigenen Bruder, Professor
    Abad, hingerichtet hat. Weil wir uns weigern, bei
    den Intrigen derer mitzuspielen, die unserem Land
    Schaden zufügen wollen. Ich weiß nicht, worum es
    dabei genau geht. Mein Mann vertraut sich mir
    nicht an. Aber ich bin eine Frau, und ich habe Au-
    gen im Kopf!“
    Wie schön für sie!
    Ich stelle die Tasse ab und stehe auf. Sie unter-
    nimmt nichts mehr, um mich zurückzuhalten. Un-
    sere Augen tasten sich ab, befehden einander. Ich
    tupfe mir die Lippen mit einem Taschentuch tro-
    cken und bemerke impulsiv, im vollen Bewußtsein
    meiner Taktlosigkeit, für die ich keinerlei Recht-
    fertigung finde: „Sie sollten sich ein wenig bede-
    cken, Madame. Es gibt nichts Schlimmeres als eine
    Sommergrippe.“
    Ihre Gesichtszüge entgleisen. Ich fühle, wie ihr
    Haß mich durchbohrt.
    Sie steht nicht auf, um mich hinauszubegleiten,
    sondern bleibt auf dem Bett sitzen, so starr wie
    eine Königskobra. Wie sie da sitzt, das jagt mir
    eine Gänsehaut über den Rücken. Wenn ihr Be-
    nehmen auch nicht die Feindschaft rechtfertigt, die ich für Leute ihres Standes hege, so liefert es doch den Hauptgrund dafür, weshalb ich ihnen weder
    Vertrauen noch Sympathie entgegenbringe.

    Die kühle Frische, die das Blattwerk verströmt,
    vermag nicht die Glut des Blicks zu mildern, der
    148
    mir den Rücken versengt. Ich stelle mir Madame
    Athmane

Weitere Kostenlose Bücher