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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Ruhm läßt nur die Seele erbeben, welche sich seiner würdig erweist, sagt Gogol. Ich untersage mir strikt, auf Majakowskij zu hören. Wenn die Nacht in ihrem Fieberwahn, wenn die Goliaths mich so groß
    werden ließen, dann, auf daß ich nicht nutzlos sei
    … Hören Sie? Auf daß ich nicht nutzlos sei. Wie
    Ihresgleichen. Unsichtbare Schatten, die im Hin-
    tergrund hocken. Erbärmliche Verdauungstrakte,
    anmaßend und hohl …“
    „Sie sollten wirklich den Optiker wechseln,
    Monsieur Faïd.“
    Ich gebe Ewegh mit dem Kopf ein Zeichen, daß
    der gute Mann sich nach seiner Zwangsjacke sehnt.
    Schon rasselt der Targi mit den Handschellen.
    Dahmane Faïd ist geschockt. Der Anblick der
    Armbänder traumatisiert ihn zutiefst. Er starrt sie ungläubig an, betrachtet seine feuerroten Handgelenke und weigert sich, sich vorzustellen, daß sie je in rostigen, grotesken, demütigenden Eisenringen
    stecken könnten. Nach einem Augenblick, der so
    lang ist wie ein Erdbeben, realisiert er schließlich, was ihm widerfährt. Er schüttelt heftig den Kopf,
    überzeugt, daß ein Manitu seines Formats von die-
    ser Art Ritual verschont bleiben würde, daß er ge-
    gen die Wechselfälle des Lebens gefeit, daß er un-
    antastbar, unbestrafbar, tabu sei.
    164
    „Kommen Sie mir nicht zu nahe! Ich verbiete Ih-
    nen, mich mit diesem Unrat zu berühren! Ich bin
    Dahmane Faïd! Die Behörden fressen mir aus der
    Hand! Die höchsten Persönlichkeiten werfen sich
    mir zu Füßen! Ich fordere Sie auf, sich zurückzu-
    ziehen, Sie sind entlassen, überflüssig, abgeschafft
    …“
    Ich habe schon manch armen Teufel den Kopf
    verlieren sehen. Ich habe Leute gesehen, die Hallu-
    zinationen hatten und dem Wahnsinn verfielen. Ich
    habe mehr als einen Gott vom Sockel stürzen se-
    hen. Doch das Schauspiel, das Dahmane Faïd uns
    da bietet, läßt jeden Exzeß Lichtjahre hinter sich.
    Ich habe wahrhaftig dem ersten Akt der Apoka-
    lypse beigewohnt.

    18

    Der Diener empfängt mich untertänig, nimmt mir
    meine Zigarette ab und führt mich in einen herr-
    schaftlichen Salon. Es ist ein hagerer Greis mit
    schlohweißem Haar, aufrecht wie eine Fahnenstan-
    ge, mit schmalem Gesicht, scharfgeschnittenen
    Zügen und mittendrin einer Hakennase, die so
    schlaff wie eine Flagge auf Halbmast hängt. Mit
    seinem steifen Brustkasten und seinen Frackzipfeln
    erinnert er an einen ausgebleichten Flamingo, der
    mit der Kralle versehentlich einer Schlange ins
    Maul geraten ist und so tut, als wäre alles in bester Ordnung. Seine aufgesetzte Würde hilft ihm offen-165
    bar, sich der lästigen Domestikenpflicht mit philo-
    sophischer Gelassenheit zu entledigen.
    „Wenn Monsieur liebenswürdigerweise hier auf
    mich warten würden“, spult er im Ton eines defek-
    ten Grammophons herunter. „Ich werde Monsieur
    benachrichtigen, daß Monsieur ihm einen Besuch
    abstatten möchten.“
    Nach einer Minute ist er wieder zurück, noch
    immer so starr wie eine fixe Idee. Seine Schulter
    neigt sich ehrerbietig und seine weißbehandschuhte
    Hand weist mir den Weg.
    „Wenn Monsieur mir bitte folgen wollen.“
    „Das laß ich mir nicht zweimal sagen!“
    Wir durchqueren ein granatrotes Samtuniversum,
    in dem es vor Silbergeschirr nur so funkelt und
    blitzt. Ausgestopfte Raubtiere liegen zwischen
    bauchigen Diwanen und verschnörkelten Bronze-
    tischchen auf der Lauer. Eine echte Ritterrüstung
    hält in einem Alkoven Wacht, mit gezücktem
    Schwert und gesenktem Visier. Und sogar einen
    bengalischen Tiger gibt es, der sein Maul in lautlosem Gebrüll verrenkt und sein flaches Fell den
    Füßen darbietet, als käme er gerade unter einer
    Dampfwalze hervorgekrochen.
    Abderrahmane Kaak hat es sich in einem Schau-
    kelstuhl auf der Veranda bequem gemacht. Er
    wirkt wie eine Marionette, die ein berühmter
    Bauchredner achtlos hat liegen lassen. Eine Zigarre in der einen Hand, ein Glas Alkohol in der anderen, schaut er aufs Meer hinaus und läßt sich ein-
    lullen vom Knarren des Schaukelstuhls. Er dreht
    sich nicht um. Mit der Zigarre deutet er auf den
    Schaukelstuhl nebenan. Ich lasse mich nieder und
    166
    gebe acht, nicht mit allen vieren in der Luft zu landen, stütze einen Fuß an der Balustrade ab und
    lasse die Arme über die Lehnen baumeln.
    „Schöner Tag heute, Kommissar, finden Sie nicht
    auch?“
    „Für den, der es sich leisten kann.“
    „Das hier ist mein Lieblingsplatz. Wenn ich
    schlecht drauf bin, komme ich hierher, und das
    Mittelmeer übernimmt den Rest … Wie

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