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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Mentalität und Laune brachten uns letztlich, statt uns zu entzweien, einander nah, so nah, daß wir fast miteinander verschmolzen. Klar, ich war sein Chef, aber zuallererst war ich sein Kumpel, sein alter »Kommy«, mit allem, was dazugehört an Vertrautheit und Intimität, und mein schwieriger Charakter rührte ihn mehr, als daß er ihn störte.
    Es gibt Geschichten von Männern, die sind schlicht legendär. Die unsere ist von legendärer Schlichtheit. Es ist die Geschichte einer Freundschaft im Rohzustand, die so starrköpfig wie die Liebe ist, so solidarisch wie die Komplizenschaft; ein zartes Band, um einen kräftigen Schaft aus Solidarität geschlungen, das sich bei heftigem Gegenwind wie eine Standarte am Himmel entrollt. Ich schwör’s, man kommt über die schlimmsten Tiefschläge hinweg, sobald man sie über den Köpfen knattern hört.
    Wenn ich mich nächtens dabei ertappe, wie ich mein Hundeleben an mir vorbeiziehen lasse, in der heimtückischen Stille der Nacht, wenn ich so gar nichts finde, mit dem ich zufrieden sein könnte, wenn ich nicht anders kann, als mir das Ausmaß meiner Irrtümer und Fehler einzugestehen - ich, der ich stets Meister in der Kunst des Verkomplizierens war -, dann kann ich zu meiner Ehrenrettung weiter nichts als diese Freundschaft anführen, die mich vor dem Allerschlimmsten bewahrt.
    »Hast du eine Ahnung, wer deine Poltergeister sein könnten?«
    Ich verziehe den Mund. »Ahnungen habe ich jede Menge.«
    »Vielleicht waren es auch bloß Einbrecher …«
    »Bis zu den Zähnen bewaffnet?«
    »Das ist heute so Mode.«
    Ich schüttle den Kopf: »Das waren keine Diebe.«
    »Dann wollten sie dich also umlegen.«
    »Die wußten, daß ich nicht zu Hause war.«
    Er schiebt den Unterkiefer hin und her, das ist ihm alles zu hoch. »Was haben sie denn mitgehen lassen?«
    »Ein Manuskript, an dem ich gerade gesessen habe.«
    »Magog?«
    »Unter anderem. Außerdem mein Diensttagebuch und zwei Kladden mit Notizen, dazu Fotos von meiner Familie und ein paar Zeitungsrezensionen, die ich ausgeschnitten und gesammelt habe …«
    »Wie sieht’s mit Schmuck aus?«
    »Mina hatte ja schon alles mitgenommen.«
    »Kohle?«
    »Ja, meine Ersparnisse. Unwesentlich. Mehr, um uns auf eine falsche Fährte zu locken, als um einen Reibach zu machen. Hast du die obszönen Schmierereien an den Wänden gesehen?«
    »Ich habe den Fotografen angewiesen, Aufnahmen zu machen. Die Botschaft ist nicht signiert. Was meinst du, stammt das von einem Emir [So werden in Algerien die Anführer der Islamistengruppen genannt.]?«
    »Schon möglich. Ich störe, ich bringe die Kacke zum Dampfen. Das kann echt jeder gewesen sein: die Mafia, die Politiker, die Fundamentalisten, die Nutznießer der Revolution, die Tempelwächter mitsamt den Verfechtern der nationalen Identität, die meinen, das einzige Mittel, die arabische Sprache zu befördern, bestünde darin, alles kaputtzumachen, was Französisch spricht. Ich bin Schriftsteller, und als Schriftsteller, Lino, bist du fast jedermanns Feind.«
    Lino steht auf, durchmißt mit langen Schritten den Raum, die Stirn in tiefe Falten gelegt, schlägt mit der geballten Faust unablässig gegen die flache Hand.
    »Verflucht und zugenäht! In welchem Land leben wir eigentlich?«
    »Die Frage stellt sich nicht.«
    Da kommt ein Polizist und teilt uns mit, daß der beige Renault J-5 in Hafennähe aufgefunden worden ist. Unbemannt. Ich nicke ihm dankend zu. Er grüßt unbeholfen und zieht ab.
    »Ewegh [Stößt in »Doppelweiß« zu Llobs Team, Angehöriger des Volks der Tuareg] ist gar nicht da!« bemerke ich.
    »Der ist unten geblieben.«
    »Und wieso?«
    »Was weiß ich? Der ist aus Granit. In den schaut keiner rein. Wenn du meine Meinung wissen willst, die Art, wie sie dich verabschiedet haben, ist ihm übel aufgestoßen. Er redet zwar nicht drüber, aber seit er Wind von deiner Entlassung gekriegt hat, ist er irgendwie seltsam.«
     
    8
     
    Hadi Salem hat mich zu sich ins Büro bestellt. Ich bin nicht gerade an die Decke gesprungen. Er ist exakt von der Sorte, der man am frühen Morgen gerne aus dem Wege geht, wenn man noch was vom Tag haben will. Aber er kann sich rühmen, ein dicker Freund von Slimane Houbel aus der Delegation zu sein. Er hat sein Sultanat am Ende der Rue des Trois-Horloges installiert, im letzten Stockwerk eines finsteren Gebäudes ganz in der Nähe eines wimmelnden Souks. Da der Aufzug den Honoratioren vorbehalten ist, nehme ich ohne zu murren die hundertzehn Stufen

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