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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Meter weiter schon wieder vergessen.
    Lino ist gar nicht gut drauf.
    Wir kommen zu einem erleuchteten Teesalon in
    der Nähe vom Märtyrerdenkmal. Am Fuß des Hü-
    gels leuchtet Algier nach Kräften, um die Finster-
    nis daran zu hindern, sich definitiv in den Köpfen
    einzunisten.
    Wir suchen uns einen Ecktisch, von dem aus wir
    gleichzeitig den Raum und den Parkplatz mit unse-
    rem Auto im Blick haben. Ein adretter Kellner
    fragt nach unseren Wünschen. Lino bestellt drei-
    mal Orangensaft und drei Schoko-Croissants.
    „Wie wär’s, wenn du endlich Schluß machst mit
    deinem Theater?“ schlage ich entnervt vor.
    Lino zieht den Spaß in die Länge. Er haucht hin-
    gebungsvoll auf seine Brillengläser, reibt sie am
    Hemd sauber und schiebt sich das Gestell über die
    Augenbrauen.

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    „Mir geht’s nicht gut.“
    „Mir auch nicht.“
    Der Kellner kommt mit einem Tablett zurück und
    teilt Gebäck und Getränke aus, wobei er sich von
    der Statur des Targi sichtlich beeindruckt zeigt.
    Lino beruhigt ihn: „Der beißt nicht.“
    Der Kellner schüttelt den Kopf und zieht ab, oh-
    ne auf seinem Trinkgeld zu beharren.
    Lino verkündet im Tonfall tiefsten Abscheus:
    „Wir haben den Typen identifiziert, der dir nachge-
    stellt hat. Er hieß Farhat Nabilou.“
    „Und? Paßt dir sein Name nicht?“
    „Seine Akte paßt mir nicht. So nichtssagend wie
    eine offizielle Ansprache. Ich hatte gehofft, wir
    würden ein paar Einzelheiten erfahren, um über ihn
    an seine Hintermänner heranzukommen. Nichts.
    Farhat Nabilou, am 27. Februar 1965 in Algier
    geboren. Trödler in El Harrach. Keinerlei politi-
    sche Aktivitäten. Kein Strafmandat. Keinerlei Kon-
    takte. Der perfekte Einzelgänger. Hallo, wie geht’s und tschüß. Die Nachbarn wissen fast nichts über
    ihn. Hat seinen Laden täglich zur selben Zeit dicht gemacht und ist gleich danach ab nach Hause.“
    „Er war doch bewaffnet …“
    „Genau das ist der Punkt. Das Schießeisen hat
    einem Brigadier gehört, der vor zwei Jahren in Sidi Moussa ermordet wurde. Für die Kollegen vom
    Labor ist das sonnenklar. Und es ist genau die
    Waffe, mit der Anfang des Monats drei Einwohner
    von Rouiba umgelegt wurden.“
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    „Warum?“
    „Hatten keine Lust mehr, sich weiter erpressen zu
    lassen.“
    „Warst du in Rouiba?“
    „Mit Ewegh, gestern und noch heute früh. Wir
    sind von Tür zu Tür gelatscht, doch kein Mensch
    hat Nabilou auf dem Foto wiedererkannt.“
    „Und der Wagen?“
    „Wurde vor drei Wochen in Chief gestohlen. Gut
    getarnt, neu gespritzt, falsches Nummernschild,
    gefälschter Fahrzeugbrief, neue Reifen, aufgemotzt
    mit Radkappen und Stoßstange … Für einen unbe-
    scholtenen Bürger ein prima Job.“ Er verleibt sich
    das halbe Glas Saft und die Hälfte seines Schoko-
    Croissants ein und meint noch: „Der muß ganz
    frisch angeworben sein.“
    „Praktizierender Gläubiger?“
    „Man hat ihn nie in der Moschee gesehen. Aber
    das will heutzutage nichts mehr heißen. Der Krieg
    hat es mit sich gebracht, daß sie inzwischen jeden
    rekrutieren.“
    „War er verheiratet?“
    „Geschieden, kinderlos. Die Mutter tot, der Vater
    impotent. Die reinste Sackgasse.“
    Ich drehe nachdenklich das Glas in meinen Hän-
    den.
    Ewegh hat seines noch nicht angerührt. Er sitzt
    stocksteif da und überwacht, was sich draußen tut –
    eine Kobra, die auf Beute lauert.
    „Wer hat ihm bloß das Genick gebrochen?“ wer-

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    fe ich beiläufig ein. „So viel ich weiß, findet seit 1962 kein Jahrmarkt mehr statt. Aus welchem Zir-kus mag dieser Herkules entlaufen sein?“
    Ewegh zuckt mit keiner Wimper. Lino dagegen
    scheint das irgendwie unangenehm zu sein.
    „Ich bin gerade mal um die Wohnblocks herum.
    Das hat vielleicht fünf oder sieben Minuten gedau-
    ert. Und schon finde ich ihn zusammengesackt
    überm Lenkrad liegen. Kannst du mir das erklären,
    Leutnant?“
    „Der ist auch von einem beschattet worden, ist
    doch klar.“
    Mein Finger zeigt auf den Targi: „Das warst du!“
    „Sein Hals ist mir unter den Fingern weg-
    geknackst“, gibt Ewegh ohne Umstände zu, als
    handle es sich um ein dummes Malheur. „Ich woll-
    te ihn eigentlich nur aus dem Auto ziehen.“
    Lino seufzt, gibt sich geschlagen und erklärt:
    „Der Direx hatte Ewegh beauftragt, dich zu über-
    wachen. Nach der Geschichte mit den Poltergeis-
    tern in deiner Wohnung ging ein Anruf in der Zent-
    rale ein. Anonym. Der Typ ließ durchblicken, daß
    sie dich umlegen wollten. Vielleicht

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