Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
kein Führungszeugnis. Er wurde zu einer Zeit geboren, als es im Luberon noch kein digitales Meldesystem gab. Du findest vielleicht Unterlagen, wenn du in die Kirchen gehst.«
»Fremdenlegion, Söldner? Die legen sich da neue Namen zu.«
»Kann sein. Vielleicht ist er aber auch zurück nach Italien gegangen oder hat den Namen seiner Frau angenommen.«
Dann raunte Djamal: »Gaspard ist gestern fast im Dreieck gesprungen. Fast wie früher, als ihr noch …«
»Sag’s nicht.«
»Er hat den ganzen Tag telefoniert, und das mit diesem Pisst-mich-nicht-an-Gesicht, das er immer draufhat, wenn der Präfekt oder der Bürgermeister etwas von ihm wollen, was ihm gegen den Strich geht.«
»Ich muss weiter«, behauptete Zadira beklommen. Gaspard hat ihr tatsächlich geholfen? Hat er?
»Klar. Ich auch.«
Es war kurz vor zwölf Uhr und noch kein Anruf von Minotte. Dr. Hervé hatte also den Bericht zurückgehalten. Oder war Minotte schon damit beschäftigt, Schadensbegrenzung zu betreiben? Nun, sie würde gleich merken, ob Monsieur Alexandre ihr schon wieder einen Schritt voraus war oder ob sie ihn dieses Mal überraschen konnte.
Sie überquerte die Straße Richtung Rathaus. Dabei entdeckte sie Jules Parceval, der zusammen mit Jeffrey Spencer über den Markt schlenderte.
Warum hatte Jules nicht mehr ihre Nähe gesucht? Hatte sie ihn etwa doch mit ihren Fragen über sein gesellschaftliches Milieu beleidigt? Wie auch immer, seine Nichtbeachtung verletzte Zadira ein wenig.
Tant pis. Scheiß drauf.
Als sie das Rathaus betrat, umfasste sie fest den kleinen Stoffbeutel in ihrer linken Hosentasche. Sie spürte die Umrisse des Kreuzes und das Gris-gris ihres Vaters.
César Alexandre stand vor Brells Schreibtisch. Victorine saß auf Zadiras Stuhl, die beiden anderen Herren hatten sich vor der Pinnwand mit den Polizeimeldungen postiert und kommentierten die dortigen Aushänge.
»Guten Morgen!«, rief Zadira Matéo betont fröhlich. »Sergeant Brell«, wandte sie sich dann an den dicken Polizisten, »besorgen Sie uns beim Bürgermeister noch ein paar bequemere Stühle für die Herrschaften?«
Während der dicke Lucien aus dem Büro stiefelte, betrachtete Zadira César Alexandre freundlich. Sie konnte regelrecht sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und er sich wohl fragte, warum sie auf einmal so nett zu ihm war. Sie krönte seine Überlegungen mit einem: »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten, bevor wir mit der informatorischen Befragung beginnen?«
Wenig später kam Brell mit zwei gepolsterten Metallstühlen hereingeschnauft, die Zadira als jene aus dem Standesamt wiedererkannte. Er stellte sie vor Zadiras Sargholz-Schreibtisch.
»Madame«, sagte sie höflich zu Victorine und wies auf einen der Stühle. Mit einem Seufzer erhob sich Madame Hersant.
»Sie glauben nicht, wie erschüttert wir sind und wie viele Vorwürfe wir uns machen«, begann sie, während sie und Philippe sich setzten. »Sie können versichert sein, dass wir Ihnen über alles Auskunft geben werden, was der Wahrheitsfindung dient.«
»Das trifft sich gut«, sagte Zadira munter.
Sie nickte Brell zu, öffnete Julies Akte, vermerkte die Befragung als solche und sah die Erben dann strahlend an.
»Gut. Fangen wir doch einfach mit dem Diner an.«
Sie tat so, als studiere sie ihre Aufzeichnungen, und fragte dann im Ton einer Brötchenverkäuferin:
»Haben Sie Julie Roscoff das Kantharidin verabreicht, bevor oder nachdem Sie sie auf dem Stuhl der Wahrheit haben Platz nehmen lassen?«
In der darauffolgenden Stille hätte ein Hüsteln wie ein Donnern geklungen.
»Sie wissen schon«, fuhr sie verbindlich fort, »das Kantharidin in dem roten Bonbon, weiß gestreift, auch pilles galantes genannt. Das Viagra des achtzehnten Jahrhunderts, mit dem schon ihr lieber Freund Donatien herumgespielt hat.«
Zadira merkte an der leicht körperlichen Unruhe der vier, dass sie den ersten Treffer gelandet hatte.
»Madame Hersant, möchten Sie vielleicht etwas sagen, das der Wahrheitsfindung dient?«, fragte sie ruhig. Zadira wandte sich der schönen blonden Frau zu, die die Ermittlerin kühl, aber nicht unfreundlich musterte.
»Das geschah mit Julies Einverständnis.«
»Wie schade, dass Julie das nicht mehr bestätigen kann«, erwiderte Zadira.
»Verzeihen Sie, Lieutenant«, mischte sich nun Philippe Amaury mit einem väterlich-beschwichtigenden Ton ein, »aber wir hatten den Eindruck, dass der Mörder von Julie bereits gefasst sei und wir nicht als Verdächtige
Weitere Kostenlose Bücher