Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Bewährungsstrafen ausgehen. Aber einmal unter uns gesprochen: Es wirkt schon seltsam, dass Sie zwar erklären, helfen zu wollen, sich aber nicht wirklich kooperativ zeigen. Da frage ich mich schon ein bisschen, ob Sie nicht doch etwas zu verbergen haben.«
Sie lächelte verbindlich.
Alexis Lagadère schnaubte unwillig. »Sie wollen uns erpressen, Ihnen Zugang zu unseren Hotelzimmern zu gewähren!«
»Erpressen? Aber nein! Meinen Sie, ich sollte doch lieber den Untersuchungsrichter informieren und diesmal eine offizielle Akte anlegen?«
Es war das Wörtchen »diesmal«, das Lagadère einen Augenblick sprachlos machte. Und das reichte, damit Victorine eine Entscheidung für sie alle fällte.
»Mon cher«, ließ sich Hersant vernehmen, »ich bin sicher, dass Madame Lieutenant nur ihre Pflicht tut und uns hier eine sehr faire Chance aufzeigt.« Dann wandte sie sich an Zadira. »Selbstverständlich sind wir einverstanden.«
»Brell, haben Sie das gehört?«
Der Sergeant nickte. Er zückte vier vorbereitete Formulare.
»Wenn Sie hier just unterschreiben würden, dass Sie vor mir als gerichtsfähigem Zeugen einer Durchsuchung auch ohne richterlichen Beschluss zustimmen?«
Zadira hatte bereits ihr Handy in der Hand. Sie wählte die Nummer, gleich nachdem Alexis Lagadère als Letzter unterschrieben hatte.
»Beaufort«, sagte sie lächelnd, als der Kriminaltechniker sich mit einem knappen »Oui« gemeldet hatte, »Sie können jetzt mit der Sichtung der Suiten anfangen. Wir haben die offizielle Erlaubnis aller vier Herrschaften. Und geben Sie bitte auch Staatsanwältin Lafrage Bescheid, dass wir auf dem Weg ins Château sind.«
Zu ihrer größten Zufriedenheit zeichnete sich in César Alexandres Gesicht wütende Ungläubigkeit darüber ab, dass es Zadira tatsächlich gelungen war, sie alle hereinzulegen.
Wie hatte Natalie es ausgedrückt? »Sie hassen es, die Kontrolle zu verlieren. Das ist ihre einzige Schwäche.«
Richter Alexis Lagadère telefonierte. Philippe Amaury tippte auf seinem iPhone herum. César Alexandre schlug seine schwarzen Golfhandschuhe immer wieder in die geöffnete Hand. Victorine stand mit glühenden Augen neben einer Kriminaltechnikerin, die sich gerade ihre Garderobe vornahm. Beauforts Team wurde von erfahrenen Polizisten begleitet, die als Zeugen bürgten, dass keiner der Durchsuchungsbeamten etwas zerstörte, an sich nahm oder gar hinlegte.
Staatsanwältin Lafrage stand draußen auf der Terrasse und las mit gerunzelter Stirn den mehrseitigen Vertrag durch, den die Erben mit Julie geschlossen hatten. André Ugo hatte Zadira bei ihrer Ankunft mit versteinerter Miene erwartet. Für das Hotel war die Polizeiaktion nicht gerade sehr werbewirksam.
Mit einem Mal fielen Zadira die beiden Katzen auf, die im Gebüsch saßen und das Geschehen aufmerksam beobachteten. Merkwürdig, dachte sie, das sind doch die Siam und ihr dicker Freund, die ich gestern bei der Kirche gesehen habe?
Grüßt mir Commissaire Mazan, wenn ihr ihn seht, hätte sie beinah gesagt. Da trat Beaufort zu ihr.
»Wo ist eigentlich Commissaire Minotte?«, fragte er Zadira.
»Minotte? Ach, ich habe völlig vergessen, ihm Bescheid zu geben«, log Zadira unschuldig. »Mein Fehler.«
Sie fing Major Beauforts skeptischen Blick auf.
»Also, meine Frau sagt, wer etwas vergisst, will es sich nur nicht merken«, sagte er mit einem wissenden Lächeln unter dem zuckenden Schnauzbart.
Major Beauforts Frau weiß wahrscheinlich zu so ziemlich allem etwas, dachte Zadira.
»Also, jetzt reicht’s aber! Meine Waschutensilien gehen Sie überhaupt nichts an! Frau Staatsanwältin, ich werde mich beim Präfekten über Sie beschweren!«
Victorine Hersants Vorwürfe schienen Sophia Lafrage nicht im mindesten zu interessieren. Sie antwortete nur nebenbei:
»Ach ja?«
Dann schaute sie nachdenklich von dem Vertrag auf und murmelte, nur für Zadira und Beaufort hörbar: »Ich habe mich schon als Studentin gefragt, wie ein Geschäft mit der Hoffnung wohl aussehen mag. Jetzt weiß ich es.«
Sie reichte Zadira den Vertrag, den Beaufort mit einer Klarsichthülle geschützt hatte.
»Da drin lassen sich zwar jede Menge verfassungswidrige Zweideutigkeiten und Verstöße gegen die Menschenrechte finden, aber formaljuristisch ist das ein gültiger, einvernehmlich geschlossener Vertrag zwischen mehreren Privatpersonen. Folglich gilt das Recht auf Privatheit und Intimsphäre, wonach es niemanden etwas angeht, welchen Neigungen man frönt. Da können wir
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