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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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Prozedur.
    »Atos, bei Fuß!«, rief Jules. Erst im Näherkommen erkannte er, dass dort eine Katze saß. Jules beschleunigte seine Schritte. Die wenigsten Katzen verstanden auf Anhieb, was Atos von ihnen wollte. Und der hatte keine Ahnung, wie bedrohlich er mit seinem Getue auf die kleineren Tiere wirkte. Doch diese Katze machte keine Anstalten wegzulaufen. Entweder war sie vor Schreck erstarrt.
    Oder saucool.
    Jules hoffte Letzteres. Doch als er sich den beiden näherte, erkannte er, dass es noch eine dritte Möglichkeit gab.
    »Atos! Hierher! Sofort!« Der Hund erkannte am Klang von Jules’ Stimme, dass er diesem Befehl besser gehorchen sollte. Widerstrebend und mit verwirrtem Blick, weil er nicht wusste, was er angestellt hatte, kam Atos zu seinem Herrchen und setzte sich vor ihn hin.
    Jules sah den Riss im Ohr des Katers und das getrocknete Blut. Die Schramme auf dem Rücken glänzte frischer. Und an der unnatürlichen Haltung des rechten Hinterlaufes erkannte sein geschulter Blick, dass auch damit etwas nicht stimmte.
    »Na, Kleiner, dich hat es aber böse erwischt«, sagte er leise und ging in die Hocke. Jules konnte mit jeder Art von Tieren umgehen, doch dies hier war eine halb verwilderte, verletzte Katze. Er durfte sich nicht zu schnell bewegen.
    »Wir haben uns doch schon einmal gesehen, nicht wahr?«, sprach er weiter. Oft war es der sanfte Klang seiner Stimme, der bei den Tieren Vertrauen schaffte. Das war ihm irgendwann klargeworden. Kurz bevor er lernte, dass das auch bei Frauen funktionierte.
    »Du bist doch bei dem Haus mit dem verschlossenen Gartentor unter dem Spalt durchgekommen«, redete er weiter und bewegte sich dabei Zentimeter um Zentimeter auf den verletzten Kater zu. »Atos hat dich erschreckt, nicht wahr. Aber er ist nur ein großer Dummkopf, der dich nie angreifen würde.«
    Vorsichtig begann Jules, seine Hand auszustrecken. Der Kater zuckte sofort zurück, versuchte, auf die Beine zu kommen. Aber dann knickte er wieder ein.
    »Ruuuhig, mein Kleiner«, sprach Jules ihm gut zu, »ganz ruhig. Ich will dir helfen, hab keine Angst.«
    Er hatte ihn fast erreicht. Der zerzauste Kater wich so weit zurück, wie es ihm möglich war. Jules war klar, dass er gleich ein paar Schrammen abbekommen würde. Aber das war ihm egal. Was ihm nicht egal war, war das verletzte Tier. Kein Tier war ihm egal.
    »Fassen Sie ihn nicht an!«
    Jules erstarrte.
    Diese Stimme!
    Vorsichtig wandte er den Kopf nach hinten.
    Heilige Scheiße! Die Amazone.
    Sie kam über den Kirchplatz auf ihn zu wie ein Revolverheld in einem Western, lässig, aber entschlossen. Auch wenn ihr Outfit diesem Bild nicht ganz entsprach. Sportschuhe, Cargohosen, ein offenes, leicht zerknittertes weißes Herrenhemd mit hochgerollten Ärmeln über einem grauen T-Shirt. Sie trug keinen BH, unter ihren Brüsten hatten sich dunkle Flecken gebildet.
    Atos jaulte sie sehnsüchtig an.
    »Bleib, Atos!«, sagte Jules leise und bestimmt. Der Hund gehorchte.
    »Wollen Sie mich doch erschießen?«, versuchte er es mit einem Scherz. Doch sie beachtete ihn nicht, sah nur noch den Kater.
    »Lassen Sie die blöden Witze«, sagte sie, als sie neben ihm stand. »Und fassen Sie Commissaire Mazan nicht an, er mag keine Menschenhände.«
    »Commissaire Mazan?«
    Was redete sie da bloß?
    Die Verrückte ging neben ihm in die Knie und streifte dabei ihr Hemd ab. Jules sah die Pistole, die in einem gesicherten Futteral an ihrem Gürtel steckte, daneben Handschellen. In seinem Kopf klickten ein paar Informationen zusammen: Pistole, die Wohnung neben seiner, Polizistin. Anscheinend doch keine Verrückte. Sondern der Sheriff von Mazan. Den er beim Nacktbaden und Kiffen erwischt hatte.
    Na, herzlichen Glückwunsch, Jules.
    Umso erstaunter war er, als dieses knallharte Weibsstück mit erstickter Stimme flüsterte: »Sag mir, wer dir das angetan hat, mon Commissaire, und ich leg ihn um.«
    Dann breitete sie mit vorsichtigen Bewegungen das Hemd vor dem Kater auf dem Boden aus. Ganz weich war ihre Stimme, als sie ihn nun aufforderte: »Na komm, mon Commissaire, hier kannst du nicht bleiben. Wir müssen dich zu einem Tierarzt bringen. Dann wird alles wieder gut.«
    Zu Jules Erstaunen beugte der Kater den Kopf vor, so als lauschte er der Stimme. So als verstünde er, was sie sagte.
    Noch mehr aber wunderte er sich, als der Kater sich nun mit kleinen mühsamen Bewegungen vorwärtsrobbte, bis er auf dem Hemd zu liegen kam. Er hob nur kurz den Kopf, als Atos, der er es vor Neugier

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