Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
beide Arme erhoben, und stieß einen hohen, quiekenden Laut aus.
»Scheiße!«, zischte Zadira, sprang vor, packte Dédé, drehte ihm den Arm mit der Scherbe auf den Rücken und beugte ihn hart über einen Edelstahltisch. Mit den Füßen trat sie ihm die Beine auseinander. Er schrie auf. Sie ruckte einmal heftig an seinem Arm, woraufhin Dédé die Scherbe mit von Schmerz durchdrungenem Wutgeheul fallen ließ.
»Nein! Nicht! Ich mach ihn fertig! Loslassen, ich …«
»Schhhht«, raunte Zadira beruhigend, »mach dich doch nicht wegen so einem unglücklich, Dédé.«
Tränen strömten über seine Wangen. Auf einer davon entdeckte Zadira jetzt erst die Kratzspuren. Wie von vier scharfen Fingernägeln gezogen.
»Kleiner, von wem hast du denn die Kratzer?«
Dédés Tränen tropften auf den blanken Edelstahl.
»Julie!«, wimmerte Dédé. »Von Julie.«
Immer noch hielt Zadira ihn fest im Polizeigriff. Als sie spürte, dass seine Körperspannung nachließ und er immer bitterlicher weinte, ließ sie ihn los.
Während Frédéric Dédé verarztete, musterte Zadira den immer noch blass an die Wand gedrückten Gustave.
»Der Typ hat sie gekillt, das schwör ich«, stieß der Oberkellner hervor.
»Ach, hat er?«, erwiderte sie ruhig. »Und wie wär’s mit Ihnen?«
20
C ommissaire Mazan fühlte sich beschmutzt. Viel mehr als zu der Zeit, da er noch durch die Wildnis gestreift war. Nachdem Vic ihn endlich aus dem Zimmer gelassen hatte, war er mit hochgerecktem Schwanz in den Garten gerannt und hatte sich im Gras gewälzt und gerieben, um den penetranten Geruch ihres Parfüms loszuwerden. Und den Geruch ihrer schwarzen Bitternis. Doch es war noch viel mehr, was an ihm haftete und das durch Wälzen nicht abzustreifen war.
So war er im Dickicht auf die Mauer gesprungen, genau dort, wo Rocky ihn in den Garten des Châteaus geführt hatte. Geschützt vor fremden Blicken, konnte er von diesem Platz aus die Umgebung gut überschauen und begann, sich erst einmal ausgiebig zu putzen. Wie immer beruhigte ihn diese Tätigkeit und klärte seine Gedanken.
Selten hatte er so viel Gemeinheit in einem Raum versammelt gesehen. Jeder der drei Männer strahlte auf seine Weise eine kaum beherrschte Brutalität aus. César hätte ihn ohne Umstände kalt lächelnd mit einer Hand erwürgt, wenn es nötig gewesen wäre. Dem knochigen Mann mit dem Namen Alexis traute er zu, dass er ihn im Wutrausch mit einem Knüppel zu Tode prügelte. Und was dieser so sanft aussehende Dicke mit ihm angestellt hätte, mochte er sich gar nicht erst vorstellen.
Commissaire Mazan spähte durch die herabhängenden Zweige zum Château hinüber. Jetzt spürte er in diesen Mauern eine Grausamkeit, die er vorher nicht wahrgenommen hatte. Das Château schien von den gleichen unheilvollen Kräften erfüllt wie das Haus, in dessen Garten die junge Frau ihr Ende gefunden hatte.
Er begann sich zu fragen, warum die ganze träge Katzenbande dieser Stadt nichts von all dem mitbekommen hatte, was er in nur wenigen Stunden herausgefunden hatte. Oder wussten sie mehr, als sie zugaben, und verschlossen in typischer Katzenmanier die Augen vor den unangenehmen Dingen dieser Welt? Die meisten seiner Artgenossen begnügten sich damit, die Menschen mit ihrem Geschnurre und Geschmuse auszunutzen und ansonsten bräsig den Tag verstreichen zu lassen. Es war an der Zeit, diesen Haufen mal ein wenig aufzumischen!
»Verdammt, Mazan, wo hast du denn gesteckt?«, rief Louise ihm schon von weitem zu, als sie in vollem Tempo um die Ecke gerast kam. »Ich habe dich schon überall gesucht.«
»Das trifft sich gut«, antwortete er, »kannst du mir …«
»Keine Zeit für Fragen. Komm sofort mit!« Louise machte auf der Stelle kehrt und lief in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war. »Schnell! Ich erkläre es dir unterwegs.«
Sie sprach in abgehackten Sätzen. Von einem geifernden, monströsen Untier, das Jagd auf Katzen machte! Riesengroß, mit feurigen Augen voller Wahnsinn, schnell wie der Donner, so dass die Erde erbebte unter seinem mörderischen Galopp. Und gerade auf Tin-Tin, den kleinen Tin-Tin hatte der Höllenhund es abgesehen.
Höllenhund?
Sie kämpften alle gemeinsam, um das gierige Ungeheuer von der kleinen Katze abzulenken, behauptete Louise. Sogar Oscar.
»Moment mal«, hakte Mazan nach, als sie, heftig atmend, innehielten, um die Spur der wilden Verfolgungsjagd aufzunehmen. »Dieser gierige, furchtbare, teuflische Höllenhund, hat der zufällig ein braun-weiß
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