Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Innenministeriums handeln könnte.«
»Des Innenministeriums? Aha.«
Er lehnte sich im Stuhl zurück, runzelte die Stirn und drehte dabei einen Bleistift zwischen den Fingern. »So eine private Gesellschaft ist ja auch ein beliebtes Steuersparmodell«, begann er. »Irgendwelche vermögenden Leute machen eine Einlage, kaufen ein Grundstück, niemand fühlt sich verantwortlich, es wird untervermietet …«
»Nach Aussagen der Nachbarn steht es meist leer. Aber an dem Abend fand dort anscheinend eine private Feier statt. Und die …«
Zadira hielt inne. Aus irgendeinem Grund widerstrebte es ihr, Minotte in vollem Umfang ihre Erkenntnisse preiszugeben. Zumindest den spekulativen Teil über die kontrolliert brutale SM-Party und die Frage, ob dabei etwas schiefgegangen war, was zu dem Gewaltexzess geführt haben könnte. Oder ob sich dort eine Gruppe reicher Typen geplant ein Mädchen zum Spielen und Töten gegönnt hatte.
Und in diesem Moment wurde ihr klar, dass sie ihrem jetzigen Vorgesetzten die gleichen Vorbehalte entgegenbrachte, die sie schon ihren Posten in Marseille gekostet hatten. Sie traute Polizisten einfach nicht mehr.
Verdammt, Matéo, wirst du denn niemals klug?
Minotte schien nicht aufzufallen, dass sie ihm nicht alles anvertraute, sondern hielt ihr Gespräch für beendet. Er schaute auf die Uhr. Eine Patek Philippe. Riesengroß.
»Schön. Halten Sie mich über alles, was Sie tun oder herausfinden, auf dem Laufenden. Über alles, ja?«
Commissaire Minotte stand auf, das Zeichen für sie zu gehen.
Wirklich, ein nettes Büro, dachte sie. Aber zu klein für das Ego eines Stéphane Minotte.
22
A ls Zadira den blonden Mann in dem weißen, kurzärmeligen Hemd und den Bermudas erblickte, war ihr erster Impuls, an ihm ihren Ärger abzureagieren. Aber das wäre nicht fair gewesen. Jules Parceval war nicht Minotte.
»Hey, Doktor«, begrüßte sie ihn, als sie mit zwei Einkaufstaschen in den Händen auf die Porte de Mormoiron zuschritt. »Scharfe Hosen. Was ist, gehen wir was trinken?«
»Geht leider nicht, Lieutenant«, erwiderte Jules Parceval mit kummervollem, gehetztem Gesichtsausdruck. »Atos, der dumme Kerl, ist abgehauen. Ich muss ihn suchen.«
»Wo wurde er denn zuletzt gesehen?«, fragte Zadira.
Jules wies auf die große Ringstraße, auf der reichlich Pendler und Touristen unterwegs waren. »Da«, sagte er unglücklich.
»Einige Gäste des Lou Càrri haben gesehen, wie Atos heute Nachmittag wie von Sinnen auf die Straße und zwischen die Autos gelaufen ist. Aber dann ist er auf einmal verschwunden. Ich befürchte, dass er verletzt ist und nun in irgendeiner Ecke liegt und stirbt, wenn ich ihn nicht rechtzeitig finde.«
»Okay, Doktor«, schlug Zadira vor, »folgender Vorschlag: Ich bringe meine Einkäufe schnell in die Wohnung, dann helfe ich Ihnen suchen. Und wenn wir ihn gefunden haben, geben Sie mir einen Drink aus.«
»Wenn Sie mir helfen, Atos zu finden, gebe ich Ihnen mehr als nur einen Drink aus.«
»Sie wissen, wie man mit Bullen reden muss«, grinste sie und stieg rasch die Rue des Ortolans empor, um ihre Taschen loszuwerden.
Ihre Wohnungstür fand Zadira halb offen. Das hieß wohl, dass ihr kleiner, schwarzer Freund sich aus dem Staub gemacht hatte. Sie seufzte leise, als sie mit der Schulter die Tür ganz aufstieß. Aber noch ehe sie ihre Taschen abstellen konnte, blieb sie abrupt stehen.
»Das glaube ich jetzt nicht«, raunte sie.
Zwei Minuten später war sie wieder unten an der Hauptstraße.
»Hey, Doktor«, rief sie Jules Parceval zu, der unruhig auf und ab lief, »Ihr Hund ist doch braun-weiß gefleckt, oder?«
»Ja, warum?«, fragte er.
»Herzlichen Glückwunsch, jetzt haben Sie einen braun-weiß-azurblau gefleckten Hund.«
»Wie hat er das nur wieder geschafft?«, fragte Jules ein wenig später, als er neben Zadira in deren sparsamst möbliertem Wohnzimmer stand. Atos lag auf der flauschigen Katzendecke, hechelte ihnen freudig entgegen und ließ seine Rute über den Boden fegen. Überall auf seinem kräftigen Körper waren blaue Farbspritzer. Gleich neben seinem Bauch und leicht an die einzige farbfreie Fellstelle gelehnt, saß Commissaire Mazan. Der große Vorstehhund und der schlanke schwarze Kater sahen aus, als wären sie schon immer die allerbesten Freunde gewesen.
»Ich schulde Ihnen einen Drink«, wandte sich Jules an Zadira.
»Na ja«, gab sie verlegen zurück. »Ich war nicht wirklich gefordert.«
»Ich habe drüben eine Flasche Wein, wie wäre es
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