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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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hat dir dein Brigadiere erzählt?«
    »Nichts Wichtiges, glaub' mir.«
    »Warum schaust du dann so finster?«
    Das bestärkte Montalbano in der Überzeugung, daß es auf der ganzen Welt nur einen Menschen gab, dem er die Geschichte von A bis z anvertrauen konnte, und das war Livia. Dem Polizeipräsidenten hatte er nur die halbe Wahrheit erzählt, und auch die nur ausschnittweise. Er setzte sich im Bett auf und klopfte sich das Kissen zurecht. »Also, hör mir zu.«
    Er erzählte ihr alles, von der Mànnara, vom Ingenieur Luparello, von der Zuneigung, die sein Neffe Giorgio für ihn hegte und die sich an einem gewissen Punkt in Liebe verwandelt hatte, ja, in Leidenschaft. Er sprach vom letzten Stelldichein im Liebesnest am Capo Massaria, von Luparellos Tod, von Giorgio, der aus lauter Angst vor einem Skandal durchgedreht war, nicht seinetwegen, sondern weil der Ruf seines Onkels auf dem Spiel stand. Er beschrieb, wie der junge Mann Luparellos Leiche so gut wie möglich wieder angekleidet und ins Auto gezerrt hatte, um sie fortzuschaffen, damit sie an einem anderen Ort gefunden werden konnte. Er schilderte ihr Giorgios Verzweiflung, als ihm klar wurde, daß sein Versuch, die Wahrheit zu vertuschen, scheitern mußte, daß früher oder später jemand dahinterkommen würde, daß er einen Toten transportierte. Er sprach von Giorgios Idee, dem Onkel die Halskrause anzulegen, die er bis zum Vortag noch selber getragen hatte. Er erzählte ihr von Giorgios Versuch, die Halskrause mit einem schwarzen Tuch zu verbergen, und daß er plötzlich einen seiner epileptischen Anfälle fürchtete, unter denen er gelegentlich litt. Schließlich hatte der Neffe Rizzo angerufen. Montalbano erklärte Livia, wer der Advokat war und wie dieser sogleich begriffen hatte, daß der Tod des Ingenieurs, entsprechend arrangiert, sein Glück bedeuten konnte. Er erzählte von Ingrid, ihrem Mann Giacomo, von Dottor Cardamone und von der Vergewaltigung, er fand kein besseres Wort für das Vergehen an der Schwiegertochter (»Wie widerlich«, kommentierte Livia), und erklärte, wie Rizzo diesem Verhältnis auf die Spur gekommen war; wie er versucht hatte, Ingrid als die Schuldige erscheinen zu lassen, womit er bei Cardamone Erfolg hatte, nicht aber bei ihm, Montalbano. Er beschrieb Marilyn und seinen Komplizen, die unglaubliche Autofahrt, das grauenvolle Schauspiel im Auto an der Mànnara. (»Entschuldige bitte, ich muß etwas Starkes trinken.«) Und als er zurückkam, schilderte er ihr noch all die anderen schändlichen Einzelheiten, von der Halskette, der Tasche, den Kleidern bis zu Giorgios quälender Verzweiflung, als er die Fotos sah und Rizzos doppelten Betrug begriff, mit dem dieser das Andenken Luparellos und ihn selbst schändete, ihn, der den guten Ruf des Onkels um jeden Preis wahren wollte. »Warte mal einen Augenblick«, sagte Livia, »ist diese Ingrid schön?«
    »Bildschön. Und auch wenn mir völlig klar ist, was du jetzt denken wirst, so sage ich dir noch etwas: Ich habe alle falschen Beweise zu ihren Lasten vernichtet.«
    »Das ist gar nicht deine Art«, bemerkte Livia. »Es kommt noch schlimmer, hör zu. Rizzo, der Cardamone in der Hand hat, erreicht sein politisches Ziel, aber er begeht einen Fehler. Er unterschätzt Giorgios Reaktion. Dieser Giorgio ist ein junger Mann von umwerfender Schönheit!«
    »Ach, jetzt hör aber auf! Der etwa auch noch?« versuchte Livia zu scherzen.
    »Doch er hat einen äußerst labilen Charakter«, fuhr der Commissario unbeirrt fort. »Auf dem Höhepunkt seiner Erregung rast er völlig verstört ans Capo Massaria, nimmt Luparellos Pistole an sich, trifft sich mit Rizzo, schlägt ihn zusammen und schießt ihm in den Nacken.«
    »Hast du ihn verhaftet?«
    »Nein, ich habe dir ja gesagt, daß es noch schlimmer kommen würde, daß ich nicht nur Beweismaterial vernichtet habe. Weißt du, meine Kollegen in Montelusa glauben, und so aus der Luft gegriffen ist das nun auch wieder nicht, daß Rizzo von der Mafia umgebracht wurde. Und ich habe ihnen das, was ich für die Wahrheit halte, verschwiegen.«
    »Aber warum?«
    Montalbano gab keine Antwort. Er breitete nur achselzuckend die Arme aus. Livia ging ins Bad. Der Commissario hörte, wie Wasser sprudelnd in die Wanne lief. Als er sie später um die Erlaubnis bat, hereinzukommen, saß sie immer noch in der gefüllten Wanne, das Kinn auf die angezogenen Knie gestützt. »Wußtest du, daß in dem Haus eine Pistole lag?«
    »Ja.«
    »Und du hast sie dort liegen

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