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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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sich also entweder selbst getötet oder war ermordet worden. Aber wenn er sich das Leben genommen hatte, wo war dann die Waffe? Am Körper der Frau dagegen keine Spur eines gewaltsamen, eines unnatürlichen Todes. Er dachte fieberhaft nach. Die beiden waren nackt, und in der Grotte waren keine Kleider zu sehen. Was hatte das zu bedeuten? Da ging, ohne vorher schwächer zu werden oder zu flackern, plötzlich das Licht der Taschenlampe aus, die Batterie war leer. Einen Augenblick lang war Montalbano blind und ohne Orientierung. Um keinen Schaden anzurichten, hockte er sich in den Sand und wartete, bis sich seine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten, es würde bestimmt nicht lange dauern, bis er den matten Schimmer am Ausgang des Durchschlupfs würde sehen können. Doch diese wenigen Sekunden vollkommener Dunkelheit und Stille genügten ihm, einen ungewöhnlichen Geruch wahrzunehmen, den er – da war er sich ganz sicher – schon einmal gerochen hatte. Er versuchte sich zu erinnern, wo das gewesen sein könnte, auch wenn es vielleicht nicht von Bedeutung war. Von klein auf hatte er jedem Geruch, der ihm auffiel, immer eine bestimmte Farbe zugeordnet, und der hier war dunkelgrün. Bei dieser Assoziation erinnerte er sich, wo er ihn zum erstenmal wahrgenommen hatte: Es war bei Kairo gewesen, in der Cheops-Pyramide, in einem für Besucher nicht zugänglichen Korridor – ein ägyptischer Freund hatte ihm den Gefallen getan, ihn hindurchzuführen. Mit einemmal kam Montalbano sich so grob vor, so nichtsnutzig, ohne jede Ehrfurcht. An dem Vormittag, als er das Pärchen beim Liebemachen überrascht hatte, hatte er das Leben entweiht; jetzt, bei den beiden Leichnamen, die für alle Zeiten unbeachtet in ihrer Umarmung hätten bleiben sollen, den Tod.
    Vielleicht lag es an diesem Schuldgefühl, daß er sich nicht an den Untersuchungen beteiligen wollte, die Jacomuzzi mit seinen Leuten vom Erkennungsdienst und der Gerichtsarzt Dottor Pasquano sofort einleiteten. Montalbano saß auf dem Felsblock, der der Waffenhöhle als Tür gedient hatte, und hatte schon fünf Zigaretten geraucht, als Pasquano, der sehr nervös war, nach ihm rief.
    »Wo bleibt denn der Giudice?«
    »Das fragen Sie mich?«
    »Wenn er nicht bald kommt, geht hier alles vor die Hunde. Ich muß die Leichen nach Montelusa bringen und kühl lagern. Man kann ja praktisch zuschauen, wie sie zerfallen. Was soll ich denn jetzt machen?«
    »Rauchen Sie eine Zigarette mit mir«, versuchte Montalbano ihn zu beruhigen.
    Giudice Lo Bianco traf eine Viertelstunde später ein, als der Commissario bereits weitere zwei Zigaretten geraucht hatte.
    Lo Bianco warf einen flüchtigen Blick auf die Toten; in Anbetracht der Tatsache, daß sie nicht aus der Zeit von König Martin dem Jüngeren stammten, sagte er nur kurz angebunden zum Gerichtsarzt: »Machen Sie damit, was Sie wollen, das ist Schnee von gestern.«
    »Televigàta« wußte gleich, nach welcher Manier die Geschichte zu präsentieren war. In den Nachrichten um zwanzig Uhr dreißig erschien als erstes das aufgeregte Gesicht Prestìas, der eine sensationelle Story ankündigte, die, wie er sagte, »der genialen Intuition zu verdanken ist, die Commissario Salvo Montalbano aus Vigàta zu einer einzigartigen Figur unter den Ermittlern der Insel – und warum nicht? – ganz Italiens macht«. Er erinnerte an weitere Leistungen des Commissario, an die dramatische Festnahme des flüchtigen Tano u Grecu, des brutalen Mafiabosses, und die Entdeckung der Grotte im Crasticeddru, die als Waffenlager gedient hatte. Eine Sequenz der Pressekonferenz anläßlich Tanos Verhaftung wurde eingeblendet, bei der ein verstörter, stammelnder Typ, der so hieß wie Montalbano und ebenfalls Commissario war, mühsam ein paar Worte herauswürgte. Prestìa erzählte weiter, wie der hervorragende Ermittler zu der Überzeugung gelangt war, daß sich hinter der Waffenhöhle eine weitere Höhle befinden mußte, die mit der ersten verbunden war.
    »Ich«, sagte Prestìa, »vertraute auf die Intuition des Commissario und begleitete ihn zusammen mit meinem Kameramann Schirirò Gerlando.«
    Und dann stellte Prestìa mit Orakelstimme einige Fragen: Hatte der Commissario ungeahnte paranormale Kräfte? Wie war er darauf gekommen, daß sich hinter ein paar über die Jahre schwarz gewordenen Steinen eine Tragödie aus vergangenen Zeiten verbarg? Verfügte der Commissario etwa über den Röntgenblick eines Superman?
    Montalbano, der die Sendung zu Hause verfolgte und

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