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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Blütenblätter hatten die Menschen schon fast eine Gänsehaut gekriegt, aber als sie die Zettel lasen, die alle identisch waren, da war großes Rätselraten angesagt, und sie ließen sich zu den wildesten Vermutungen und Hypothesen hinreißen. Was hatte Lisetta und Mario verkünden ihr Erwachen zu bedeuten? Eine Hochzeitsanzeige war das nicht, auch keine Taufanzeige. Aber was dann? Im Wirrwarr der Fragen waren sich die Leute nur über eines klar: Das Flugzeug, die Rosenblätter, die Zettel, das Werbeband hatten etwas mit den Toten vom Crasticeddru zu tun.
    Dann begann das Rennen, die Leute ließen sich ablenken und schauten zu. Als das Flugzeug die Blütenblätter abwarf, hatte Nicolò Zito zu Montalbano gesagt, er solle sich nicht von der Stelle rühren, und war in der Menge verschwunden.
    Nach einer Viertelstunde kam er mit dem Kameramann von »Retelibera« zurück. »Gewährst du mir ein Interview?«
    »Gern.«
    Montalbanos unerwartete Bereitwilligkeit bestätigte den Verdacht, den der Journalist bereits hegte, nämlich daß Montalbano bis über beide Ohren in dieser Flugzeuggeschichte mit drinsteckte.
    »Vor wenigen Minuten ist während der Vorbereitungen für das Motocross-Rennen, das hier in Vigàta stattfindet, etwas Ungewöhnliches geschehen. Ein kleines Werbeflugzeug...«
    Und dann schilderte er, was geschehen war. »Durch einen glücklichen Zufall ist auch Commissario Salvo Montalbano hier, dem wir jetzt ein paar Fragen stellen wollen. Wer sind Ihrer Meinung nach Lisetta und Mario?«
    »Ich könnte Ihre Frage umgehen«, erklärte der Commissario ganz offen, »und sagen, daß ich nichts darüber wüßte, daß es sich womöglich um ein Brautpaar handelt, das seine Hochzeit auf originelle Weise feiern will. Aber dem widerspräche der Text auf den Zetteln, in dem nichts von Hochzeit, sondern von Erwachen steht. Deshalb will ich Ihre Frage aufrichtig beantworten: Lisetta und Mario sind die Namen der beiden jungen Menschen, die hier ermordet gefunden wurden, in der Grotte im Crasticeddru, der Felsnase, an der wir hier stehen.«
    »Aber was hat das alles zu bedeuten?«
    »Das weiß ich auch nicht, man müßte die Person fragen, die den Flug organisiert hat.«
    »Wie haben Sie die beiden denn identifiziert?«
    »Durch Zufall.«
    »Können Sie uns sagen, wie sie mit Nachnamen hießen?«
    »Nein. Ich weiß es, aber ich werde es nicht sagen. Ich verrate nur, daß sie ein junges Mädchen aus unserer Gegend und er ein Matrose aus dem Norden war. Ich möchte noch sagen, daß derjenige, der so spektakulär an die Entdeckung der beiden Leichen erinnern wollte, die er als ‚Erwachen’ bezeichnet, den Hund vergessen hat, der arme Kerl hatte nämlich auch einen Namen. Er hieß Kytmyr und war ein arabischer Hund.«
    »Aber wozu soll der Mörder das alles inszeniert haben?«
    »Moment – wer sagt denn, daß der Mörder und derjenige, der das inszeniert hat, dieselbe Person sind? Ich glaube das zum Beispiel nicht.«
    Nicolò Zito warf ihm einen sonderbaren Blick zu und sagte dann: »Ich schneide den Bericht jetzt sofort.«
    Dann kamen die Leute von »Televigàta«, von den Regionalnachrichten der RAI, von anderen Privatsendern. Montalbano beantwortete alle Fragen höflich und – gar nicht typisch – ungewöhnlich entspannt.
    Er hatte einen Mordshunger und schlug sich in der Osteria San Calogero mit antipasti di mare den Bauch voll, dann fuhr er schnell nach Hause, machte den Fernseher an und stellte »Retelibera« ein. Nicolò Zito bauschte die Nachricht von dem mysteriösen Flugzeug gehörig auf und machte eine Riesengeschichte daraus. Doch die Krönung war nicht sein eigenes Interview, das in voller Länge gesendet wurde, sondern das für den Commissario völlig unerwartete Interview mit dem Chef der Werbeagentur »Publiduemila« in Palermo, die Zito leicht ausfindig gemacht hatte, weil sie in ganz Westsizilien die einzige Agentur war, die über ein Flugzeug für Reklamezwecke verfügte.
    Der Chef war ganz aufgeregt und sagte, eine bildschöne junge Frau (»Mein Gott, was für eine Frau! Wirklich ganz unwirklich schön, wie so ein Model aus der Illustrierten, meine Güte, war die schön!«), jedenfalls eine Ausländerin, weil sie schlecht italienisch gesprochen habe (»Habe ich ‚schlecht’ gesagt? Das stimmt natürlich nicht, von ihren Lippen klangen unsere Worte süß wie Honig«), nein, über ihre Nationalität könne er keine genauen Angaben machen, Deutsche oder Engländerin, diese Frau also sei vor vier Tagen in

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