Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
sein, falls sie ihn überhaupt in ein Krankenhaus gebracht hatten. Warum darauf bestehen, einem Schemen Gestalt zu verleihen? Die beiden Toten vom Crasticeddru waren im Augenblick ihrer Entdeckung möglicherweise in einem besseren Zustand gewesen, als es Lillo Rizzitano schon seit langer Zeit war. In mehr als fünfzig Jahren kein Wort, keine Zeile. Nichts. Auch nicht, als man sein Land beschlagnahmte und die Reste seines kleinen Hauses niederriß, die doch ihm gehörten. Die Mäandergänge des Labyrinths, in das Montalbano sich hatte aufmachen wollen, stießen hier an eine Mauer; vielleicht zeigte sich das Labyrinth ja auch barmherzig, indem es ihn am Weitergehen hinderte und ihm vor der einzig logischen, natürlichen Lösung Halt gebot.
    Das Abendessen war leicht, aber alles war mit jener Raffinesse zubereitet, die der Herr seinen Auserwählten nur sehr selten gewährt. Montalbano bedankte sich nicht bei der Frau des Questore, sondern sah sie nur an wie ein streunender Hund, der gestreichelt wird. Dann zogen sich die beiden Männer ins Arbeitszimmer zurück, um zu plaudern. Die Einladung des Questore war ihm wie ein Rettungsring erschienen, der einem Ertrinkenden zugeworfen wird – jemandem, der nicht im aufgewühlten Meer, sondern in der platten Ruhe der Langeweile untergeht.
    Zunächst sprachen sie über Catania; sie waren sich einig, daß die Mitteilung über die Nachforschungen im Fall Brancato an die Questura in Catania als erstes dazu geführt hatte, daß Brancato ausgeschaltet wurde.
    »Wir sind löchrig wie ein Sieb«, beklagte sich der Questore bitter, »wir können keinen Schritt tun, ohne daß unsere Gegner es erfahren. Brancato ließ Ingrassia umbringen, weil dieser sich querstellte, aber als die Drahtzieher erfuhren, daß wir Brancato im Visier hatten, sorgten sie dafür, daß er ausgeschaltet wurde, und damit war die Spur, die wir so mühsam verfolgten, zweckmäßigerweise gleich mit beseitigt.«
    Er sah finster drein, diese Geschichte mit den Maulwürfen, die überall saßen, verbitterte ihn mehr als ein Verrat durch ein Mitglied seiner Familie.
    Nach einer langen Pause, während der Montalbano kein Wort sagte, fragte der Questore: »Wie steht's mit Ihren Nachforschungen im Mordfall vom Crasticeddru?«
    Der Commissario merkte am Ton, daß sein Vorgesetzter diese Nachforschungen nur als willkommene Abwechslung betrachtete, als Zeitvertreib, der ihm gegönnt wurde, bevor er sich wieder ernsthafteren Dingen zuwandte.
    »Jetzt weiß ich sogar den Namen des Mannes«, revanchierte er sich. Verblüfft fuhr der Questore auf und war plötzlich hellwach.
    »Sie sind großartig! Erzählen Sie.«
    Montalbano erzählte alles, sogar die Posse mit De Dominicis, die der Questore sehr vergnüglich fand. Der Commissario schloß mit einer Art Konkurserklärung: Die Nachforschungen hätten keinen Sinn mehr, sagte er, auch weil niemand sicher sein konnte, daß Lillo Rizzitano nicht tot war.
    Der Questore dachte darüber nach. »Aber wenn jemand wirklich verschwinden will, dann verschwindet er«, sagte er dann. »Schon oft sind Leute anscheinend im Nichts verschwunden, und dann waren sie plötzlich wieder da. Ich möchte gar nicht Pirandello zitieren, aber zumindest Sciascia. Haben Sie das Buch über das Verschwinden des Physikers Majorana gelesen?«
    »Natürlich.«
    »Majorana, davon bin ich genauso überzeugt wie im Grunde Sciascia überzeugt war, wollte verschwinden, und es ist ihm gelungen. Es war kein Selbstmord, er war sehr gläubig.«
    »Einverstanden.«
    »Und erst kürzlich der Fall des römischen Universitätsprofessors, der eines Morgens das Haus verließ und spurlos verschwand. Alle haben ihn gesucht, Polizei, Carabinieri, sogar seine Studenten, bei denen er sehr beliebt war. Er hat sein Verschwinden geplant, und es ist ihm gelungen.«
    »Stimmt«, meinte Montalbano.
    Dann dachte er über das, worüber sie redeten, nach und sah seinen Vorgesetzten an.
    »Es kommt mir vor, als forderten Sie mich auf weiterzumachen, während Sie mir bei anderer Gelegenheit vorgeworfen haben, ich kümmerte mich zuviel um diesen Fall.«
    »Na und? Jetzt sind Sie rekonvaleszent, damals waren Sie im Dienst. Das ist ja wohl ein Unterschied«, erwiderte der Questore.
    Wieder zu Hause, wanderte Montalbano von Zimmer zu Zimmer. Nach dem Gespräch mit dem Geometra war er fast entschlossen gewesen, alles sausenzulassen, überzeugt, daß Rizzitano längst unter der Erde lag. Und jetzt hatte der Questore ihn wieder angespitzt. Bezeichneten

Weitere Kostenlose Bücher