Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
Suckert?«
»Ich schwöre Ihnen: nie von ihm gehört«, sagte der
andere, fischte ein kanariengelbes Taschentuch aus der Hose
und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Wenn Sie das sagen, habe ich nichts mehr
hinzuzufügen«, sagte der Commissario eisig. Er sah ihn scharf
an und bedeutete ihm, näher zu kommen.
»Ich gebe Ihnen einen guten Rat: keine Tricks.
Buonasera.«
»Buonasera«, antwortete De Vito mechanisch und ging
schnell hinaus, ohne Ingrid auch nur einen Blick zuzuwerfen.
»Du bist ein Arschloch«, sagte Ingrid ruhig, »und
hundsgemein.«
»Ja, ich weiß, manchmal packt's mich, und dann bin ich
so.«
»Gibt es diesen Suckert wirklich?«
»Es gab ihn. Aber er nannte sich Malaparte. Er war
Schriftsteller.«
Sie hörten den Porsche aufdröhnen und Reifen
quietschen.
»Hast du dich jetzt abreagiert?« fragte Ingrid. »So
ziemlich.«
»Ich wußte schon, als du hereinkamst, daß du schlechte
Laune hast. Was ist denn los, kannst du es mir sagen?«
»Ich könnte, aber es lohnt sich nicht. Beruflicher Ärger.«
Montalbano hatte Ingrid vorgeschlagen, ihren Wagen auf
dem Parkplatz der Bar stehenzulassen, sie würden ihn später
holen. Ingrid hatte sich weder erkundigt, wohin sie fuhren,
noch, was sie vorhatten. Auf einmal fragte Montalbano: »Wie
geht's mit deinem Schwiegervater?«
Ingrids Stimme wurde fröhlich. »Gut! Ich hätte es dir
längst sagen sollen, entschuldige bitte. Es geht gut mit meinem
Schwiegervater. Seit zwei Monaten läßt er mich in Ruhe, er
stellt mir nicht mehr nach.«
»Wie kommt denn das?«
»Ich weiß es nicht, er hat mir nichts gesagt. Das letzte
Mal war auf dem Rückweg von Fela, wir waren auf einer
Hochzeit gewesen, mein Mann hatte nicht mitfahren können,
meine Schwiegermutter war nicht ganz gesund. Jedenfalls
waren wir beide allein. Da bog er plötzlich in eine
Nebenstraße ein, fuhr ein paar Kilometer weiter, blieb im
Wald stehen, ließ mich aussteigen, zog mich aus, warf mich zu
Boden und vergewaltigte mich wie üblich. Tags darauf fuhr
ich mit meinem Mann nach Palermo, und als ich nach einer
Woche zurückkam, war mein Schwiegervater plötzlich um
Jahre gealtert, ganz zittrig. Seitdem meidet er mich regelrecht.
Jetzt kann ich ihm auf einem Flur im Haus gegenüberstehen
und muß nicht fürchten, daß er mich gegen die Wand drückt,
eine Hand an meinem Busen und die andere zwischen meinen
Beinen.«
»Ist doch besser so, oder?«
Über die Geschichte, die Ingrid ihm gerade erzählt hatte,
wußte Montalbano mehr als sie. Der Commissario hatte von
der Sache zwischen Ingrid und ihrem Schwiegervater schon
erfahren, als sie sich zum erstenmal begegneten. Und eines
Nachts, als sie miteinander schwatzten, hatte Ingrid plötzlich
furchtbar geweint, die Situation mit dem Vater ihres Mannes
war unerträglich geworden: Sie, die wirklich ein freier Mensch
war, fühlte sich wie beschmutzt, verdorben durch diesen
Beinahe-Inzest, zu dem sie gezwungen wurde; sie dachte
daran, ihren Mann zu verlassen und nach Schweden
zurückzukehren, ihr Brot könnte sie sich bestimmt verdienen,
denn sie war eine hervorragende Automechanikerin.
Damals hatte Montalbano beschlossen, sich darum zu
kümmern und ihr aus der Patsche zu helfen. Am nächsten Tag
lud er die Inspektorin Anna Ferrara ein, die ihn liebte und
überzeugt war, daß er mit Ingrid eine Affäre hatte. »Ich bin
verzweifelt«, fing er an und verzog sein Gesicht wie ein
bedeutender Tragöde.
»O Dio, was ist denn los?« fragte Anna und umschloß
seine Hand mit den ihren.
»Ingrid betrügt mich.«
Er ließ den Kopf auf die Brust sinken und brachte sogar
einen feuchten Schimmer in seine Augen.
Anna unterdrückte einen triumphierenden Aufschrei. Sie
hatte es ja immer schon gewußt! Jetzt verbarg der
Commissario das Gesicht in den Händen, und Anna war
angesichts dieser verzweifelten Geste ganz erschüttert.
»Weißt du, ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, um dir
nicht weh zu tun. Aber ich habe ein paar Nachforschungen
über Ingrid angestellt. Du bist nicht der einzige Mann.«
»Aber das wußte ich!« sagte der Commissario, das
Gesicht immer noch in den Händen.
»Worum geht es dann?«
»Diesmal ist es anders! Es ist kein Abenteuer wie die
vielen anderen, die ich ja verzeihen kann. Sie hat sich verliebt
und wird wiedergeliebt!«
»Weißt du denn, in wen sie verliebt ist?«
»Ja, in ihren Schwiegervater.«
Anna fuhr zusammen. »O Gesù! Hat sie dir das
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