Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
ihn dann grob von sich. Der andere wich verblüfft
drei Schritte zurück.
»Bleib, wo du bist, komm mir ja nicht näher«, zischte ihn
der Commissario an.
»Schluß jetzt, Montalbano«, griff der Questore
schlichtend ein.
De Dominicis schien die Sache zwischen den beiden
nicht sehr wichtig zu nehmen.
»Wer weiß, was er Ihnen erzählen wollte«, hakte er nach
und sah Montalbano forschend an, als wollte er sagen: Du
lügst.
»Ich kann ja mal raten, wenn es Ihnen Spaß macht«,
erwiderte der Commissario grob.
Bevor er das Krankenhaus verließ, kippte Montalbano in der
Bar einen doppelten J&B pur. Sie machten sich auf den Weg
nach Montelusa, und der Commissario rechnete damit, daß er
gegen halb sieben wieder in Vigàta sein würde, die
Verabredung mit Ingrid konnte er also einhalten.
»Er hat geredet, nicht wahr?« fragte der Questore ruhig.
»Ja.«
»Etwas Wichtiges?«
»Ich denke schon.«
»Warum wollte er ausgerechnet mit Ihnen reden?«
»Er hat versprochen, mir ein persönliches Geschenk zu
machen, weil ich mich während der ganzen Geschichte ihm
gegenüber fair verhalten habe.«
»Ich höre.«
Montalbano berichtete alles, und als er fertig war, wurde
der Questore nachdenklich. Dann seufzte er.
»Kümmern Sie sich um alles, zusammen mit Ihren
Leuten. Es ist besser, wenn niemand etwas erfährt. Nicht mal
in der Questura dürfen sie etwas erfahren: Sie haben es ja
gerade gesehen – Maulwürfe gibt's überall.«
Spürbar fiel er wieder in die Mißstimmung, die ihn schon
auf der Hinfahrt ergriffen hatte.
»So weit ist es mit uns gekommen!« sagte er wütend.
Auf halbem Weg klingelte sein Handy. »Ja?« sagte der
Questore.
Am anderen Ende wurde kurz gesprochen. »Danke«,
antwortete der Questore. Dann wandte er sich dem
Commissario zu.
»Das war De Dominicis. Er hat freundlicherweise
Bescheid gesagt, daß Tano praktisch in dem Augenblick
gestorben ist, als wir das Krankenhaus verließen.«
»Sie müssen aufpassen«, sagte Montalbano.
»Worauf?«
»Daß ihnen niemand den Leichnam klaut«, sagte der
Commissario mit beißendem Spott.
Eine Weile fuhren sie schweigend weiter. »Warum hatte
es De Dominicis so eilig, Sie von Tanos Tod zu unterrichten?«
»Aber, mein Lieber, das Gespräch hat doch Ihnen
gegolten. De Dominicis ist ja nicht auf den Kopf gefallen und
denkt natürlich ganz richtig, daß Tano Ihnen doch noch etwas
mitteilen konnte. Und jetzt will er entweder was von dem
Kuchen abhaben oder ihn Ihnen ganz wegnehmen.«
Im Büro traf er Catarella und Fazio an. Besser so, er
redete lieber mit Fazio, wenn keine anderen Leute dabei
waren. Eher routinemäßig als neugierig fragte er: »Wo sind
denn die anderen?«
»Sie sind hinter vier Jungs auf zwei Motorrädern her, die
ein Rennen veranstalten.«
»Gesù! Dann ist das gesamte Kommissariat auf einem
Rennen?«
»Es ist ein spezielles Rennen«, erklärte Fazio. »Ein
Motorrad ist grün, das andere gelb. Erst fährt das gelbe los,
rast eine Straße hinunter und reißt an sich, was es an sich zu
reißen gibt. Nach ein oder zwei Stunden, wenn sich die Leute
wieder beruhigt haben, fährt das grüne los und schnappt sich,
was es zu schnappen gibt. Dann wechseln sie Straße und
Viertel, aber diesmal startet das grüne zuerst. Es ist ein
Wettstreit, wer am meisten klauen kann.«
»Ich verstehe. Hör zu, Fazio, du müßtest heute abend bei
der Firma Vinti vorbeifahren. Bitte den Buchhalter in meinem
Namen, uns ein Dutzend Schaufeln, Hacken, Pickel und
Spaten zu leihen. Morgen früh um sechs treffen wir uns alle
hier. Dottor Augello und Catarella bleiben im Büro. Ich
brauche zwei Wagen, nein, nur einen, laß dir von der Firma
Vinti auch einen Jeep geben. Apropos, wer hat den Schlüssel
für unsere Werkstatt?«
»Den hat immer der Wachhabende. Jetzt hat ihn
Catarella.«
»Laß ihn dir geben, und gib ihn dann mir.«
»Sofort. Entschuldigen Sie, Commissario, aber wozu
brauchen wir Schaufeln und Pickel?«
»Wir wechseln unseren Beruf. Das Landleben ist gesund,
ab morgen arbeiten wir auf dem Feld. Einverstanden?«
»Seit ein paar Tagen kann man nicht mehr vernünftig mit
Ihnen reden, Commissario. Was ist nur los mit Ihnen? Sie sind
so grob und unleidlich.«
Acht
Seit er Ingrid im Lauf einer Ermittlung kennengelernt hatte,
bei der sie ihm völlig unschuldig über eine falsche Fährte als
Sündenbock kredenzt worden war, bestand eine merkwürdige
Freundschaft zwischen dem Commissario und
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