Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
als zweiten Gang purpi
alla c arrettera.«
Köstlich, aber mörderisch. Montalbano umarmte sie.
Gegen Mittag klingelte das Telefon, und Adelina, die
bestimmt deswegen so gründlich putzte, weil sie die Spuren
von Livias Aufenthalt auslöschen wollte, ging an den Apparat.
»Dutturi, lu voli u dutturi Didumminici!«
Montalbano, der in der Veranda saß und zum fünftenmal
Wendemarke von Faulkner las, stürzte ans Telefon. Bevor er
den Hörer in die Hand nahm, legte er sich schnell einen Plan
zurecht, wie er De Dominicis wieder loswerden konnte, sobald
er seine Information hatte.
»Sì? Pronto? Wer ist da?« fragte er mit müder und
enttäuschter Stimme.
»Du hattest recht, es war ganz einfach. Calogero
Rizzitano hat am dreizehnten November 1942 mit der
höchsten Punktzahl promoviert. Schreib's dir auf, der Titel ist
lang.«
»Warte, ich muß einen Stift suchen. Aber eigentlich...«
De Dominicis merkte, wie lustlos Montalbanos Stimme
klang. »Was hast du denn?«
De Dominicis fühlte sich mit ihm im Bunde, daher das
»Du«.
»Was glaubst du wohl, was ich habe! Das fragst du
noch?! Du wußtest doch, daß ich die Antwort bis gestern
abend gebraucht hätte! Sie interessiert mich nicht mehr! Nur
weil du zu spät bist, ist jetzt alles zum Teufel!«
»Glaub mir, es ging nicht eher.«
»Schon gut, jetzt sag den Titel.«
»Der Gebrauch des makkaronischen Lateins im
geistlichen Drama der Siebenschläfer, verfaßt von einem
unbekannten Autor des sechzehnten Jahrhunderts. Erklär mir
mal, was dieser Titel mit der Mafia zu tun haben soll...«
»Und ob er was damit zu tun hat! Aber du bist schuld
dran, daß ich ihn jetzt nicht mehr brauche, zu danken brauche
ich dir also auch nicht.«
Er legte auf und brach vor Freude in ein
ohrenbetäubendes Gewieher aus. Und schon war aus der
Küche das Geräusch von zersplitterndem Glas zu hören:
Adelina mußte so erschrocken sein, daß ihr etwas aus der
Hand gefallen war. Montalbano nahm Anlauf, sprang von der
Veranda in den Sand, schlug einen Purzelbaum, dann ein Rad,
noch einen Purzelbaum und noch ein Rad. Der dritte
Purzelbaum ging schief, und er fiel völlig außer Atem in den
Sand. Adelina eilte von der Veranda zu ihm und schrie:
»Madunnuzza beddra! Jetzt ist er verrückt geworden! Er hat
sich das Genick gebrochen!«
Montalbano wollte ganz gewissenhaft sein und fuhr in die
Stadtbücherei von Montelusa.
»Ich suche ein geistliches Drama«, sagte er zu der
Leiterin. Die Leiterin, die ihn als Commissario kannte, war
etwas erstaunt, sagte aber nichts.
»Alles, was wir haben«, meinte sie dann, »sind die beiden
Bände von D'Ancona und die beiden von De Bartholomaeis.
Sie können die Bücher aber nicht ausleihen, Sie müssen hier
reinschauen.«
Das Drama der Siebenschläfer fand er im zweiten Band
von D'Anconas Anthologie. Es war ein kurzes, sehr naives
Stück.
Lillo mußte seine Doktorarbeit auf den Dialog zwischen
zwei häretischen Gelehrten aufgebaut haben, die ein
vergnügliches makkaronisches Latein sprachen. Was den
Commissario jedoch mehr interessierte, war das lange
Vorwort, das D' Ancona geschrieben hatte. Da stand alles –
die Sure aus dem Koran, der Weg der Legende durch die
europäischen und afrikanischen Länder mit ihren Änderungen
und Varianten. Professor Lovecchio hatte recht gehabt: Die
achtzehnte Sure des Koran gäbe, für sich gesehen, nur Rätsel
auf. Man mußte sie mit dem vervollständigen, was andere
Kulturen hervorgebracht hatten.
»Ich möchte eine Hypothese aufstellen und Sie um Ihre
Unterstützung bitten«, sagte Montalbano, als er Burgio und
dessen Frau von seinen neuesten Erkenntnissen unterrichtete.
»Sie haben doch sehr überzeugt gesagt, Lisetta sei für Lillo
wie eine kleine Schwester gewesen, die er über alles liebte.
Stimmt das so?«
»Ja«, sagten die beiden wie aus einem Mund.
»Gut. Jetzt frage ich Sie etwas. Halten Sie es für möglich,
daß Lillo Lisetta und ihren jungen Geliebten umgebracht hat?«
»Nein«, sagten die beiden alten Leute, ohne zu zögern.
»Dieser Meinung bin ich auch«, sagte Montalbano, »eben
weil es Lillo war, der die beiden Toten sozusagen in den
Zustand einer hypothetischen Auferstehung versetzt hat. Ein
Mörder will nicht, daß seine Opfer wiederauferstehen.«
»Und?« fragte der Preside.
»Falls Lisetta ihn gebeten hat, sie in einer Notlage
zusammen mit ihrem Freund im Haus der Rizzitanos am
Crasto aufzunehmen, wie hätte Lillo da Ihrer
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