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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Montalbano gab keine Antwort, sondern stürzte, nackt wie er war, ans Telefon.
    »Catarella, beweg deinen Arsch, und gib mir sofort Fazio! Fazio? In spätestens einer Stunde will ich alle, und damit meine ich alle, im Büro haben. Wenn einer fehlt, dann setzt's was!«
    Er legte auf und wählte noch mal.
    »Signor Questore? Hier ist Montalbano. Es tut mir sehr leid, aber ich kann heute abend nicht kommen. Nein, es ist nicht wegen Livia. Eine dienstliche Angelegenheit, ich werde Ihnen später berichten. Morgen zum Mittagessen? Ausgezeichnet. Und bitte entschuldigen Sie mich bei Ihrer Gattin.«
    Livia war inzwischen aufgestanden und versuchte zu begreifen, warum ihre Worte eine so hektische Reaktion ausgelöst hatten.
    Doch anstatt einer Antwort warf Montalbano sich aufs Bett und zog sie an sich. Seine Absichten waren eindeutig. »Hast du nicht gesagt, du wärst in einer Stunde im Büro?«
    »Ein Viertelstündchen früher oder später…«
    In Montalbanos Büro, das nicht sehr geräumig war, drängten sich Augello, Fazio, Tortorella, Gallo, Germana, Galluzzo und Grasso, der erst seit einem knappen Monat Dienst im Kommissariat tat. Catarella lehnte am Türpfosten, mit einem Ohr am Telefon. Montalbano hatte die sich sträubende Livia mitgenommen. »Was soll ich denn da?«
    »Du könntest uns sehr nützlich sein, glaub mir.« Aber er wollte partout nichts erklären. Es war ganz still, als der Commissario eine grobe, aber ziemlich korrekte topographische Karte zeichnete und den Anwesenden vorlegte.
    »Das hier ist ein kleines Haus in der Via Garibaldi in Villaseta. Zur Zeit wohnt niemand darin. Das dahinter ist ein Garten…«
    Er fuhr fort und erklärte jedes Detail, Nachbarhäuser, Straßenkreuzungen, sich überschneidende Feldwege. Er hatte sich an dem Nachmittag, den er allein in Karimas Zimmer verbracht hatte, alles genau eingeprägt. Mit Ausnahme von Catarella, der im Kommissariat Wache halten sollte, waren alle an dem Einsatz beteiligt: Jedem zeigte er auf der Karte die Position, die er zu beziehen hatte. Er ordnete an, getrennt an Ort und Stelle zu kommen, keine Sirenen, keine Uniform, nicht einmal Streifenwagen, sie durften auf gar keinen Fall Aufmerksamkeit erregen. Wenn jemand mit dem eigenen Auto kommen wollte, mußte er es mindestens fünfhundert Meter vom Haus entfernt stehenlassen. Sie könnten mitbringen, was sie wollten, panini, caffè, birra, weil sich die Sache wahrscheinlich in die Länge ziehen würde, vielleicht müßten sie die ganze Nacht auf ihrem Posten bleiben, es war nicht mal sicher, ob die Aktion gelang, es war sehr gut möglich, daß sich derjenige, den sie festnehmen mußten, gar nicht blicken ließ. Sobald die Straßenbeleuchtung eingeschaltet war, sollte die Aktion beginnen. »Waffen?« fragte Augello.
    »Waffen? Wozu denn Waffen?« Montalbano war einen Augenblick lang verwirrt.
    »Naja, ich weiß nicht, die Sache klingt doch ziemlich ernst, da dachte ich…«
    »Wen müssen wir denn festnehmen?« mischte sich Fazio ein.
    »Einen kleinen Jungen, der Eierkuchen klaut.«
    Atemlose Stille im Zimmer. Augello trat der Schweiß auf die Stirn.
    Seit einem Jahr sage ich ihm schon, daß er sich mal untersuchen lassen soll, dachte er.
    Es war eine schöne Nacht, mondhell und windstill. Sie hatte in Montalbanos Augen nur einen Fehler: Sie schien überhaupt nicht enden zu wollen, jede Minute zog sich hin und dehnte sich auf rätselhafte Weise auf das Fünffache aus.
    Im Schein eines Feuerzeugs hatte Livia die aufgeschlitzte Matratze wieder auf das Bettgestell gelegt; sie hatte sich ausgestreckt und war irgendwann eingeschlafen. Jetzt schlief sie tief und fest.
    Der Commissario saß auf einem Stuhl neben dem Fenster, das nach hinten hinausging, und konnte den Garten und das Umland deutlich sehen. Auf dieser Seite mußten Fazio und Grasso sein, aber so sehr er sich auch anstrengte, von den beiden war nicht einmal ein Schatten auszumachen, sie waren zwischen den Mandelbäumen verschwunden.
    Er beglückwünschte sich dazu, daß seine Männer so professionell arbeiteten: Sie hatten vollen Einsatz gezeigt, nachdem er ihnen erklärt hatte, daß der Junge möglicherweise Francois war, Karimas Sohn. Er zog an seiner vierzigsten Zigarette und sah, als sie aufglimmte, auf die Uhr: zwanzig vor vier. Er beschloß, noch eine halbe Stunde zu warten, dann würde er seine Leute nach Hause schicken. Genau in diesem Augenblick fiel ihm da, wo der Garten endete und die campagna begann, eine kurze Bewegung auf; es war

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