Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine
ist da?«
»Hier ist Ernesto Panzacchi.«
Das Echo war angekommen.
»Was willst du?«
Duzten oder siezten sie sich? Aber das war unwichtig.
»Ich möchte mir dir reden. Aber nicht am Telefon. Soll ich zu dir kommen?«
Er hatte keine Lust, Panzacchi bei sich im Haus zu haben. »Nein, ich komme zu dir. Wo wohnst du?«
»Im Hotel Pirandello.«
»Ich bin gleich da.«
Panzacchis Zimmer im Hotel war groß wie ein Salon. Außer einem Doppelbett und einem Schrank gab es zwei Sessel, einen großen Tisch mit Fernseher und Videorekorder und eine Minibar.
»Meine Familie konnte noch nicht nachkommen.«
Dann erspart sie sich wenigstens die Mühe, herzuziehen und wieder wegzuziehen, dachte der Commissario.
»Entschuldige, ich muss pinkeln.«
»Keine Sorge, im Bad ist niemand.«
»Ich muss wirklich pinkeln.«
Einer Schlange wie Panzacchi durfte man nicht trauen. Als Montalbano vom Klo zurückkam, bat Panzacchi ihn, in einem Sessel Platz zu nehmen.
Der Chef der Mordkommission war ein plumper, aber elegant gekleideter Mann mit sehr hellen Augen und Tatarenschnauzer.
»Kann ich dir was anbieten?«
»Nein.«
»Kommen wir gleich zur Sache?«, fragte Panzacchi. »Wie du willst.«
»Also, heute Abend war ein Polizeibeamter bei mir, ein gewisser Culicchia, ich weiß nicht, ob du ihn kennst.«
»Nicht persönlich, nur dem Namen nach.«
»Er war buchstäblich in Panik. Zwei deiner Kollegen haben ihn anscheinend bedroht.«
»Das hat er gesagt?«
»Ich glaube, es so verstanden zu haben.«
»Dann hast du es missverstanden.«
»Also sag du, was los war.«
»Es ist spät, und ich bin müde. Ich bin in Raffadali ins Haus der Familie Di Blasi gegangen, habe dort angefangen zu suchen und nach kurzer Zeit eine Kassette mit einer Handgranate und einer Pistole gefunden. Die sind jetzt bei uns im Tresor.«
»Ma perdio! Dazu warst du nicht befugt!«, rief Panzacchi und erhob sich.
»Du bist auf dem Holzweg«, sagte Montalbano ruhig. »Du unterschlägst Beweismittel!«
»Ich habe dir schon gesagt, dass du auf dem Holzweg bist.
Wenn wir hier Befugnisse und Hierarchien bemühen, gehe ich und lasse dich in der Scheiße sitzen. Da sitzt du nämlich drin, in der Scheiße.«
Panzacchi zögerte einen Augenblick, überlegte hin und her, setzte sich wieder. Er hatte es versucht, die erste Runde hatte er verloren.
»Du müsstest mir sogar danken«, fuhr der Commissario fort. »Wofür denn?«
»Dass ich die Kassette aus dem Haus habe verschwinden lassen. Sie sollte beweisen, dass Maurizio Di Blasi von dort die Handgranate herhatte, stimmt's? Nur hätten die Leute von der Spurensicherung nicht den Schatten eines Fingerabdrucks von Di Blasi darauf gefunden. Und wie hättest du das erklärt? Dass Maurizio Handschuhe trug? Das Gelächter kannst du dir ja vorstellen!«
Panzacchi sagte nichts; mit seinen hellen Augen starrte er den Commissario an.
»Soll ich weitersprechen? Deine erste Schuld - nein, was du dir hast zuschulden kommen lassen, ist mir scheißegal -, dein erster Fehler war die Hatz auf Maurizio Di Blasi, obwohl du gar nicht wusstest, ob er schuldig war. Aber du wolltest um jeden Preis eine brillante Aktion veranstalten. Wir wissen ja, was dann passiert ist, und du warst bestimmt sehr erleichtert. Unter dem Vorwand, einen deiner Beamten zu schützen, der einen Schuh für eine Waffe gehalten hatte, hast du dir die Geschichte mit der Handgranate zurechtgebastelt, und damit sie glaubwürdiger ist, hast du die Kassette im Haus der Familie Di Blasi deponiert.«
»Das ist doch alles Geschwätz. Wenn du das dem Questore erzählst, glaubt er dir bestimmt nicht. Du verbreitest diese Gerüchte, um mich in den Dreck zu ziehen, um dich dafür zu rächen, dass dir der Fall entzogen und mir übertragen wurde.«
»Und wie gedenkst du das mit Culicchia zu regeln?«
»Er geht morgen früh mit mir zur Mordkommission. Ich zahle den Preis, den er verlangt hat.«
»Und wenn ich Giudice Tommaseo die Waffen bringe?«
»Culicchia wird sagen, dass du ihn vor ein paar Tagen um den Schlüssel für die Asservatenkammer gebeten hast. Er ist bereit zu schwören. Versuch doch zu verstehen: Er muss sich schützen. Und ich habe ihm erklärt, wie er das am besten macht.«
»Dann habe ich also verloren?«
»Sieht so aus.«
»Funktioniert dieses Videogerät?«
»Ja.«
»Leg doch mal die Kassette da ein.«
Montalbano hatte sie aus der Jackettasche geholt und reichte sie ihm. Panzacchi stellte keine Fragen und tat, wie ihm geheißen. Die Bilder
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