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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Fahrgäste.
    Während er die Skizze betrachtete, wurde dem Commissario bewusst, welcher Versuchung Fazio widerstanden hatte: riesige Rechtecke zu zeichnen, mit den vollständigen Personalien der Fahrgäste, Name, Nachname, Vater, Mutter - In der letzten Reihe mit den fünf Sitzplätzen hatte Fazio Griffo so geschrieben, dass die Buchstaben des Namens alle fünf Rechtecke einnahmen: Anscheinend hatte er nicht herausfinden können, auf welchen der fünf Plätze die Vermissten gesessen hatten. Montalbano begann, sich die Reise vorzustellen. Nach den ersten Begrüßungen war es zwangsläufig ein paar Minuten lang still, während man es sich bequem machte, Schals, Schirmmützen, Hüte ablegte, kontrollierte, ob in der Handtasche oder der Jackentasche Brille und Hausschlüssel waren. Dann die ersten Äußerungen vergnügter Stimmung, die ersten lauten Gespräche, Sätze, die hin- und herflogen - Und der Fahrer, der fragte: Soll ich das Radio einschalten? Ein Nein im Chor - Und vielleicht drehte sich ab und zu jemand nach hinten um, zur letzten Reihe hin, in der die Griffos saßen, nebeneinander, reglos und offenbar taub, denn die acht leeren Plätze zwischen ihnen und den anderen Fahrgästen bildeten gewissermaßen eine Barriere für Töne, Worte, Geräusche und Gelächter.
    Da schlug sich Montalbano an die Stirn. Er hatte es vergessen! Der Busfahrer hatte ihm ganz klar etwas gesagt, und das war ihm vollkommen entfallen. »Gallo!«
    Weniger ein Name als ein erstickter Schrei entfuhr seiner Kehle. Die Tür wurde aufgerissen, Gallo kam ganz erschrocken herein.
    »Was ist los, Commissario?«
    »Ruf auf der Stelle die Busfirma an, ich weiß nicht mehr, wie sie heißt. Wenn jemand da ist, stell ihn mir sofort durch.«
    Er hatte Glück. Der Buchhalter meldete sich. »Ich brauche eine Auskunft. War auf der Fahrt nach Tindari letzten Sonntag außer dem Fahrer und den Fahrgästen sonst noch jemand im Bus?«
    »Natürlich. Wissen Sie, Dottore, unsere Firma gestattet es Vertretern von Hausrat, Putzmitteln, Nippes, von -« Er hatte im Tonfall eines Königs gesprochen, der großzügig eine Gunst erweist.
    »Wie viel verlangen Sie dafür?«, fragte Montalbano, der respektlose Untertan.
    Aus dem königlichen Ton des anderen wurde ein mühsames Gestottere.
    »S.S.Sie in.in.müssen b.b.bedenken, dass der P.P.Prozentsatz -«
    »Das interessiert mich nicht. Ich will den Namen des Vertreters, der bei dieser Fahrt dabei war, und seine Telefonnummer.«
    »Pronto? Ist das bei Dileo? Ich bin Commissario Montalbano. Ich möchte bitte mit Signora oder Signorina Beatrice sprechen.«
    »Das bin ich, Commissario. Signorina. Und ich habe mir schon überlegt, wann Sie mich wohl befragen würden. Wenn Sie sich heute im Laufe des Tages nicht gemeldet hätten, wäre ich selbst ins Kommissariat gekommen.«
    »Haben Sie schon gegessen?«
    »Ich habe noch nicht mal angefangen. Ich komme gerade aus Palermo zurück, ich habe eine Prüfung an der Uni abgelegt und müsste jetzt, da ich allein bin, anfangen zu kochen. Aber ich habe keine große Lust.«
    »Wollen Sie mit mir essen gehen?«
    »Warum nicht?«
    »Dann treffen wir uns in einer halben Stunde in der Trattoria San Calogero.«
     
    Die acht Männer und vier Frauen, die zu dieser Zeit in der Trattoria aßen, hielten, die einen eher, die anderen später, mit der Gabel auf halber Höhe inne und sahen die junge Frau an, die eben hereingekommen war. Eine wirkliche Schönheit, hoch gewachsen, blond, schlank, langes Haar, blaue Augen. Eine, wie man sie auf den Titelseiten der Illustrierten sieht, nur wirkte die hier wie eine brave Hausfrau. Was hatte sie in der Trattoria San Calogero verloren? Der Commissario hatte gerade noch Zeit, sich diese Frage zu stellen, als das Geschöpf auf seinen Tisch zukam.
    »Sie sind Commissario Montalbano, nicht wahr? Ich bin Beatrice Dileo.«
    Sie setzte sich, Montalbano blieb noch einen Augenblick steif sitzen, bass erstaunt. Beatrice Dileo trug keine Spur von Schminke, sie war von Natur aus so. Vielleicht sahen die anwesenden Frauen sie deshalb ohne Neid an. Wie sollte man auf eine Jasminblüte auch neidisch sein? »Was nehmen Sie?«, fragte Calogero, als er zu ihnen kam. »Ich habe heute einen risotto al nìvuro di sìccia, der wirklich speziell ist.«
    »Gut. Und Sie, Beatrice?«
    »Ich auch.«
    Montalbano stellte befriedigt fest, dass sie keinen typisch weiblichen Satz hinzugefügt hatte. Bringen Sie mir um Himmels willen nur wenig. Zwei Löffel. Einen Löffel. Dreizehn

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