Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen
in der anderen Hand, setzten sich die Griffos auf ihre alten Plätze.« Sie lächelte.
»Wenn ich da so stehe, komme ich mir sehr lächerlich vor. Aber dann … Da ist einer, fast ein Stammkunde, Cavaliere Mistretta, der seine Frau gezwungen hat, drei komplette Serien zu kaufen. Können Sie sich das vorstellen? Er ist verliebt in mich, meine Güte, was mir die Frau für Blicke zuwirft! Nun gut, wir schenken jedem Käufer eine sprechende Armbanduhr, wie die vù cumprà sie für zehntausend Lire verkaufen. Aber alle bekommen einen Kugelschreiber, in den der Name der Firma geprägt ist. Die Griffos wollten keinen.«
Die Seebarsche kamen, und es herrschte wieder Schweigen.
»Möchten Sie Obst? Einen Espresso?«, fragte Montalbano, als von den Seebarschen leider nur noch Kopf und Gräten übrig waren.
»Nein«, sagte Beatrice, »ich mag es, wenn ich noch den Geschmack vom Meer im Mund habe.« Nicht nur Zwilling, sondern siamesischer Zwilling. »Wie auch immer, Commissario, solange der Verkauf dauerte, sah ich immer wieder zu den Griffos hin. Sie saßen stocksteif da, nur er wandte sich manchmal um und sah nach hinten durch die Heckscheibe. Als fürchte er, dass irgendein Auto dem Bus folgte.«
»Oder das Gegenteil«, sagte der Commissario. »Um sich zu vergewissern, dass irgendein Auto dem Bus weiterhin folgte.«
»Kann sein. Sie aßen nicht mit uns in Tindari. Als wir ausstiegen, blieben sie sitzen. Wir stiegen wieder ein, und sie saßen immer noch da. Auf der Rückfahrt stiegen sie auch zur Kaffeepause nicht aus. Aber über eines bin ich mir sicher: Es war Signor Griffo, der an der Bar-Trattoria Paradiso halten wollte. Es war kurz vor der Ankunft, und der Fahrer wollte die Fahrt fortsetzen. Griffo protestierte. Und da stiegen fast alle aus. Ich blieb im Bus. Dann hupte der Fahrer, die Passagiere stiegen ein, und der Bus fuhr wieder los.«
»Sind Sie sicher, dass auch die Griffos wieder eingestiegen sind?«
»Das kann ich nicht sicher sagen. Während des Aufenthalts hörte ich Musik mit dem Walkman, ich hatte den Kopfhörer auf. Ich hielt die Augen geschlossen. Kurzum, ich bin eingenickt. Jedenfalls habe ich die Augen erst in Vigàta wieder aufgemacht, als schon ein Großteil der Fahrgäste ausgestiegen war.«
»Es ist also möglich, dass die Griffos schon auf dem Nachhauseweg waren.«
Beatrice öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, und schloss ihn wieder.
»Weiter«, sagte der Commissario, »alles, auch was Ihnen vielleicht dumm erscheint, kann mir nützlich sein.«
»Nun, als der Angestellte der Firma einstieg, um die Musterkollektion wieder zu holen, habe ich ihm geholfen. Ich zog den ersten Karton zu mir her und stützte mich dabei mit der Hand auf dem Sitz ab, auf dem bis kurz vorher Signor Griffo hätte gesessen haben müssen. Er war kalt. Meiner Meinung nach sind die beiden nach dem Halt an der Bar Paradiso nicht wieder eingestiegen.«
Sechs
Calogero brachte die Rechnung, Montalbano zahlte, Beatrice erhob sich, der Commissario ebenfalls, wenn auch mit leisem Bedauern, das Mädchen war wirklich ein Wunderwerk Gottes, aber da war wenig zu machen, die Geschichte war hiermit beendet. »Ich bringe Sie nach Hause«, sagte Montalbano.
»Ich bin mit dem Wagen da«, erwiderte Beatrice.
Und genau in diesem Augenblick tauchte Mimi Augello auf. Er sah Montalbano, ging auf ihn zu und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen, die Augen weit aufgerissen, als wäre jener Engel aus dem Volksglauben vorbeigekommen, der »Amen« sagt, und jeder verharrt so, wie er gerade ist. Offenbar hatte er Beatrice gesichtet. Dann drehte er sich plötzlich um und schickte sich an, wieder hinauszugehen.
»Wolltest du zu mir?«, hielt ihn der Commissario auf. »Ja.«
»Und warum gehst du dann wieder?«
»Ich wollte nicht stören.«
»Du störst doch nicht, Mimi! Komm her. Signorina, darf ich Ihnen meinen Vice, Dottor Augello, vorstellen? Das ist Signorina Beatrice Dileo, die vergangenen Sonntag zusammen mit den Griffos die Fahrt gemacht und mir interessante Dinge erzählt hat.«
Mimi wusste nur, dass die Griffos verschwunden waren, er war über den Stand der Ermittlungen nicht auf dem Laufenden, doch er brachte kein Wort heraus und starrte die junge Frau nur an.
Da erschien der Teufel, der Leibhaftige, an Montalbanos Seite. Für alle unsichtbar, außer für den Commissario, trug er sein traditionelles Kostüm, behaarte Haut, Bocksfüße, Schwanz, kurze Hörner. Der Commissario spürte, wie sein brennend heißer,
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