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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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musste Marchese Lauricella ein Vermögen kosten, sie in Ordnung zu halten. An den Rastplätzen hatte sich die Lage nicht geändert, obwohl mehr als eine Stunde vergangen war. Einer drehte noch immer Däumchen, ein Zweiter saß im Auto und rauchte, der Dritte versuchte immer noch, sein Mofa zu reparieren. Bei Letzterem erlag der Commissario der Versuchung, ihn zu verarschen. Als er auf seiner Höhe war, stoppte er. »Springt es nicht an?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete der Mann und blickte ihn benommen an.
    »Soll ich es mir mal anschauen?«
    »Nein. Danke.«
    »Ich kann Sie mitnehmen.«
    »Nein!«, schrie der Mann ungehalten. Der Commissario fuhr weiter. In dem Häuschen am Ende der Straße sah der Typ mit dem Handy aus dem Fenster: Bestimmt meldete er gerade, dass Montalbano die Grenze von Don Balduccios Königreich wieder überschritt.
     
    Es dämmerte. In der Stadt angekommen, fuhr er in die Via Cavour. Vor der Nummer 44 hielt er an, öffnete das Handschuhfach, nahm den Bund Dietriche heraus und stieg aus. Die Pförtnerin war nicht da, und bis zum Aufzug begegnete er niemandem. Er öffnete die Tür bei den Griffos und schloss sie hinter sich wieder. Es roch miefig. Er schaltete das Licht ein und machte sich an die Arbeit. Er brauchte eine Stunde, bis er alles, was er an Papieren fand, eingesammelt und in einen Müllsack gesteckt hatte, den er aus der Küche geholt hatte. Es gab sogar eine Keksdose aus Blech der Gebrüder Lazzaroni, die mit Steuerquittungen voll gestopft war. Die Papiere der Griffos hätte er sich von Beginn der Ermittlungen an vornehmen müssen, doch er hatte es unterlassen. Er war von anderen Gedanken zu sehr abgelenkt gewesen. Möglicherweise steckte in irgendeinem dieser Papiere das Geheimnis der Krankheit der Griffos, jener Krankheit, derentwegen ein gewissenhafter Arzt sich hatte einschalten müssen. Er wollte gerade das Licht in der Diele löschen, als er sich an Fazio, an dessen Sorge wegen des Treffens mit Don Balduccio erinnerte. Das Telefon stand im Esszimmer. »Pronti! Pronti! Cu è che mi parla? Wer ist denn da? Hier ist das Kommissariat!«
    »Catare, ich bin's, Montalbano. Ist Fazio da?«
    »Den geb' ich Ihnen sofort!«
    »Fazio? Ich wollte dir sagen, dass ich wohlbehalten zurück bin.«
    »Ich weiß, Dottore.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Niemand, Dottore. Als Sie wegfuhren, bin ich hinterhergefahren. Ich habe in der Nähe des Häuschens mit den Wachleuten gewartet. Als ich Sie wieder wegfahren sah, bin ich auch ins Kommissariat zurück.«
    »Gibt's was Neues?«
    »Nonsi, Dottore, abgesehen von dieser Frau, die immer noch aus Pavia anruft und Dottore Augello sprechen will.«
    »Irgendwann wird sie ihn schon erreichen. Sag mal, willst du wissen, was die Person, du weißt schon wer, und ich besprochen haben?«
    »Klar, Dottore. Ich sterbe vor Neugier.«
    »Aber ich sag's dir nicht. Und wenn du platzt. Und weißt du, warum ich dir nichts sage? Weil du meine Anweisungen nicht befolgt hast. Ich hatte dir gesagt, du solltest dich im Kommissariat nicht von der Stelle rühren, aber du bist mir hinterhergefahren. Zufrieden?« Er löschte das Licht und verließ die Wohnung der Griffos mit dem Müllsack über der Schulter.
     

Acht
     
    Er öffnete den Kühlschrank und wieherte vor lauter Glück. Seine Haushälterin Adelina hatte ihm zwei Stöcker mit süßsaurem Zwiebelgemüse bereitgestellt, ein Abendessen, mit dem er sicher die ganze Nacht über würde ringen müssen, doch das war es wert. Vorsichtshalber wollte er sich vor dem Essen vergewissern, ob das Päckchen Natron, Retter in der Not, in der Küche war. Er setzte sich auf die Veranda und verputzte gewissenhaft alles, auf dem Teller blieben nur die Gräten und Köpfe der Fische übrig, sauber abgefieselt, sodass sie wie Fossilien aussahen. Dann räumte er den Tisch ab und leerte darauf den Müllsack mit den Papieren aus, die er aus der
Wohnung der Griffos mitgenommen hatte. Möglicherweise konnte ein Satz, eine Zeile, eine Anmerkung einen Hinweis auf das Verschwinden der beiden alten Leute geben. Sie hatten alles aufgehoben, Briefe und   Glückwunschkarten, Fotografien, Telegramme, Strom- und Telefonrechnungen, Einkommensteuererklärungen, Quittungen und Kassenzettel, Werbeprospekte, Busfahrkarten, Geburtsurkunden, Heiratsurkunde, Rentenbüchlein, Gesundheitspässe, verschiedene abgelaufene Ausweise. Da war sogar die Kopie einer »Bescheinigung der Lebendexistenz«, Gipfel bodenloser bürokratischer Dummheit. Was hätte sich

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