Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen
nach von dem Dottore beauftragt.«
»Von wem denn sonst?«
Der Gedanke des Commissario flog zu der Fotografie, die immer noch auf seinem Nachtkästchen lag. Doch diesen Gedanken ließ er sofort wieder fallen, er musste erst den Spruch von Catarella, dem neuen Orakel, abwarten. »Und, sagst du mir jetzt, was wir heute Abend zu tun haben?«, fragte Augello.
»Heute Abend? Ach nichts, wir schnappen uns Japichinu, den geliebten Enkel von Balduccio Sinagra.«
»Den Flüchtigen?«, fragte Mimi und sprang auf. »Genau den.«
»Weißt du denn, wo er sich versteckt hält?«
» Noch nicht, aber ein Pfarrer wird es uns sagen.«
»Ein Pfarrer? Was ist denn das für eine Scheißgeschichte? Du erzählst sie mir jetzt von Anfang an, ohne etwas auszulassen.«
Montalbano erzählte sie ihm von Anfang an und ohne etwas auszulassen.
»Beddra Matre santissima!«, sagte Augello am Ende nur und nahm seinen Kopf zwischen die geschlossenen Fäuste. Er sah aus wie die Abbildung in einem Lehrbuch für Schauspielkunst aus dem neunzehnten Jahrhundert, Stichwort »Erschütterung«.
Zwölf
Catarella betrachtete das Foto wie ein Kurzsichtiger, indem er es sich an die Augen drückte, dann wie ein Weitsichtiger, indem er es eine Armlänge weit von sich streckte. Am Ende verzog er den Mund.
»Dottori, mit meinem Scanner geht das ganz bestimmt nicht. Ich muss es meinem zuverlässigen Freund bringen.«
»Wie lange brauchst du dazu?«
»Vielleicht knapp zwei Stunden, Dottori.«
»Komm so schnell wie möglich wieder. Wer bleibt am Telefon?«
»Galluzzo. Ah, Dottori, ich wollte Ihnen sagen, dass das Waisenkind seit heut früh auf Sie wartet und mit Ihnen reden will.«
»Welches Waisenkind?«
»Griffo heißt er, der, dem sie den Vater und die Mutter umgebracht haben. Der, der sagt, dass er nichts versteht, wenn ich rede.«
Davide Griffo war ganz in Trauerschwarz. Ungekämmt, die Kleidung verknittert, erschöpftes Gesicht. Montalbano gab ihm die Hand und bat ihn, sich zu setzen. »Hat man Sie wegen der Identifizierung kommen lassen?«
»Ja, leider. Ich bin gestern am späten Nachmittag nach Montelusa gekommen. Man hat mich zu ihnen gebracht. Danach - danach bin ich ins Hotel zurück, ich habe mich so, wie ich war, aufs Bett gelegt, ich fühlte mich schlecht.«
»Ich verstehe.«
»Gibt es etwas Neues, Commissario?«
»Noch nicht.«
Sie sahen sich an, beide waren bekümmert. »Wissen Sie was?«, sagte Davide Griffo. »Es ist nicht der Wunsch nach Rache, warum ich sehnsüchtig darauf warte, dass Sie die Mörder fassen. Ich möchte nur verstehen können, warum sie es getan haben.«
Er war aufrichtig, auch er wusste nichts über das, was Montalbano die geheime Krankheit seiner Eltern nannte. »Warum haben sie es getan?«, fragte Davide Griffo wieder. »Um Papàs Brieftasche oder Mammas Handtäschchen zu rauben?«
»Ah«, machte der Commissario.
»Wussten Sie das nicht?«
»Dass sie die Brieftasche und die Handtasche mitgenommen haben? Nein. Ich war sicher, dass man die Handtasche unter dem Körper der Signora finden würde. Und in den Taschen Ihres Vaters habe ich nicht nachgesehen. Übrigens wären weder die Handtasche noch die Brieftasche von Bedeutung gewesen.«
»Glauben Sie?«
»Sicher. Diejenigen, die Ihre Eltern umgebracht haben, hätten Brieftasche und Handtasche gegebenenfalls zurückgelassen, aber vorher fein säuberlich alles entfernt, was uns auf ihre Spur hätte bringen können.« Davide Griffo hing einer Erinnerung nach.
»Mamma trennte sich nie von ihrem Handtäschchen, manchmal nahm ich sie deshalb auf den Arm. Ich fragte sie, welche Schätze sie darin habe.«
Er war plötzlich ganz gerührt, tief aus seiner Brust kam eine Art Schluchzer.
»Entschuldigen Sie. Da man mir ihre Sachen ausgehändigt hat, die Kleider, die Münzen, die Papà in der Hosentasche hatte, die Eheringe, den Hausschlüssel … Also, ich bin hier, weil ich Sie um Erlaubnis bitten wollte … ich meine, ob ich in die Wohnung gehen kann, mit der Bestandsaufnahme anfangen -«
»Was haben Sie mit der Wohnung vor? Sie gehörte Ihren Eltern, nicht wahr?«
»Ja, sie hatten sie unter großen Opfern gekauft. Wenn es so weit ist, werde ich sie verkaufen. Ich habe ja eigentlich keinen Grund mehr, wieder nach Vigàta zu kommen.«
Noch ein unterdrückter Schluchzer. »Hatten Ihre Eltern weiteres Eigentum?«
»Nichts, gar nichts, soviel ich weiß. Sie lebten von ihren Renten. Papà hatte ein Postsparbuch, auf das er seine Rente und die von
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