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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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aufgerichtet, auf den Kissen leicht nach links geneigt, die Hände hinter dem Kopf verschränkt sah aus wie die nackte Maja von Goya. Doch nicht nur ihre Pose hatte bei Montalbano diese Assoziation geweckt: Die Unbekannte hatte die gleiche Frisur wie die Maja, und diese Frau hier lächelte ganz leise. Wie die Mona Lisa, kam es dem Commissario in den Sinn, da er schon mal bei einem Vergleich mit Gemälden war. Die Videokamera hielt inne, wie verzaubert von dem Bild, das sie selbst aufnahm. Die Unbekannte fühlte sich auf dem Laken und den Kissen äußerst wohl, entspannt, ganz in ihrem Element. Wahrlich eine Bettgefährtin. »Ist das die Frau, an die du beim Lesen der Briefe gedacht hast?«
    »Ja«, antwortete Augello.
    Kann in einem einzigen einsilbigen Wort aller Stolz der Welt stecken? Mimi war es gelungen, ihn ganz hineinzulegen.
    »Wie hast du das gemacht? Ich dachte, du hättest sie ein paar Mal flüchtig gesehen. Und immer bekleidet.«
    »Weißt du, er malt sie in seinen Briefen. Das heißt, nein: Er malt sie nicht, sondern fertigt einen Stich von ihr an.« Warum ließ einen diese Frau, wenn man von ihr sprach, an Kunst denken?
    »Zum Beispiel«, fuhr Mimi fort, »schreibt er von der mangelnden Proportion der Länge der Beine zu der des Oberkörpers, der, schau genau hin, im Verhältnis etwas weniger kurz sein müsste, als er ist. Und dann beschreibt er die Frisur, den Schnitt der Augen …«
    »Ich verstehe«, fiel ihm Montalbano, vor Neid erblassend, ins Wort. Kein Zweifel, Mimi hatte einen besonderen Blick für Frauen.
    Inzwischen hatte die Videokamera die Füße mit dem Zoom herangeholt, war sehr langsam, für kleine Momente an der Scham, am Bauchnabel, an den Brustwarzen verweilend, an ihrem Körper entlanggewandert und hatte an ihren Augen innegehalten.
    Konnten die Pupillen der Frau wirklich von einem inneren Licht glühen, das so stark war, dass ihre Augen wie von einem hypnotischen Strahlenkranz umgeben waren? Was war diese Frau, ein gefährliches Nachttier? Er sah genauer hin und war beruhigt. Das waren nicht die Augen einer Hexe, die Pupillen reflektierten das Licht der kleinen Scheinwerfer, mit denen Nenè Sanfilippo die Szene ausgeleuchtet hatte. Die Videokamera schwenkte auf den Mund. Die Lippen, zwei Flammen, die den ganzen Bildschirm ausfüllten, bewegten sich, öffneten sich, die katzenhafte Zungenspitze guckte hervor, fuhr erst über die Oberlippe, dann über die Unterlippe. Daran war nichts vulgär, aber die beiden Männer, die zusahen, staunten über die vehemente Sinnlichkeit dieser Geste. »Spul zurück und stell den Ton auf Maximum«, sagte Montalbano plötzlich. »Wozu?«
    »Sie hat etwas gesagt, da bin ich sicher.«
    Mimi tat es. Als der Bildausschnitt mit dem Mund wieder erschien, murmelte eine Männerstimme etwas, was nicht zu verstehen war.
    »Ja«, antwortete die Frau deutlich. Und fing an, sich mit der Zunge über die Lippen zu fahren. Es gab also einen Ton. Spärlich, aber er war da. Augello ließ ihn auf voller Lautstärke.
    Dann glitt die Kamera zum Hals, streichelte ihn wie eine zärtliche Hand von links nach rechts und von rechts nach links und wieder, wieder eine kaum auszuhaltende Liebkosung. Und man hörte tatsächlich, wie sie leise stöhnte. »Das ist das Meer«, sagte Montalbano.
    Mimi sah ihn irritiert an, mit Mühe den Blick vom Bildschirm wendend. »Was?«
    »Das andauernde rhythmische Geräusch, das man hört. Das ist kein Rascheln, kein Nebengeräusch im Hintergrund. Es ist das Rauschen des Meeres bei hohem Seegang. Das Haus, in dem sie filmen, liegt direkt am Meer, wie meines.«
    Diesmal sah Mimi ihn bewundernd an. »Was für ein feines Gehör du hast, Salvo! Wenn das das Rauschen des Meeres ist, dann weiß ich, wo sie diese Szene gedreht haben.«
    Der Commissario beugte sich nach vorn, nahm die Fernbedienung und spulte das Band zurück. »Was tust du da?«, protestierte Augello. »Schauen wir es nicht weiter an? Ich hab dir doch gesagt, dass ich es nur stellenweise gesehen habe!«
    »Wenn du brav bist, darfst du es später ganz anschauen. Kannst du mir inzwischen zusammenfassen, was du alles gesehen hast?«
    »So geht es weiter: Busen, Bauchnabel, Bäuchlein, Venushügel, Schenkel, Beine, Füße. Dann wendet sie sich um, und er filmt sie noch mal, von hinten. Zuletzt dreht sie sich wieder auf den Rücken, legt sich bequem hin, tut sich ein Kissen unter den Po und öffnet die Beine gerade so weit, dass die Kamera -«
    »Schon gut, schon gut«, unterbrach

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