Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
zu Hause.«
    »Du hättest im Büro anrufen können.«
    »Salvo, du weißt, dass ich dich dort ungern anrufe. Weißt du, was ich gemacht habe, um etwas von dir zu erfahren?«
    »Nein. Was denn?«
    »Ich habe den >Giornale di Sicilia< gekauft. Hast du ihn gelesen?«
    »Nein. Was steht denn drin?«
    »Dass du dich mit nicht weniger als drei Verbrechen herumschlägst, ein altes Ehepaar und ein Zwanzigjähriger. Der Schreiber des Artikels ließ auch durchblicken, dass du nicht mehr weißt, wo dir der Kopf steht. Kurzum, er schrieb, dass du auf dem absteigenden Ast bist.« Das könnte die Rettung sein. Sich unglücklich geben, von der modernen Zeit überholt, praktisch verständnislos und willensschwach. Da würde Livia sich beruhigen, und vielleicht würde sie ihn sogar bedauern.
    »Ach, meine Livia, wie wahr! Vielleicht werde ich alt, vielleicht ist mein Gehirn nicht mehr das, was es mal war.«
    »Nein, Salvo, keine Sorge. Dein Gehirn ist wie immer. Wie du mir mit deiner miserabel gespielten Nummer gerade beweist. Willst du gehätschelt werden? Ich falle nicht darauf rein, weißt du. Ich kenne dich zu gut. Ruf mich an. Natürlich nur, wenn du mal eine freie Minute hast.« Sie legte auf. Musste denn jedes Telefongespräch mit Livia im Streit enden? So konnte es nicht weitergehen, es musste unbedingt eine Lösung gefunden werden. Er ging in die Küche, füllte die Espressokanne, stellte sie aufs Feuer. Während er wartete, öffnete er die Glastür und trat auf die Veranda hinaus. Ein Tag, dass einem das Herz aufging. Klare, warme Farben, das Meer träge. Er atmete tief ein, und in diesem Augenblick klingelte wieder das Telefon.
    »Pronto! Pronto!«
    Keine Antwort, dafür klingelte das Telefon abermals. Wie war das möglich, er hatte doch abgenommen? Dann begriff er: Es war nicht das Telefon, sondern die Klingel an der Haustür.
    Es war Mimi Augello, der schneller gewesen war als ein Formel-1-Fahrer. Er stand in der Tür und konnte sich nicht entschließen hereinzukommen, ein breites Grinsen quer über dem Gesicht. Er hatte eine Videokassette in der Hand und wedelte damit vor Montalbanos Nase herum. »Hast du schon mal Getaway gesehen, einen Film, der …«
    »Ja, ich habe ihn gesehen.«
    »Und, hat er dir gefallen?«
    »Ganz gut.«
    »Die Version hier ist besser.«
    »Mimi, kommst du jetzt endlich rein? Geh mit in die Küche, der Kaffee ist fertig.«
    Er goss eine Tasse für sich und eine für Mimi ein, der ihm gefolgt war.
    »Komm, wir gehen rüber«, sagte Augello. Er hatte die Tasse mit einem Schluck geleert und sich dabei bestimmt die Kehle verbrannt, aber er hatte es zu eilig, er konnte es gar nicht erwarten, Montalbano seine Entdeckung zu zeigen und vor allem mit seiner Kombinationsgabe zu prahlen. Er war so aufgeregt, als er die Kassette einlegte, dass er sie verkehrt herum hineinstecken wollte. Er fluchte, legte sie richtig ein, startete sie. Nach zwanzig Minuten Getaway, die Mimi schnell durchlaufen ließ, gab es fünf Minuten, die gelöscht waren, man sah nur springende weiße Pünktchen, und der Ton brummte. Mimi nahm ihn ganz weg. »Ich glaube, sie sprechen nicht«, sagte er. »Was heißt, du glaubst?«
    »Weißt du, ich habe das Band nicht an einem Stück gesehen. Ich habe immer wieder vorgespult.« Dann erschien ein Bild. Ein Doppelbett, mit blendend weißem Laken bezogen, zwei Kissen so hingelegt, dass sie als Rückenstütze dienten, eines lehnte direkt an der hellgrünen Wand. Man sah auch zwei sehr elegante Nachtkästchen aus hellem Holz. Das war nicht Sanfilippos Schlafzimmer. Eine Minute lang geschah gar nichts, aber es war klar, dass derjenige, der die Videokamera führte, die richtige Einstellung suchte, alles war so weiß, dass es blendete. Dann wurde es schwarz. Daraufhin erschien wieder derselbe Bildausschnitt, aber näher, die Nachtkästchen waren nicht mehr zu sehen. Diesmal lag eine junge Frau um die Dreißig auf dem Bett, vollkommen nackt, prachtvoll gebräunt, ganz zu sehen. Die Enthaarung fiel auf, weil die Haut an der Stelle wie aus Elfenbein schien, offenbar war sie mit einem Tanga vor der Sonne geschützt worden. Als er die Frau sah, war der Commissario im ersten Augenblick wie elektrisiert. Er kannte sie, ganz bestimmt! Wo waren sie sich begegnet? Eine Sekunde später berichtigte er sich, nein, er kannte sie nicht, aber irgendwo hatte er sie schon gesehen. In einem Buch oder auf einer Reproduktion. Denn die Frau die sehr langen Beine und das Becken auf dem Bett, der übrige Körper

Weitere Kostenlose Bücher