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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Avvocato, ich wollte gerade ins Bett gehen, ich hatte einen harten Tag.«
    »Ich kann Sie gut verstehen.« Er gab sich ironisch, dieser Scheißadvokat.
    »Bringen Sie mir den Umschlag morgen früh ins Kommissariat. Gute Nacht.«
    Er legte auf. Er kehrte auf die Veranda zurück, besann sich dann aber anders. Er ging wieder ins Zimmer, nahm den Hörer ab und wählte eine Nummer. »Livia, Liebling, wie geht's dir?« Nur Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Livia?«
    »O Gott, Salvo, was ist passiert? Warum rufst du an?«
    »Warum soll ich denn nicht anrufen?«
    »Weil du nur anrufst, wenn du irgendwelchen Ärger hast.«
    »Ach komm!«
    »Doch, doch, so ist es. Wenn du keinen Ärger hast, rufe immer ich dich zuerst an.«
    »Stimmt, du hast Recht, entschuldige.«
    »Was wolltest du mir denn sagen?«
    »Dass ich lange über unsere Beziehung nachgedacht habe.«
    Livia, Montalbano hörte es deutlich, hielt den Atem an. Sie sagte nichts. Montalbano fuhr fort. »Mir ist bewusst geworden, dass wir oft und gern streiten. Wie ein altes Ehepaar, das unter den Verschleißerscheinungen des Zusammenlebens leidet. Dabei leben wir gar nicht zusammen.«
    »Sprich weiter«, flüsterte Livia kaum hörbar.
    »Da habe ich mir gesagt: Warum fangen wir nicht ganz von vorn an?«
    »Ich verstehe nicht. Was heißt das?«
    »Livia, was hieltest du davon, wenn wir uns verlobten?«
    »Sind wir das denn nicht?«
    »Nein. Wir sind verheiratet.«
    »Einverstanden. Und wie fangen wir damit an?«
    »So: Livia, ich liebe dich. Und du?«
    »Ich dich auch. Gute Nacht, Liebling.«
    »Gute Nacht.«
    Er legte auf. Jetzt konnte er die caponatina verputzen, ohne weitere Anrufe befürchten zu müssen.
     

Vierzehn
    Er wachte um sieben Uhr auf, nach einer Nacht so tiefen, traumlosen Schlafes, dass er, als er die Augen aufschlug, das Gefühl hatte, noch genauso dazuliegen wie beim Zubettgehen. Der Morgen war zwar nicht die reinste Wonne, verstreute Wolken sahen aus wie Schafe, die sich demnächst zur Herde versammelten, doch man sah deutlich, dass dieser Morgen nicht die Absicht hatte, für schwere Anfälle schlechter Laune zu sorgen. Montalbano schlüpfte in eine alte Hose, stieg von der Veranda herunter und ging barfuß am Meer spazieren. Die frische Luft reinigte seine Haut, seine Lunge, seine Gedanken. Er kehrte zurück, rasierte sich, stellte sich unter die Dusche. Immer hatte es, im Lauf jeder Ermittlung, mit der er sich zu befassen hatte, einen Tag gegeben, vielmehr einen präzisen Augenblick an einem bestimmten Tag, in dem ein unerklärliches körperliches Wohlbefinden, eine glückliche Leichtheit beim Sichverflechten der Gedanken, ein harmonisches Zusammenspiel der Muskeln ihm die Gewissheit gaben, seinen Weg mit geschlossenen Augen gehen zu können, ohne zu stolpern oder mit etwas oder jemandem zusammenzustoßen. Wie es manchmal im Reich der Träume geschieht. Er dauerte nur ganz kurz, dieser Augenblick, aber er genügte. Das wusste er längst aus Erfahrung, es war wie eine Wendeboje, die Marke einer nahen Kursänderung: Von diesem Zeitpunkt an würde sich jedes Teil des Puzzles, das Ermittlungen letztlich sind, von selbst an den richtigen Platz legen, mühelos, man musste es eigentlich nur wollen. Das war es, was unter der Dusche mit ihm geschah, obgleich vieles, um ehrlich zu sein, das meiste, noch im Dunkeln lag.
     
    Um viertel nach acht kam er mit dem Auto am Kommissariat an;
    er fuhr langsamer, um zu parken, dann überlegte er es sich anders und fuhr weiter in die Via Cavour. Die Pförtnerin sah ihn böse an und grüßte nicht einmal: Sie hatte gerade den Eingang gewischt, und die Schuhe des Commissario würden jetzt alles wieder schmutzig machen. Davide Griffo sah nicht mehr so blass aus, er hatte sich etwas erholt. Er schien sich nicht zu wundern, Montalbano zu sehen, und bot ihm gleich eine Tasse Kaffee an, den er gerade frisch gemacht hatte. »Haben Sie etwas gefunden?«
    »Nein«, sagte Griffo. »Und ich habe überall nachgesehen. Das Sparbuch ist nicht da, nichts Schriftliches ist da, was diese zwei Millionen monatlich für Papà erklären würde.«
    »Signor Griffo, Sie müssen mir helfen, mich zu erinnern.«
    »Bitte.«
    »Ich glaube, Sie sagten, dass Ihr Vater keine nahen Verwandten hatte.«
    »Das stimmt. Er hatte einen Bruder, ich weiß nicht mehr, wie er hieß, aber der ist 43 bei den Bombenangriffen der Amerikaner umgekommen.«
    »Aber Ihre Mutter hatte welche.«
    »Genau, einen Bruder und eine Schwester. Der Bruder, Zio Mario,

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