Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen
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»Setzen Sie sich wieder, bitte. Möchten Sie einen Schluck Wasser?«
Padre Crucillà nickte. Montalbano holte einen bùmmolo mit Wasser, das schön kühl war, und reichte ihn dem Pfarrer, der ihn an den Mund presste.
»Beweise habe ich keine, und ich glaube auch nicht, dass wir jemals welche haben werden.«
»Was dann?«
»Antworten Sie mir erst. Japichinu war nicht allein hier. Er hatte einen Leibwächter, der auch nachts bei ihm schlief, nicht wahr?«
»Ja.«
»Wie heißt er, wissen Sie das?«
»Lollo Spadaro.«
»War er ein Freund von Japichinu oder eine Vertrauensperson von Balduccio?«
»Von Don Balduccio. Er hatte das so gewollt. Japichinu mochte ihn zwar nicht, aber er sagte mir, mit Lollò fühle er sich sicher.«
»So sicher, dass Lollò ihn problemlos töten konnte.«
»Wie können Sie nur so etwas denken! Vielleicht haben sie Lollò die Kehle durchgeschnitten, bevor sie es mit Japichinu ebenso gemacht haben!«
»Im oberen Zimmer ist Lollòs Leiche nicht. Und hier unten auch nicht.«
»Vielleicht ist sie draußen, in der Nähe des Hauses!«
»Natürlich könnten wir sie suchen, aber es bringt nichts. Sie haben vergessen, dass ich und meine Leute das Haus umstellt haben, wir haben uns die Umgebung aufmerksam angesehen. Wir sind nirgends auf den ermordeten Lollò gestoßen.«
Padre Crucillà rang die Hände. Schweiß tropfte an ihm herab. »Aber warum sollte Don Balduccio uns dieses Theater vorgespielt haben?«
»Er wollte uns als Zeugen. Was hätte ich aus Ihrer Sicht nach der Entdeckung des Mordes denn tun sollen?«
»Was weiß ich - Was man normalerweise macht. Die Spurensicherung benachrichtigen, den Staatsanwalt …«
»Und dann hätte er die Rolle des Verzweifelten spielen und hinausposaunen können, dass es die neue Mafia war, die seinen geliebten Enkel umgebracht hat, den er so sehr geliebt hat, dass er ihn lieber hinter Gittern sah und ihn überreden konnte, sich mir zu stellen, und Sie waren dabei, ein Pfarrer - Ich sagte es bereits: Er hat uns verarscht. Aber nicht komplett. Weil ich in fünf Minuten weggehe und es sein wird, als sei ich nie in dieser Gegend gewesen. Balduccio wird sich was anderes einfallen lassen müssen. Aber geben Sie ihm, wenn Sie ihn sehen, einen Rat: Er soll seinen Enkel heimlich beerdigen lassen, keinen Wirbel darum machen.«
»Aber wie - wie sind Sie zu diesem Schluss gekommen?«
»Japichinu war ein gehetztes Tier. Er war vor allem und jedem auf der Hut. Glauben Sie, er hätte einem, den er nicht gut kannte, den Rücken zugewandt?«
»Nein.«
»Japichinus Kalaschnikow liegt auf seinem Bett. Glauben Sie, er wäre hier unten unbewaffnet in Gegenwart einer Person herumspaziert, der er nicht unbedingt trauen konnte?«
»Nein.«
»Und noch etwas: Hat man Ihnen gesagt, wie Lollò sich im Fall von Japichinus Festnahme verhalten sollte?«
»Ja. Er sollte sich ebenfalls widerstandslos festnehmen lassen.«
»Wer hatte ihm diesen Befehl gegeben?«
»Don Balduccio persönlich.«
»Das hat Balduccio Ihnen erzählt. Doch zu Lollò hat er etwas ganz anderes gesagt.«
Padre Crucillà hatte einen trockenen Hals und klammerte sich wieder an den bùmmolo.
»Warum wollte Don Balduccio den Tod seines Enkels?«
»Ich weiß es offen gesagt nicht. Vielleicht hat er sich an Vereinbarungen nicht gehalten, vielleicht erkannte er die Autorität des Großvaters nicht an. Wissen Sie, Erbfolgekriege finden nicht nur zwischen Königen oder in der Großindustrie statt -« Er stand auf.
»Ich gehe jetzt. Soll ich Sie zu Ihrem Wagen begleiten?«
»Nein, danke«, antwortete der Pfarrer. »Ich würde gern noch eine Weile bleiben und beten. Ich hatte ihn gern.«
»Wie Sie wollen.«
An der Tür wandte sich der Commissario um. »Ich wollte Ihnen danken.«
»Wofür?«, fragte der Pfarrer alarmiert.
»Bei all den Vermutungen, die Sie über die möglichen Mörder von Japichinu angestellt haben, haben Sie nicht den Namen des Leibwächters erwähnt. Sie hätten sagen können, dass Lollò Spadaro es war, der sich der neuen Mafia verkauft hat. Aber Sie wussten, dass Lollò nie und nimmer Balduccio Sinagra verraten hätte. Ihr Schweigen war eine absolute Bestätigung des Bildes, das ich mir gemacht hatte. Ah ja, eins noch: Wenn Sie gehen, denken Sie daran, das Licht auszuschalten und die Tür gut zuzumachen. Ich möchte nicht, dass irgendein streunender Hund … verstehen Sie?«
Er ging hinaus. Die Nacht war vollkommen dunkel. Auf dem Weg zum Auto stolperte er über Steine und
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