Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen
eine außergewöhnliche Gemäldesammlung haben. Vanja sagt, dass es eine Art Krankheit ist, das mit den Bildern. Er hat unglaublich viel Geld dafür ausgegeben.«
»Denk nach, bevor du antwortest: Wäre er fähig, Vanjas Geliebten umzubringen oder umbringen zu lassen, wenn er dahinter käme, dass sie ihn betrügt?« Ingrid lachte.
»Wo denkst du hin! Er scherte sich überhaupt nicht mehr um Vanja!«
»Aber wäre es nicht möglich, dass Vanjas Abreise von ihrem Mann gewollt war, um sie von ihrem Geliebten fern zu halten?«
»Das ja, das könnte sein. Wenn er es getan hat, dann nur, um eventuelle Gerüchte, peinliches Gerede zu vermeiden. Aber er ist nicht der Typ, der zu mehr fähig wäre.«
Sie sahen sich schweigend an. Es gab weiter nichts zu sagen. Plötzlich fiel Montalbano etwas ein. »Wenn du kein Auto hast, wie kommst du dann nach Hause?«
»Soll ich ein Taxi rufen?«
»Um diese Uhrzeit?«
»Dann schlafe ich hier.«
Montalbano spürte, wie ihm etwas Schweiß auf die Stirn trat.
»Und dein Mann?«
»Mach dir da mal keine Gedanken.«
»Nimm doch mein Auto und fahr jetzt.«
»Und du?«
»Ich lass mich morgen früh abholen.« Ingrid sah ihn schweigend an.
»Hältst du mich für eine geile Nutte?«, fragte sie sehr ernst, und in ihrem Blick lag etwas Melancholisches. Der Commissario war beschämt. »Bleib, es würde mich freuen«, sagte er aufrichtig. Als hätte sie schon immer in diesem Haus gewohnt, öffnete Ingrid eine Schublade der Kommode und nahm ein frisches Hemd heraus. »Darf ich das anziehen?«
Mitten in der Nacht merkte Montalbano im Halbschlaf, dass der Körper einer Frau neben ihm lag. Das konnte nur Livia sein. Er streckte eine Hand aus und legte sie auf eine feste, glatte Pobacke. Und dann traf ihn fast der Schlag. Großer Gott, das war nicht Livia. Schnell zog er seine Hand zurück. »Tu sie wieder hin«, sagte Ingrids Stimme schlaftrunken.
»Es ist halb sieben. Der Kaffee ist fertig«, sagte Ingrid und berührte behutsam seine kaputte Schulter. Der Commissario schlug die Augen auf. Ingrid hatte nur sein Hemd an.
»Entschuldige, wenn ich dich so früh wecke. Aber du hast vor dem Einschlafen selbst gesagt, dass du um acht im Büro sein musst.«
Er stand auf. Er hatte weniger Schmerzen, aber der enge Verband behinderte ihn in seinen Bewegungen. Die Schwedin nahm ihn ab.
»Wenn du dich gewaschen hast, lege ich ihn dir wieder an.« Sie tranken Kaffee. Montalbano musste die linke Hand benutzen, die rechte war noch lahm. Wie sollte er sich waschen? Ingrid schien seine Gedanken zu lesen. »Lass mich nur machen«, sagte sie.
Im Bad half sie dem Commissario, die Unterhose auszuziehen. Sie legte ihr Hemd ab. Montalbano vermied es sorgfältig, sie anzuschauen. Ingrid dagegen benahm sich, als wäre sie seit zehn Jahren mit ihm verheiratet. Unter der Dusche seifte sie ihn ein. Montalbano tat gar nichts, er fühlte sich, und es war ihm ein Genuss, wieder wie ein kleiner Junge, als liebevolle Hände seinen Körper genauso bearbeiteten.
»Ich stelle deutliche Zeichen des Aufwachens fest«, sagte Ingrid lachend.
Montalbano sah an sich hinunter und wurde feuerrot. Die Zeichen waren mehr als deutlich. »Entschuldige, tut mir furchtbar leid.«
»Was tut dir denn so furchtbar leid?«, fragte Ingrid. »Dass du ein Mann bist?«
»Dreh lieber das kalte Wasser auf«, sagte der Commissario.
Danach kam die Tortur des Abtrocknens. Zufrieden seufzend zog er die Unterhose an, als wäre dies das Signal für überstandene Gefahr. Bevor sie ihn frisch verband, kleidete Ingrid sich wieder an. So konnte, seitens des Commissario, alles ruhiger vonstatten gehen. Bevor sie das Haus verließen, tranken sie noch eine Tasse Kaffee. Ingrid setzte sich ans Steuer.
»Du lässt mich jetzt am Kommissariat raus und fährst dann mit meinem Wagen nach Montelusa«, sagte Montalbano.
»Nein«, sagte Ingrid, »ich lade dich am Kommissariat ab und nehme ein Taxi. Das ist einfacher für mich, als den Wagen wieder zurückzubringen.«
Die halbe Strecke über schwiegen sie. Aber ein Gedanke rumorte im Hirn des Commissario, der sich irgendwann ein Herz fasste und fragte: »Was ist heute Nacht zwischen uns passiert?«
Ingrid lachte. »Erinnerst du dich nicht?«
»Nein.«
»Ist es dir wichtig, dich zu erinnern?«
»Ich denke schon.«
»Gut. Weißt du, was passiert ist? Nichts, wenn deine Skrupel ein Nein haben wollen.«
»Und wenn ich diese Skrupel nicht hätte?«
»Dann ist alles passiert. Wie es dir besser
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