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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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rammte die Tür mit der Schulter, die Tür rührte sich nicht. Der Schmerz in Schulter und Brust war so stark, dass ihm Tränen in die Augen traten. Warum war die verfluchte Tür nicht aufgegangen? Natürlich: Er hatte vergessen, dass er, bevor er die Tür mit der Schulter rammte, das zweite Schloss so zurichten musste wie das erste. Seine verschwitzte Hose störte ihn. Er zog sie aus, legte sie ausgebreitet neben das Hemd und das Unterhemd. Nach einer weiteren Stunde wackelte auch das zweite Schloss. Montalbanos Schulter war geschwollen, sie klopfte. Er machte sich mit Hammer und Geißfuß zu schaffen. Aus unerfindlichen Gründen hielt die Tür stand. Plötzlich packte ihn eine unzähmbare Wut: Wie in einem Donald-Duck-Zeichentrickfilm ging er mit Fußtritten und Fausthieben auf die Tür los und schrie dabei wie ein Irrer. Er humpelte zum Auto. Sein linker Fuß schmerzte, er zog die Schuhe aus. Und da hörte er ein Geräusch: Von allein und just wie in einem Zeichentrickfilm hatte die Tür beschlossen, ihren Widerstand aufzugeben,  und fiel  in  das Zimmer hinein.
    Montalbano stürzte hinterher. Der ehemalige Stall, verputzt und geweißelt, war vollkommen leer. Kein Möbel, kein Stück Papier: einfach nichts, als wäre er nie benutzt worden. Unten an den Wänden zahlreiche Elektro- und Telefonsteckdosen. Der Commissario stand da, starrte diese Leere an und begriff gar nichts. Dann, als es dunkel geworden war, gab er sich einen Ruck. Er hob die Tür auf und lehnte sie an den Türrahmen, klaubte Unterhemd, Hemd und Hose zusammen und warf sie auf den Rücksitz, nur die Jacke zog er an, schaltete die Scheinwerfer ein und machte sich auf den Weg nach Marinella, in der Hoffnung, dass ihn unterwegs niemand anhielt. Die Nacht vertan und ein Mädchen geboren.
     
    Er fuhr eine Strecke, die viel länger war, aber sie ersparte ihm die Fahrt durch Vigàta. Er musste langsam fahren, weil er stechende Schmerzen in der rechten Schulter hatte, die sich aufgebläht anfühlte wie ein frisch gebackener Brotlaib. Er parkte auf dem Vorplatz an der Haustür, sammelte jammernd Hemd, Unterhemd, Hose und Schuhe ein, löschte die Scheinwerfer und stieg aus. Die Lampe, die die Haustür beleuchtete, war nicht eingeschaltet. Er trat zwei Schritte vor und blieb wie gelähmt stehen. Direkt neben der Tür war ein Schatten, jemand wartete auf ihn. »Wer ist da?«, fragte er gereizt.
    Der Schatten antwortete nicht. Der Commissario ging noch mal zwei Schritte vor und erkannte ihn. Es war Ingrid, die ihn mit offenem Mund und aufgerissenen Augen anstarrte und kein Wort herausbrachte. »Ich erklär's dir später«, fühlte sich Montalbano verpflichtet zu sagen und versuchte dabei die Schlüssel aus der Tasche der Hose zu holen, die er im Arm hatte.
    Ingrid war wieder zu sich gekommen und nahm ihm die Schuhe ab. Endlich ging die Tür auf. Im Licht musterte Ingrid ihn neugierig und fragte dann: »Bist du mit den California Dream Men aufgetreten?«
    »Wer ist denn das?«
    »Männer, die Striptease machen.« Der Commissario erwiderte nichts und zog das Jackett aus. Als Ingrid seine geschwollene Schulter sah, schrie sie nicht, verlangte keine Erklärung. Sie sagte einfach: »Hast du was zum Einreiben im Haus?«
    »Nein.«
    »Gib mir den Autoschlüssel und leg dich ins Bett.«
    »Wo willst du hin?«
    »Irgendeine Apotheke wird ja wohl offen haben, oder?«, sagte Ingrid und steckte auch den Hausschlüssel ein. Montalbano zog sich aus, er musste ja nur die Strümpfe und die Unterhose ablegen, und stellte sich unter die Dusche. Der große Zeh des verletzten Fußes sah inzwischen aus wie eine mittelgroße Birne. Als er aus der Dusche kam, blickte er auf die Uhr, die er auf das Nachtkästchen gelegt hatte. Es war schon halb zehn, und er hatte es gar nicht gemerkt. Er rief im Kommissariat an, und als Catarella sich meldete, verstellte er seine Stimme. »Pronto? Isch bin Monsieur Hulot. Je cherche Monsieur Augello.«
    »Sind Sie ein Franzose aus Frankreich?«
    »Oui. Je cherche Monsieur Augello oder, comme ihr sagt, Monsieur Augello.«
    »Herr Franzose, er ist nicht da.«
    »Merci.«
    Er wählte Mimìs Nummer zu Hause. Er ließ es lange läuten, aber niemand nahm ab. Jetzt war ihm schon alles egal, und er schlug Beatrices Nummer im Telefonbuch nach. Sie meldete sich sofort.
    »Beatrice, hier ist Montalbano. Verzeihen Sie, dass ich so unverschämt bin, aber -«
    »Wollen Sie mit Mimì sprechen?«, fragte das göttliche Geschöpf schlicht und einfach. »Er kommt

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