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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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nämlich Ragioniere Emanuele Gar­gano. Der ahnt im Nu die Wahlverwandtschaft. Er stellt Pellegrino ein und betraut ihn mit der Zeit mit dem einen oder anderen Auftrag, den er den beiden anderen Ange­stellten wohlweislich nicht gibt. Dann ändert sich die Beziehung zwischen Gargano und Pellegrino, sie entde­cken, dass hire Wahlverwandtschaft nicht auf das Geld beschränkt ist, sondern auf die Gefühlswelt ausgedehnt werden kann. Ich sagte, dass diese Personen nie naiv sind, aber es gibt verschiedene Grade von Naivität. Sagen wir, Giacomo ist etwas schlauer als der Ragioniere, aber dieser kleine Unterschied genügt dem jungen Mann vollauf.«
    »Inwiefern?«, fragte Augello.
    »Insofern, als Giacomo sehr bald entdeckt haben muss, dass bei der >König Midas< irgendwas nicht stimmt, aber das hat er für sich behalten, er hat jedoch beschlossen, auf­merksam zu verfolgen, was sein Arbeitgeber alles tut und unternimmt. Er beginnt Daten zu sammeln, Zusammen­hänge herzustellen. Durch die intime Beziehung, die sich entwickelt hat, kann er auch die eine oder andere Frage stellen, die beiläufig klingt, aber auf ein konkretes Ziel gerichtet ist, nämlich immer weiter in Garganos Pläne ein­zudringen.«
    »Und Gargano ist so verliebt in den jungen Mann, dass er nie Verdacht schöpft?«, fragte Fazio mit skeptischer Miene.
    »Du triffst den Nagel auf den Kopf«, sagte der Commis­sario. »Das ist die heikelste Stelle des Romans, an dem wir schreiben. Versuchen wir zu verstehen, wie die Figur Gargano handelt. Erinnere dich, dass ich eingangs sagte, ihre Beziehung sei von Zwiespältigkeit gekennzeichnet.
    Ich bin überzeugt, dass Gargano irgendwann ahnt, dass Giacomo gefährlich nahe dran ist, das System seines Be­trugs zu durchschauen. Aber was kann er tun? Ihn zu ent­lassen wäre noch schlimmer. Und deshalb spielt er u fìssa pi nun jrì a la guerra, er stellt sich blöd, damit er nicht in den Krieg muss.«
    »Hofft er, dass Pellegrino es bei dem Haus, das er von ihm bekommen hat, belässt?«, fragte Mimi. »Zum Teil hofft er es, denn er ist nicht sicher, ob Gia­como ihn erpresst oder nicht: Der junge Mann wird ihn wahrscheinlich überredet und gesagt haben, dass es doch schön wäre, ein Liebesnest zu haben, einen Platz, an dem sie auch zusammen würden leben können, wenn der Ra­gioniere sich von seinen Geschäften erst mal zurückgezo­gen hätte. Er wird ihn in diesem Sinne beruhigt haben. Alle beide wissen, und keiner sagt's dem anderen, wie die ganze Geschichte enden wird. Gargano wird sich mit dem Geld ins Ausland absetzen, und Giacomo, der in keinster Weise in den Betrug verwickelt zu sein scheint, kann in Ruhe sein Haus genießen.«
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum Giacomo zu sei­nem Onkel gesagt hat, er würde nach Deutschland fah­ren«, sagte Fazio wie zu sich selbst.
    »Damit der Onkel uns das erzählt, wenn wir Gargano su­chen würden. Wir hätten Giacomos Rückkehr abgewartet, ohne weiter nachzuforschen. Dann wäre er später mit Un­ schuldsmiene bei uns erschienen und hätte erzählt, dass er zwar in Deutschland gewesen sei, aber das sei ein Trick von Gargano gewesen, um ihn loszuwerden. Er hätte näm­lich als Einziger rechtzeitig durchschauen können, dass der Ragioniere kurz davor war, das Netz einzuholen. Er hätte uns erzählt, dass bei den Banken, zu denen Gargano ihn geschickt habe, keine Lira zu finden gewesen sei, Gar­gano hätte dort nie Geld eingezahlt.«
    »Aber wozu dieser ganze Aufstand mit den Flugtickets?«, insistierte Fazio.
    »Um sich auf jeden Fall abzusichern. Abzusichern gegen alle: gegen Gargano und gegen uns. Glaubt mir, Giacomo hatte das gut eingefädelt. Aber es ist ihm etwas Unvorher­gesehenes dazwischengekommen.«
    »Was denn?«, fragte Mimi.
    »Ein Revolverschuss mitten ins Gesicht ist doch unvorher­gesehen genug, oder?«, fragte der Commissario.

Vierzehn
    »Sollen wir mit der zweiten Folge morgen weitermachen? Wisst ihr, ich merke gerade, dass sich hier eher eine Fern­sehserie als ein Roman anbahnt. Wenn ich diesen Roman schreiben und veröffentlichen würde, würde irgendein Kritiker das bestimmt so sagen und noch hinzufügen: >eine TV-Serie, und zwar keine besonders gute<. Also?« Montalbanos Vorschlag rief den Protest der beiden ein­zigen Zuhörer hervor. Er konnte sich über die Einschalt­quote nicht beklagen. Er war gezwungen fortzufahren, nachdem er um eine kurze Kaffeepause gebeten und man ihm diese zugebilligt hatte.
    »Doch in letzter Zeit scheint

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