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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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er schlief, und ihn erschossen. Aus Eifersucht? Eine wahn­sinnige Reaktion, als sie von der Beziehung ihres Emanu­ele mit Giacomo erfuhr? Nein, das hätte Mariastella nie getan. Und da begriff er: Sie hatte ihn aus Liebe getötet, um ihn, den einzigen Menschen, den sie in ihrem Leben wirklich geliebt hatte, vor der Verachtung, der Schande, dem Gefängnis zu bewahren. Es konnte keine andere Er­klärung geben. Montalbanos dunkelste (oder klarste) Seite suggerierte ihm eine einfache Lösung: das Paket zu neh­men, es in den Kofferraum seines Wagens zu laden, an die­selbe Stelle zu fahren, an der Giacomo ermordet wurde, und es ins Meer zu werfen. Niemand wäre darauf gekom­men, dass Mariastella Cosentino in die Geschichte ver­wickelt war. Und er hätte sich über Guarnottas Gesicht amüsiert, wenn dieser Garganos Leiche sorgfältig in Plas­tik eingewickelt gesehen hätte: Warum hat ihn die Mafia denn eingepackt?, hätte er sich entgeistert gefragt. Aber er war Polizist.
    Er stand auf, mittlerweile war es acht Uhr, und ging zum Telefon, vielleicht war Guarnotta noch im Büro. »Pronto, Guarnotta? Hier ist Montalbano.« Der Commissario erklärte ihm, was er zu tun hatte. Dann kehrte er in Mariastellas Schlafzimmer zurück, wischte ihr mit dem Zipfel des Leintuchs den Schweiß von der Stirn, setzte sich hin und nahm wieder ihre Hand. Dann, nach wie viel Zeit, wusste er nicht, hörte er meh­rere Autos vorfahren. Er öffnete die Haustür und ging Guarnotta entgegen.
    »Hast du einen Krankenwagen und eine Schwester geru­fen?«
    »Sind unterwegs.«
    »Da ist ein Aktenkoffer, der ist wichtig. Vielleicht kannst du das gestohlene Geld wiederbeschaffen.« Auf der Fahrt nach Marinella musste er zweimal stehen bleiben. Er konnte nicht mehr fahren, er war erschöpft, und nicht nur körperlich. Beim zweiten Mal hielt er an und stieg aus. Längst war es richtig Nacht geworden. Er atmete tief durch. Und da merkte er, dass die Nacht jetzt anders roch: Es war ein leichter, frischer Geruch, es war der Geruch von jungem Gras, Zitronellgras, Waldbergminze. Sehr müde, aber getröstet fuhr er weiter. Er betrat sein Haus und blieb wie angewurzelt stehen. Livia stand mitten im Zimmer, mit grimmigem Gesicht, die Augen glitzernd vor Wut. Mit beiden Händen hielt sie den Pullover in die Höhe, den er vergessen hatte zu vergraben. Montalbano öffnete den Mund, aber es kam kein Ton heraus. Da sanken Livias Arme langsam herab, und ihr Gesicht veränderte sich. »O Gott, Salvo, was hast du? Was ist denn passiert?« Sie warf den Pullover auf den Boden, lief zu ihm und um­armte ihn.
    »Was ist passiert, Liebling? Was hast du?«
    Sie drückte ihn an sich, verzweifelt und erschrocken.
    Noch war Montalbano nicht imstande, zu sprechen oder die Umarmung zu erwidern. Er hatte einen einzigen klaren, festen Gedanken:
    Gott sei Dank ist sie da.

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