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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Sie zu, Dottore. Ich bitte Sie um etwas, auf meine Ver­antwortung. Signorina Mariastella, und stellen Sie mir jetzt keine Fragen, muss ein paar Stunden lang tief schlafen.« Er legte auf und atmete drei- oder viermal tief durch. »Er kommt gleich«, sagte er, als er wieder in den Salon ging und dabei so normal wie möglich auszusehen versuchte. »Tut es so weh?«
    »Ja.«
    Als er die Geschichte später erzählte, konnte sich der Com­missario nicht erinnern, was sie sonst noch gesprochen hatten. Vielleicht hatten sie geschwiegen. Als er ein Auto kommen hörte, stand Montalbano auf und öffnete die Haustür.
    »Ich bitte Sie, Dottore, behandeln Sie sie, tun Sie, was Sie für richtig halten, aber versetzen Sie sie vor allem in Tief­schlaf. Im Interesse der Signorina.«
    Der Dottore blickte ihm lange in die Augen und fragte am Ende nichts.
    Montalbano blieb draußen, er steckte sich eine Zigarette an, ging vor dem Haus auf und ab. Es dämmerte. Er musste an Professore Tommasino denken. Wonach roch die Nacht? Er atmete tief ein. Sie roch nach fauligem Obst, nach Dingen, die sich zersetzten.
    Der Dottore kam eine halbe Stunde später aus dem Haus. »Sie hat sich nichts gebrochen, zwei böse Quetschungen, eine an der Schulter, die ich verbunden habe, und eine an der Hüfte. Ich habe sie überredet, sich ins Bett zu legen, und das getan, was Sie wollten, sie schläft schon, es wird ein paar Stunden anhalten.«
    »Danke, Dottor La Spina. Und für Ihre Bemühungen möchte ich…«
    »Schon gut, ich behandle Mariastella seit ihren Kinder­tagen. Aber ich möchte sie nicht allein lassen, ich würde gern eine Krankenschwester rufen.«
    »Ich bleibe hier, machen Sie sich keine Sorgen.« Sie verabschiedeten sich voneinander. Der Commissario wartete, bis das Auto verschwunden war, ging ins Haus und schloss die Tür ab. Jetzt kam das schwierigste Kapitel, er musste aus freien Stücken in den Alptraum der Erzäh­lung zurückkehren, selbst wieder zu einer Figur darin wer­den. Er blickte in Mariastellas Schlafzimmer, sie schlief in ihrem Bett, Grabeshauch… über den Bettvorhängen in verblichenem Rosenrot, über den rosig abgeschirmten Lämpchen, auf dem Frisiertisch, auf dem elegant angeord­neten Kristall und den Toilettengegenständen… Aber es war kein unbeschwerter Schlaf, ihre langen eisengrauen Haare schienen auf dem Kissen immerzu in Bewegung. Schließlich öffnete er die andere Tür, schaltete den Kron­leuchter an und betrat das Zimmer. Das Paket auf dem Bett schimmerte von den Lichtreflexen auf der Plastik­folie. Er trat näher und beugte sich darüber. Emanuele Garganos Unterhemd war auf Höhe des Herzens versengt, die Eintrittsöffnung war deutlich zu sehen. Er hatte nicht Selbstmord begangen, die Pistole lag ordentlich auf dem anderen Nachtkästchen. Mariastella hatte ihn im Schlaf getötet. Auf dem Nachtkästchen neben dem Toten lagen eine Brieftasche und eine Rolex. Am Boden befand sich, neben dem Bett, ein geöffneter Aktenkoffer mit Compu­terdisketten und Unterlagen. Pellegrinos Aktenkoffer. Jetzt musste er wirklich zum Ende der Erzählung kom­men. Sah man auf dem zweiten Kissen den Abdruck eines Kopfes? Lag auf dem zweiten Kissen ein langes eisengraues Haar? Er zwang sich hinzusehen. Auf dem zweiten Kis­sen war kein Abdruck, kein eisengraues Haar.
    Erleichtert atmete er auf. Wenigstens das war ihm erspart geblieben. Er löschte das Licht, ging hinaus, schloss die Tür, kehrte in Mariastellas Schlafzimmer zurück, holte einen Stuhl und setzte sich neben sie. Jemand hatte ihm einmal gesagt, künstlich herbeigeführter Schlaf sei traum­los. Warum lag dieser arme Körper dann immer wieder quer und zuckte heftig wie unter einem starken Strom­schlag? Und derselbe Jemand hatte ihm erklärt, im Schlaf könne man nicht wirklich weinen. Warum quollen dann große Tränen unter den Augenlidern der Frau hervor? Was wusste man schon, was wussten auch Wissenschaft­ler, was im geheimnisvollen, unergründlichen, unerzählbaren Land des Schlafes geschehen konnte. Er nahm ihre Hand in seine Hände. Sie glühte. Er hatte Gargano über­schätzt, der war nur ein Betrüger, den Mord an Giacomo hatte er nicht ertragen. Er hatte das Auto ins Meer ge­stürzt, den Aktenkoffer an sich genommen und darauf­hin eiligst an Mariastellas Tür geklopft, er wusste, dass die Frau niemals geredet, ihn niemals verraten hätte. Und Mariastella hatte ihn empfangen, getröstet, ihm Unter­schlupf gewährt. Dann hatte sie dafür gesorgt, dass

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