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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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noch die Miete und das Telefon für die Agentur bezahlt?«
    »Klar.«
    »Hat sie denn Geld?«
    »Etwas muss der Vater ihr hinterlassen haben. Weißt du was? Sie wollte mir aus eigener Tasche zwei ausstehende Gehälter zahlen. >Der Ragioniere gibt mir das später zurück<, sagte sie. Nein, warte. Sie sagte sogar, wobei sie feu­errot wurde: >Emanuele gibt mir das später zurück.< Sie ist verrückt nach diesem Mann und will sich der Wirklich­keit nicht stellen.«
    »Und was ist die Wirklichkeit?«
    »Dass Gargano sich im besten Fall auf einer Insel in der Südsee amüsiert. Im schlimmsten Fall fressen ihn die Fische.«
    Sie waren angekommen. Michela küsste Montalbano auf die Wange und stieg aus. Dann beugte sie sich zum Seiten­fenster hinein und sagte:
    »Drei Prüfungen muss ich in Palermo ablegen.«
    »Alles Gute«, sagte Montalbano. »Lass mich wissen, wie's gelaufen ist.«
    Er fuhr direkt nach Marinella zurück. Als er das Haus be­trat, merkte er gleich, dass Adelina ihre Arbeit wieder aufgenommen hatte, Unterwäsche und gebügelte Hem­den lagen auf dem Bett. Er öffnete den Kühlschrank, aber der war leer bis auf schwarze Oliven, mit Essig, Öl und Oregano angemachte Anchovis und eine dicke Scheibe caciocavallo. Die leise Enttäuschung verflog, als er den Backofen öffnete: Da stand die legendäre pasta 'ncasciata! Eine Portion für vier. Er verspeiste sie langsam und beharr­lich. Dann setzte er sich, weil der Tag es erlaubte, auf die Veranda. Er musste nachdenken. Aber er dachte nicht nach. Bald nickte er beim Geräusch der Brandung sanft ein. Gott sei Dank bin ich kein Krokodil, sonst würde ich in meinen Tränen ertrinken.
    Das war das letzte Sinnige oder Unsinnige, das ihm durch den Kopf ging.
    Um vier Uhr nachmittags saß er in seinem Zimmer im Kommissariat, und gleich kam Mimi herein. »Wo warst du?«
    »Ich habe meine Pflicht getan. Als ich es erfahren habe, bin ich auf schnellstem Weg hingefahren und habe mich Guarnotta zur Verfügung gestellt. In deinem Namen und laut Weisung unseres Questore. Das ist schließlich unser Gebiet, oder? Habe ich das gut gemacht?« Wenn Augello es darauf anlegte, stellte er alle in den Schat­ten.
    »Sehr gut.«
    »Ich habe ihm gesagt, dass ich einzig und allein zu seiner Unterstützung da sei. Wenn er wollte, würde ich Zigaret­ten für ihn holen gehen. Er fand das sehr anerkennens­wert.«
    »Haben sie Garganos Leiche gefunden?«
    »Nein, und sie sehen schwarz. Sie haben einen alten Fischer aus der Gegend gefragt. Der hat gesagt, wenn Gar­gano nicht an irgendeinem Felsen festhängt, ist die Leiche bei der starken Strömung längst Richtung Tunesien unter­wegs. Folglich wollen sie am Abend die Suche einstellen.« In der Tür erschien Fazio. Der Commissario gab ihm ein Zeichen, hereinzukommen und sich zu setzen. Fazio sah erwartungsvoll drein. Sichtlich konnte er kaum an sich halten.
    »Und jetzt?«, fragte Montalbano Mimi. »Für morgen Vormittag hat Guarnotta eine Pressekon­ferenz anberaumt.«
    »Weißt du, was er sagen wird?«
    »Klar. Wäre ich sonst wie ein Irrer an diesen grässlichen Platz gefahren? Er wird sagen, dass sowohl Gargano wie Pellegrino einem Racheakt der Mafia zum Opfer gefallen sind, weil unser Ragioniere sie reingelegt hat.«
    »Und woher soll diese vermaledeite Mafia, ich sage es noch mal, einen Tag vorher gewusst haben, dass Gargano seinen Verpflichtungen nicht nachkommen würde, weshalb sie ihn dann ermordet hat? Wenn sie ihn am 1. oder am 2. Sep­ tember ermordet hätten, dann hätte mir das eingeleuch­tet. Aber ihn am Tag vorher zu ermorden, findest du das nicht zumindest merkwürdig?«
    »Klar finde ich das merkwürdig. Sehr merkwürdig. Aber frag das Guarnotta und nicht mich.«
    Der Commissario wandte sich mit einem breiten Grinsen Fazio zu.
    »Wie schön, dich zu sehen!«
    »Ich hab was«, sagte Fazio reserviert. »Un carrico da undici.«
    Er meinte damit, dass er einen Trumpf in der Hinterhand hatte. Montalbano stellte ihm keine Fragen, er gönnte ihm die Genugtuung und ließ ihm Zeit. Dann holte Fazio einen Zettel aus der Jackentasche, konsultierte ihn und fuhr fort:
    »Es hat mich viel gekostet, herauszubekommen, was ich herausbekommen wollte.«
    »Hast du zahlen müssen?«, fragte Augello.
    Fazio sah ihn angewidert an.
    »Ich meine damit, dass es mich viele Worte und viel Ge­duld gekostet hat. Die Banken weigern sich, über die Ge­schäfte ihrer Kunden Auskunft zu geben, erst recht, wenn diese Geschäfte stinken. Wie auch immer,

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