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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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»Cucù! Cucù!«
    Er wandte sich rasch um und sah Ragioniere Gargano. Auch der war tot, und schon seit langer Zeit, das Gesicht war von grünem Moos überwachsen, Algen schlangen sich um seine Arme und Beine. Die Strömung ließ ihn sich langsam um sich selbst drehen, wie wenn er am Spieß bra­ten würde. Jedesmal, wenn Garganos Gesicht, oder was davon übrig war, zu Montalbano hersah, öffnete es den Mund und sagte: »Cucù! Cucù!«
    Er wachte auf, mit Mühe tauchte er aus dem Traum auf, schweißgebadet. Er knipste das Licht an. Und hatte das Gefühl, ein zweites Licht, heftig und schnell wie ein Blitz, sei ganz kurz in seinem Kopf explodiert. Er dachte den von Zitos Anruf unterbrochenen Satz zu Ende: Signorina Mariastella Cosentino benahm sich, als ob sie ganz genau wüsste, wo Ragioniere Gargano sich ver­steckt hielt.

Fünfzehn
    Nach diesem Gedanken konnte er kaum noch schlafen. Er nickte ein und wachte keine halbe Stunde später wieder auf, und sofort war er mit den Gedanken bei Mariastella Cosentino. Von zweien der drei Angestellten der »König Midas« hatte er sich ein konkretes Bild machen können, obwohl er Giacomo, außer als Toten, nie gesehen hatte. Um sieben stand er auf, legte die Videokassette ein, die man ihm bei »Retelibera« zusammengestellt hatte, und sah sie sich aufmerksam an. Mariastella war, anlässlich der Einweihung der Agentur in Vigàta, zweimal zu sehen, und beide Male neben Gargano. Und wie sie ihn bewundernd ansah. Liebe auf den ersten Blick also, die im Lauf der Zeit total, absolut werden sollte. Er musste mit der Frau reden, und er hatte einen guten Vorwand. Da seine Vermutungen nach und nach durch die Fakten bestätigt wurden, wollte er sie fragen, ob es zwischen Gargano und Pellegrino in letzter Zeit Spannungen gegeben habe. Antwortete sie mit Ja, hätte sich auch diese Vermutung, nämlich dass die bei­den so getan hatten, als seien sie zerstritten, als richtig erwiesen. Doch er beschloss, dass er mehr über Mariastella wissen musste, bevor er ihr einen Besuch abstattete.
    Er kam gegen acht ins Kommissariat und rief gleich Fazio zu sich.
    »Ich brauche Informationen über Mariastella Cosentino.«
    » O Gesù biniditto!«, sagte Fazio. »Was bist du so überrascht?«
    »Ist doch klar, dass mich das wundert, Dottore! Die sieht aus wie lebendig, dabei ist sie tot! Was wollen Sie wis­sen?«
    »Ob es in der Stadt Gerüchte über sie gibt oder gab. Was sie gemacht hat und wo sie gearbeitet hat, bevor sie von Gargano eingestellt wurde. Und was für Leute ihr Vater und ihre Mutter waren. Wo sie lebt und was sie für Ge­wohnheiten hat. Wir wissen zum Beispiel, dass sie keinen Fernseher, aber ein Telefon hat.«
    »Wie viel Zeit habe ich?«
    »Spätestens um elf berichtest du mir.«
    »In Ordnung, Dottore, aber dafür müssen Sie mir einen Gefallen tun.«
    »Gern, wenn ich kann.«
    »Das können Sie ganz bestimmt, Dottore.« Er ging hinaus und kam mit einem Zentner Papierkram auf den Armen zum Unterschreiben wieder.
    Punkt elf klopfte Fazio an die Tür und trat ein. Der Com­missario empfing ihn zufrieden: Er hatte immerhin drei Viertel der Akten unterschrieben, und sein Arm war lahm. »Nimm die Unterlagen und trag sie raus.«
    »Auch die, die nicht unterschrieben sind?«
    »Auch die.«
    Fazio nahm sie, trug sie in sein Büro und kam zurück. »Ich hab nicht viel erfahren«, sagte er und setzte sich. Er fischte einen eng beschriebenen Zettel aus der Jackett­Tasche.
    »Fazio, eine Bemerkung noch. Ich bitte dich dringend, reiß dich zusammen mit deinem Einwohnermeldeamts­komplex. Sag mir nur das Nötigste, es ist mir scheißegal, wann genau und wo der Vater und die Mutter von Maria­stella Cosentino geheiratet haben. In Ordnung?«
    »In Ordnung«, sagte Fazio und verzog das Gesicht. Er las den Zettel zweimal, dann faltete er ihn zusammen und steckte ihn wieder ein.
    »Signorina Cosentino ist so alt wie Sie, Dottore. Sie ist im Februar 1950 hier geboren. Einziges Kind. Ihr Vater war Angelo Cosentino, Holzhändler, ein rechtschaffener, ge­achteter und angesehener Mann. Er gehörte zu einer der ältesten Familien Vigàtas. Als '43 die Amerikaner kamen, setzten sie ihn als Bürgermeister ein. Und Bürgermeister blieb er bis 1955. Dann wollte er keine Politik mehr ma­chen. Die Mutter, Carmela Vasile Cozzo.«
    »Was hast du da gesagt?«, fragte Montalbano, der ihm bis dahin nur zerstreut zugehört hatte. »Vasile Cozzo«, wiederholte Fazio.
    Bestand etwa eine Verwandtschaft zu Signora

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