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Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Titel: Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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fünfundneunzig, aber er hat einen klaren Kopf wie sonst niemand, 'u zù Stefanu fährt nicht mehr raus, aber er ist der älteste Fischer in Vigàta. Erst hat er ein Boot gehabt und dann einen Kutter mit Motor. Wenn der was sagt, dann stimmt es auch.«
    »Du wolltest dich also mit ihm beraten.«
    »Ja. Ich wollte sicher wissen, ob ich richtig gedacht hab.
    Und 'u zù Stefanu denkt dasselbe wie ich.«
    »Und zu welchem Schluss seid ihr gekommen?«
    »Das erklär ich Ihnen jetzt. Der Tote wurde von einer Oberflächenströmung getrieben, die immer mit der gleichen Geschwindigkeit von Ost nach West geht, wir kennen die gut. Vor Marinella, wo Sie der Leiche begegnet sind, ist die Stelle, wo die Strömung der Küste am nächsten ist. Verstehen Sie?«
    »Vollkommen. Sprich weiter.«
    »Die Strömung ist langsam. Wissen Sie, mit wie viel Knoten die fließt?«
    »Nein, und ich will's auch nicht wissen. Und im Vertrauen gesagt, weiß ich auch nicht, wie viel ein Knoten oder eine Meile ist.«
    »Die Meile tausendachthunderteinundfünfzig Meter fünfundachtzig. In Italien. In England sind es nämlich …«
    »Ist schon gut, Ciccio.«
    »Wie Sie meinen. Die Strömung kommt von weit her, die ist nicht aus unserer Gegend. Die fließt ja schon vor Capo Passero. Dort geht sie in unsere Gewässer über und macht die ganze Küste bis nach Mazara. Danach verzieht sie sich.«
    Na dann, gute Nacht. Demnach konnte die Leiche an jeder beliebigen Stelle an der halben Südküste der Insel ins Meer geworfen worden sein! Albanese sah das entmutigte Gesicht des Commissario und kam ihm zu Hilfe.
    »Ich weiß, was Sie denken. Aber ich muss Ihnen was Wichtiges sagen. Die Strömung wird kurz vor Bianconara von einer anderen Strömung gekreuzt, die stärker ist und in die Gegenrichtung fließt. Eine Leiche, die von Pachino Richtung Marinella treibt, würde also nie in Marinella ankommen, weil sie von der zweiten Strömung in die Bucht von Fela getrieben wird.«
    »Das heißt also, dass das mit meiner Leiche sicher hinter Bianconara passiert ist.«
    »Genau, Dottore! Sie verstehen echt alles.«
    Damit reduzierte sich das mögliche Suchgebiet auf etwa siebzig Küstenkilometer.
    »Außerdem wollte ich Ihnen sagen«, fuhr Albanese fort, »dass ich mit 'u zù Stefanu auch über den Zustand der Leiche geredet hab, wie Sie sie gefunden haben. Ich hab sie ja gesehen: Der Mann war seit mindestens zwei Monaten eine Leiche. Einverstanden?«
    »Ja.«
    »Also sag ich: Eine Leiche braucht keine zwei Monate, um von Bianconara nach Marinella zu treiben. Die braucht höchstens zehn, vierzehn Tage, so schnell wie die Strömung ist.«
    »Ja und?«
    Ciccio Albanese stand auf und gab Montalbano die Hand.
    »Dottore, es ist nicht meine Sache, das rauszufinden, ich bin ein Seemann, das ist Ihre Sache, Sie sind der Kommissar.«
    Perfektes Rollenspiel. Ciccio wollte sich nicht auf fremdes Terrain begeben. So konnte Montalbano sich nur noch bedanken und ihn an die Tür begleiten. Dort blieb er stehen und rief nach Fazio.
    »Hast du eine Karte der Provinz?«
    »Finde ich gleich.«
    Als Fazio sie ihm brachte, warf Montalbano einen kurzen Blick darauf und sagte dann:
    »Ich habe einen Trost für dich: Nach dem, was ich von Ciccio Albanese erfahren habe, war der Tote mit Sicherheit nur zwischen Bianconara und Marinella zugange.«
    Fazio sah ihn begriffsstutzig an.
    »Ja und?«
    Der Commissario war beleidigt.
    »Was heißt hier ›ja und‹? Das grenzt die Nachforschungen gewaltig ein!«
    »Dottore, das weiß in Vigàta doch jedes Kind, dass diese Strömung in Bianconara anfängt! Ich wäre nie bis nach Fela gefahren, um der Sache nachzugehen!«
    »Na gut. Aber immerhin wissen wir jetzt, dass es sich nur um fünf Dörfer handelt.«
    »Fünf?«
    »Jawohl, fünf. Du kannst auf der Karte nachzählen.«
    »Es sind acht Dörfer, Dottore. Zu den fünfen müssen Sie Spigonella, Tricase und Bellavista dazurechnen.«
    Montalbano beugte den Kopf über die Karte und sah dann wieder auf.
    »Die Karte ist vom letzten Jahr. Wieso sind die da nicht verzeichnet?«
    »Das sind illegal gebaute Dörfer.«
    »Dörfer! Ein paar Häuser, die -«
    Fazio schüttelte den Kopf.
    »Nein, Dottore. Das sind richtige Ortschaften. Die Hauseigentümer zahlen Grundsteuer an die nächste Gemeinde.
    Sie haben Abwasserkanäle, Wasser, Strom, Telefon. Und werden jedes Jahr größer. Die wissen genau, dass die Häuser nie abgerissen werden, kein Politiker will Stimmen verlieren. Verstehen Sie? Und dann gibt's eine

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