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Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Titel: Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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viel übrig.«
    »Leck mich am Arsch, und schick Catarella her!«, schrie ihm der Commissario nach.
    Catarella erschien zwei Sekunden später.
    »Jawohl, Dottori!«
    »Schau mal, ob Torretta eine Schachtel rote Multifilter und ein Feuerzeug hat.«
    Catarella schien sich über die Bitte nicht zu wundern. Er verschwand und kehrte mit Zigaretten und Feuerzeug zurück. Der Commissario gab ihm das Geld und fragte sich im Hinausgehen, ob es in Torrettas Kaufhaus wohl Socken gab, die gingen ihm nämlich langsam aus. Als er auf der Straße stand, gelüstete es ihn nach einem richtig guten Espresso. In der nahen Bar lief wie immer der Fernseher. Es war halb eins, gerade ertönte die Erkennungsmelodie von »Televigata«. Kopf und Oberkörper von Carla Rosso erschienen im Bild, und die Nachrichtensprecherin zählte die Meldungen in einer Reihenfolge auf, die dem Geschmack der Leute Rechnung trug. Als Erstes kündigte sie den Bericht über ein Eifersuchtsdrama an, in dem ein Achtzigjähriger seine siebzigjährige Frau erstochen hatte.
    Und anschließend: Frontalzusammenstoß zwischen einem Lastzug und einem Pkw mit drei Insassen, alle tot; bewaffneter Raubüberfall auf eine Filiale des Banco di Credito in Montelusa; ein Kutter mit etwa hundert illegalen Einwanderern auf hoher See gesichtet; wieder einmal Fahrerflucht: Ein kleiner schwarzer Junge, der bislang nicht identifiziert werden konnte, war überfahren und getötet worden.
    Montalbano trank in aller Ruhe seinen Espresso, zahlte, grüßte, ging hinaus, steckte sich die Zigarette an, rauchte, trat sie auf der Schwelle zum Kommissariat aus, sagte Catarella Hallo, ging in sein Zimmer, setzte sich, und da erschien auf der gegenüberliegenden Wand plötzlich der Fernseher aus der Bar, und in dem Fernseher saß Carla Rosso und bewegte wortlos den Mund, denn die Worte hörte der Commissario in seinem Kopf:
    »Ein kleiner schwarzer Junge, der bislang nicht identifiziert werden konnte …«
    Er sprang auf und rannte in die Bar zurück und begriff gar nicht recht, warum. Eigentlich wusste er schon, warum, aber er wollte es nicht zugeben, der rationale Teil seines Gehirns verweigerte den Befehl des irrationalen Teils an den Rest des Körpers, nämlich einer absurden Ahnung zu folgen.
    »Haben Sie was vergessen?«, fragte der Barmann, als Montalbano hereinschoss.
    Er gab keine Antwort. Sie hatten umgeschaltet, man sah das Logo des Senders »Retelibera«, der einen Komikerauftritt brachte.
    »Schalt sofort auf ›Televigàta‹ um. Sofort!«, sagte der Commissario mit einer so kalten, leisen Stimme, dass der Barmann ganz blass wurde und auf der Stelle umschaltete.
    Er war rechtzeitig gekommen. Die Meldung war so unwichtig, dass nicht mal Bilder dazu gezeigt wurden. Carla Rosso berichtete, ein Bauer, der frühmorgens aufs Feld gegangen sei, habe einen kleinen schwarzen Jungen gefunden, der von einem Unbekannten überfahren worden sei. Der Bauer habe Alarm geschlagen, aber das Kind habe den Transport ins Krankenhaus Montechiaro nicht überlebt. Dann wünschte Carla Rosso mit einem Lächeln, das ihr Gesicht zerschnitt, allerseits guten Appetit und verschwand.
    Es entspann sich eine Art Kampf zwischen den Beinen des Commissario, die es sehr eilig hatten, und seinem Hirn, das einen normalen, lässigen Gang verlangte. Sichtlich fanden sie einen Kompromiss, denn Montalbano bewegte sich wie eine Aufziehpuppe, deren Mechanismus schlapp macht, sodass sie ein paar Schritte rennt und dann wieder in Zeitlupe vor sich hin stakst. An der Tür zum Kommissariat blieb er stehen und schrie:
    »Mimi! Mimi!«
    »Steht heute die Bohème auf dem Programm?«, erkundigte sich Augello, als er erschien.
    »Hör gut zu. Ich kann nicht zur Sitzung mit dem Questore. Geh du. Auf meinem Tisch liegen die Sachen, die du ihm zeigen musst.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Nichts. Und entschuldige mich bei ihm. Sag ihm, meine Privatangelegenheit besprechen wir ein andermal.«
    »Und mit welcher Ausrede soll ich kommen?«
    »Dir fällt doch sonst auch immer was ein, wenn du nicht im Büro erscheinst.«
    »Sagst du mir wenigstens, wo du hingehst?«
    »Nein.«
    Als Montalbano losfuhr, blieb Augello in der Tür stehen und sah ihm besorgt nach.
    Falls die Reifen, längst glatt wie ein Babypopo, überhaupt noch Straßenhaftung hatten, falls der Tank nicht endgültig durchbrach, falls der Motor eine Geschwindigkeit von mehr als achtzig Stundenkilometern durchstand, falls wenig Verkehr herrschte, dann konnte Montalbano seiner

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