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Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Titel: Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gelegt.«
    »Danke, Fazio. Gibt's was Neues?«
    »Nein, Dottore.«
    Da er am frühen Nachmittag in die Questura musste und keine Zeit hatte, noch mal nach Marinella zu fahren und sich umzuziehen, musste er sich schon jetzt in Schale werfen. Doch die Krawatte steckte er nur ein, die würde er umbinden, wenn es so weit war. Es störte ihn ziemlich, schon morgens mit einer Schlinge um den Hals herumzulaufen.
    Auf dem Schreibtisch stapelten sich bedenklich die Unterlagen. Wenn Catarella die Tür nach Catarella-Manier aufgestoßen hätte, wäre der Turm zu Babel ein zweites Mal eingestürzt. Montalbano unterschrieb mehr als eine Stunde, ohne jemals aufzuschauen, dann verlangte es ihn nach einer kleinen Pause. Er beschloss, draußen eine rauchen zu gehen. Auf dem Bürgersteig kramte er in seiner Jackentasche nach Zigaretten und Feuerzeug. Ohne Ergebnis, er hatte alles in Marinella vergessen. Stattdessen bekam er die Krawatte in die Hand, eine grüne mit roten Pünktchen. Er ließ sie auf der Stelle wieder verschwinden und sah sich dabei verstohlen um, wie ein Dieb, der soeben ein Portemonnaie geklaut hat. Heiliger Himmel! Wie war dieses Schauerteil zwischen seine Krawatten geraten? Hatte er denn die Farben nicht gesehen, als er es einsteckte? Er ging ins Kommissariat zurück.
    »Schau doch mal, ob mir jemand eine Krawatte leihen kann«, sagte er auf dem Weg in sein Büro zu Catarella.
    Fünf Minuten später erschien Catarella mit drei Krawatten.
    »Wem gehören die?«
    »Torretta, Dottori.«
    »Hat der nicht Riguccio auch die Brille geliehen?«
    »Jawohl, Dottori.«
    Er wählte die Krawatte, die sich am wenigsten mit seinem grauen Anzug biss. Nach weiteren anderthalb Stunden Unterschreiben hatte er den Stapel geschafft. Dann suchte er die Tasche, in die er immer die Unterlagen steckte, wenn er zur Berichterstattung musste. Fluchend stellte er das Zimmer auf den Kopf, aber von der Tasche keine Spur.
    »Catarella!«
    »Jawohl, Dottori!«
    »Hast du zufällig meine Tasche gesehen?«
    »Nein, Dottori!«
    Wahrscheinlich hatte er sie nach Marinella mitgenommen und dann vergessen.
    »Schau doch mal, ob jemand im Büro -«
    »Ich kümmere mich sofort, Dottori!«
    Er brachte zwei fast neue Taschen, eine schwarze und eine braune. Montalbano entschied sich für die schwarze.
    »Von wem hast du die?«
    »Torretta, Dottori.«
    Hatte dieser Torretta im Kommissariat etwa ein Kaufhaus eröffnet? Kurz spielte er mit dem Gedanken, ihn in seinem Zimmer aufzusuchen, aber dann überlegte er, dass ihn das ja nichts mehr anging. Mimi Augello kam herein.
    »Gib mir eine Zigarette«, sagte Montalbano.
    »Ich rauche nicht mehr.«
    Der Commissario fiel aus allen Wolken.
    »Hat dir das der Arzt verboten?«
    »Nein. Das war meine Entscheidung.«
    »Verstehe. Bist du zum Koksen übergegangen?«
    »Was soll denn der Scheiß?«
    »Das ist kein Scheiß, Mimi. Heute werden knallharte Gesetze erlassen, mit denen die Raucher praktisch verfolgt werden, und man tritt auch damit in amerikanische Fußstapfen, während man mit Kokainsüchtigen viel toleranter ist, es koksen ja alle, Staatssekretäre, Politiker, Manager . Wenn du nämlich eine Zigarette rauchst, kann dich der, der neben dir steht, anzeigen, weil du ihn mit Passivrauchen vergiftest, aber Passivkoksen gibt es nicht. Kokain richtet also einen geringeren gesellschaftlichen Schaden an als Rauchen.
    Wie viele Lines ziehst du dir pro Tag denn rein, Mimi?«
    »Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen? Hast du dich jetzt abreagiert?«
    »So ziemlich.«
    Was ging hier eigentlich vor? Catarella sagte die Namen richtig, Mimi mauserte sich zu einem Tugendbold . Lauter Signale, dass es Zeit war zu gehen, denn irgendwas stimmte nicht mehr an diesem Mikrokosmos von Kommissariat.
    »Heute Nachmittag bin ich mit den Kollegen zur Berichterstattung beim Questore. Ich habe ihn um ein privates Gespräch gebeten. Ich werde meine Kündigung einreichen. Außer dir weiß das noch niemand. Wenn der Questore die Kündigung gleich annimmt, sag ich's am Abend auch den anderen.«
    »Mach doch, was du willst«, sagte Mimi unwirsch, stand auf und ging zur Tür.
    Dort blieb er stehen und drehte sich um.
    »Übrigens habe ich mit dem Rauchen aufgehört, weil es Beba und dem ungeborenen Kind nicht gut tut. Und was die Kündigung betrifft - vielleicht ist es wirklich besser, wenn du gehst. Du wirst langsam schal, von deinem Kampfgeist, deinem Humor, deiner geistigen Beweglichkeit und sogar von deinem losen Mundwerk ist nicht mehr

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