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Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Titel: Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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trat zur Seite und führte Montalbano in einen kleinen, aber doch recht eleganten Salon.
    »Bitte, nehmen Sie Platz, ich bin gleich wieder da.« Sie brauchte zehn Minuten, um sich umzuziehen. Dann kam sie in einer Bluse und einem leicht über dem Knie endenden Rock, mit hochhackigen Schuhen und zu einem Knoten hochgesteckten Haaren zurück. Sie setzte sich dem Commissario gegenüber in einen Sessel. Zeigte weder Neugier noch die geringste Besorgnis. »Möchten Sie einen Espresso?«
    »Wenn er schon fertig ist…«
    »Nein, ich gehe ihn machen. Ich brauche auch einen. Wenn ich morgens nicht erst eine Tasse trinke, kann ich nicht in Zusammenhängen denken.«
    »Da verstehe ich Sie sehr gut.«
    Sie ging in die Küche und machte sich zu schaffen. In der Wohnung läutete das Telefon, sie antwortete. Sie kam mit dem Espresso wieder, jeder tat Zucker in seine Tasse, sie sprachen nichts, bevor sie ihn nicht getrunken hatten. »Das eben am Telefon war mein Mann. Er hat mir nur schnell gesagt, dass er jetzt mit seinem Unterricht beginnt. Das tut er jeden Tag, damit ich weiß, dass alles gut gegangen ist.«
    »Darf ich rauchen?«, fragte Montalbano.
    »Sicher. Ich rauche auch. Also«, sagte Elena, lehnte sich an die Rückenlehne des Sessels und hielt die angezündete Zigarette zwischen ihren Fingern. »Was hat Angelo angestellt?«
    Verblüfft sah Montalbano sie mit offenem Mund an. Seit einer Viertelstunde überlegte er sich, wie er das Gespräch auf den Geliebten dieser Frau richten könnte, und da kam sie mit einer so eindeutigen Frage an. »Woraus haben Sie entnommen, dass …«
    »Commissario, in meinem Leben gibt es gegenwärtig zwei Männer. Sie haben deutlich gemacht, dass Sie nicht gekommen sind, um über meinen Mann zu reden, folglich können Sie nur wegen Angelo hier sein. Ist es nicht so?«
    »Ja, so ist es. Bevor wir fortfahren, hätte ich aber gerne ein Adverb näher von Ihnen erklärt: gegenwärtig. Was heißt das?«
    Elena lächelte. Sie hatte schneeweiße Zähne - wie ein junges wildes Tier.
    »Das heißt, dass es jetzt, in diesem Augenblick meines Lebens, Emilio, meinen Mann, und Angelo gibt. Öfter aber gibt es nur einen: Emilio.«
    Während Montalbano über den Sinn dieser Worte nachdachte, fragte Elena: »Kennen Sie meinen Mann?«
    »Nein.«
    »Er ist ein außergewöhnlicher Mensch, gütig, intelligent, verständnisvoll. Ich bin neunundzwanzig, er sechzig. Er könnte mein Vater sein. Ich liebe ihn. Und ich versuche ihm treu zu sein. Ich versuche es. Nicht immer gelingt es mir allerdings. Wie Sie sehen, spreche ich zu Ihnen mit absoluter Aufrichtigkeit, noch bevor ich überhaupt den Grund Ihres Besuches kenne. Apropos, wer hat Ihnen über mich und Angelo erzählt?«
    »Michela Pardo.«
    »Ach.«
    Sie drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und zündete sich eine andere an. Jetzt kräuselte eine Falte ihre schöne Stirn. Sie dachte mit äußerster Konzentration nach. Sie war nicht nur schön, sondern offenbar auch sehr intelligent. Plötzlich erschienen neben ihren Lippen zwei weitere Falten.
    »Was ist mit Angelo passiert?« Sie hatte es erfasst.
    »Er ist tot.«
    Sie zitterte wie unter einem Stromschlag und kniff die Augen zusammen.
    »Ist er umgebracht worden?«
    Sie weinte still, ohne Schluchzer.
    »Wieso denken Sie an ein Verbrechen?«
    »Weil ein Commissario, wenn es sich um einen Unfall oder um einen natürlichen Tod gehandelt hätte, nicht morgens um halb neun bei der Geliebten des Toten aufgetaucht wäre, um sie zu verhören.«
    Alle Achtung.
    »Ja, er ist umgebracht worden.«
    »Gestern Abend?«
    »Wir haben ihn gestern gefunden, aber der Tod geht auf Montagabend zurück.«
    »Wie?«
    »Er ist erschossen worden.«
    »Wo?«
    »Im Gesicht.«
    Sie fuhr zusammen, sie zitterte wie bei einer kalten Brise.
    »Nein, ich meinte, wo ist es passiert.«
    »In seiner Wohnung. Kennen Sie das Zimmer, das er oben auf der Terrasse hatte?«
    »Ja. Einmal hat er es mir gezeigt.«
    »Hören Sie, Signora, ich muss Ihnen einige Fragen stellen.«
    »Ich bin hier.«
    »Wusste Ihr Mann Bescheid?«
    »Über meine Geschichte mit Angelo? Ja.«
    »Haben Sie es ihm gesagt?«
    »Ja. Ich habe niemals etwas vor ihm verheimlicht.«
    »War er eifersüchtig?«
    »Sicher. Aber er verstand es, sich zu kontrollieren. Außerdem war Angelo nicht der Erste.«
    »Wo haben Sie sich getroffen?«
    »In seiner Wohnung.«
    »In dem Zimmer auf der Terrasse?«
    »Nein, dort nie. Einmal, wie ich Ihnen schon gesagt habe, hat er es mir gezeigt. Er

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