Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes
Lächeln, heimlich, sich selbst zugewandt, ihre Augen glänzten vergnügt. »… und versuchte, die verlorene Zeit wieder aufzuholen.«
»Und wenn ich Ihnen sagen würde, dass Angelo Sie an diesem Abend gar nicht erwartet hat?«
»Verzeihung, was meinen Sie damit? Ich glaube nicht, dass er weggegangen ist, denn Sie haben gesagt, man hätte ihn auf der Terrasse gefunden…«
»Er ist unmittelbar nach dem Geschlechtsverkehr umgebracht worden.«
Entweder war sie eine ebenso große Schauspielerin wie Eleonora Duse oder sie war wirklich völlig durcheinander. Sie machte augenblicklich eine Unzahl völlig sinnloser Gesten, stand auf, setzte sich, führte die leere Espressotasse an ihre Lippen, setzte sie wieder ab, als hätte sie sie ausgetrunken, zog eine Zigarette aus der Schachtel, zündete sie aber nicht an, stand auf und setzte sich wieder, drehte eine Holzschachtel um, die auf dem Tisch stand, betrachtete sie, stellte sie dann wieder hin. »Das ist doch absurd«, sagte sie schließlich. »Sehen Sie, Angelo hat sich verhalten, als hätte er die absolute Gewissheit gehabt, dass Sie Montagabend nicht mehr zu ihm kommen würden. Aus einer Art Groll Ihnen gegenüber, aus Trotz, um Sie zu beleidigen, kann er eine andere Frau angerufen haben. Sie müssen mir jetzt aufrichtig antworten: Haben Sie an diesem Abend, während Sie herumfuhren, mit Angelo telefoniert und ihm gesagt, Sie würden nicht zu ihm nach Hause kommen?«
»Nein. Eben deshalb sage ich ja, es ist absurd. Einmal bin ich zwei Stunden zu spät gekommen, verstehen Sie? Und er schäumte zwar, aber er hatte auf mich gewartet. Montagabend konnte er nichts über meinen Entschluss wissen, ich hätte jederzeit bei ihm auftauchen und ihn überraschen können!«
»Das nun nicht«, sagte Montalbano. »Wieso nicht?«
»In gewisser Weise hatte Angelo eine Vorsichtsmaßnahme getroffen, er war ins Zimmer auf der Terrasse gegangen. Und die Glastür zur Terrasse war abgeschlossen. Haben Sie den Schlüssel?«
»Nein.«
»Sehen Sie? Auch wenn Sie plötzlich aufgetaucht wären, hätten Sie keine Möglichkeit gehabt, ihn zu überraschen. Haben Sie die Schlüssel zu seiner Wohnung?«
»Auch nicht.«
»Folglich hätten Sie nichts anderes tun können, als an seine Wohnungstür zu klopfen, ohne dass jemand geöffnet hätte. Nach einer Weile wären Sie zu dem Schluss gekommen, dass Angelo nicht zu Hause ist, weggegangen ist, vielleicht um seine Wut loszuwerden, und Sie hätten aufgegeben. In dem Zimmer auf der Terrasse war Angelo vor Ihnen in Sicherheit.«
»Aber nicht vor dem Mörder«, sagte Elena beinahe wütend.
»Das ist eine andere Geschichte«, sagte Montalbano. »Aber Sie könnten mir da weiterhelfen.«
»Inwiefern?«
»Seit wann bestand diese Beziehung zwischen Ihnen und Angelo?«
»Seit sechs Monaten.«
»Hatte er in dieser Zeit Gelegenheit, Sie mit ein paar seiner Freunde oder Freundinnen bekannt zu machen?« «Commissario, vielleicht habe ich mich nicht hinreichend deutlich ausgedrückt. Unsere Zusammentreffen waren, wie soll ich sagen, zielgerichtet. Ich ging zu ihm nach Hause, wir tranken einen Whisky, wir zogen uns aus und gingen ins Bett. Wir sind niemals gemeinsam ins Kino gegangen oder in ein Restaurant. In der letzten Zeit hätte er es wohl gerne gehabt, ich aber nicht. Und darüber ist es zwischen uns auch zum Streit gekommen.«
»Warum wollten Sie nicht mit ihm ausgehen?«
»Um den Leuten keinen Anlass zu geben, über Emilio zu lachen.«
»Aber er wird Ihnen doch von dem einen oder anderen Freund, der einen oder anderen Freundin erzählt haben!«
»Das schon. Er sagte mir, dass er, als wir uns kennen gelernt haben, eine Geschichte mit einer gewissen Paola abgebrochen hätte, er nannte sie die Rote, wegen ihrer Haarfarbe. Er sprach auch von einem gewissen Martino, mit dem er oft zum Mittag- oder Abendessen ging. Aber vor allem erzählte er mir von seiner Schwester Michela. Sie waren seit ihrer Kindheit eng miteinander verbunden.«
»Was wissen Sie über diese Paola?«
»Alles, was ich über sie weiß, habe ich Ihnen schon gesagt: rote Haare.«
»Über seine Arbeit, sprach er da mit Ihnen?«
»Nein. Einmal sagte er mir, dass sie zwar viel Geld einbringe, aber langweilig sei.«
»Wissen Sie, dass er eine Zeit lang als Arzt praktiziert hat, es dann aber aufgab?«
»Ja. Aber er hat es nicht freiwillig aufgegeben. Das eine Mal, als er mir davon erzählt hat, deutete er eine verworrene Geschichte an, von der ich nichts verstanden habe und der ich
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