Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes
wollte, aber man ist ihm zuvorgekommen und hat ihn erschossen. Aber eigentlich ist das ja eher etwas, das mich nichts angeht. Sie sind es doch, Signor Commissario, der die Ermittlung leitet, oder etwa nicht?«
Er legte auf, ohne zu grüßen.
Wenn man es sich recht überlegte, hatte Elena recht, wenn sie nicht daran glauben wollte, dass Angelo sich mit einer anderen Frau traf, während er auf sie wartete. Aber auch die Hypothese von Dottor Pasquano hielt nicht stand. Im Zimmer des ehemaligen Waschhauses gab es zwar keine Toilette, aber ein Waschbecken. Wenn Angelo also dringend musste, brauchte er nicht in eine dunkle Ecke der Terrasse zu gehen, da er ja das Waschbecken als Pinkelklo benutzen konnte.
Und ihn überzeugte auch nicht die Hypothese von der Onanie.
Wie auch immer, in beiden Fällen war es ziemlich seltsam, dass Angelo nicht genügend Zeit gehabt haben sollte, sich wieder in Ordnung zu bringen. Nein, die Erklärung musste eine andere sein. Und ganz sicher war sie nicht so einfach wie die von Pasquano. An der Tür erschien wieder Mimi Augello. »Was willst du?«
Er hatte tiefschwarze Ränder unter den Augen, schlimmer als zu der Zeit, wo er noch hinter den Weibern her war. »Sieben«, sagte Mimi.
Noch im selben Moment drohte Montalbano dem Wahnsinn anheimzufallen.
Er sprang auf, rot im Gesicht, und brüllte, dass man ihn noch am Hafen hören musste.
»Achtzehn, vierundzwanzig und sechsunddreißig! Zum Teufel noch mal! Vielleicht auch siebzig!«
Augello bekam es mit der Angst zu tun, während im Kommissariat ein Tumult losbrach, schlagende Türen, hastige Schritte. Im Nu waren Galluzzo, Gallo und Catarella zur Stelle.
»Was ist denn?«
»Was ist denn los?«
»Was ist geschehen?«
»Nichts, gar nichts«, sagte Montalbano und setzte sich. »Kehrt wieder an eure Plätze zurück, mir sind einfach nur die Nerven durchgegangen. Ist schon vorbei.« Die drei gingen wieder. Mimi sah ihn immer noch mit einem Mameluckenblick an.
»Was ist denn mit dir los? Was bedeuten die Zahlen, die du genannt hast?«
»Ach! Ich nenne hier Zahlen? Ich? Warst du es denn nicht, der sieben gesagt hat, als er hier reingekommen ist?«
»Na und? Ist das vielleicht eine Todsünde?«
»Komm, lassen wir das. Was wolltest du mir sagen?«
»Dass ich mich, weil morgen doch Liguori kommt, kundig gemacht habe. Weißt du, wie viele Drogentote es in den letzten zehn Tagen in der Provinz gegeben hat?«
»Sieben.«
»Genau. Woher weißt du das?«
»Mimi, du selbst hast es mir gesagt. Unterhalten wir uns doch nicht wie bei Campanile.«
»Was denn für ein Campanile?«
»Komm, vergiss es, Mimi, anderenfalls gehen mir gleich wieder die Nerven durch.«
»Und weißt du, was man sich über den Senator Nicotra erzählt?«
»Dass er an der gleichen Krankheit wie die anderen sechs gestorben ist.«
»Und das erklärt, warum die Drogenfahndung von Montelusa beschlossen hat, ihren Arsch zu bewegen. Du hast in dieser Hinsicht keinerlei Vorstellung?«
»Nein. Und ich will auch keine bekommen.« Mimi ging, und das Telefon klingelte. »Dottor Montalbano? Hier ist Lattes. Alles in Ordnung?«
»Alles in Ordnung, Dottore, der Madonna sei Dank.«
»Und die Welpen?«
Über welchen Scheiß redete der jetzt eigentlich? Wieder über die Kinder? Wie viele, glaubte er, hätte er denn? Wie auch immer, was machen Welpen? »Sie wachsen, Dottore.«
»Gut so, gut so. Ich wollte Ihnen sagen, dass der Signor Questore Sie morgen Nachmittag zwischen fünf und sechs erwartet.«
»Ich werde da sein, keine Frage.« Es war Zeit, zu Michela zu fahren.
Als er bei Catarella vorbeiging, sah er ihn ganz vertieft vor Angelo Pardos Computer sitzen.
»Wie weit sind wir, Catare?«
Catarella fuhr zusammen und richtete sich auf.
»Dottori ah Dottori! Uns steht das Wasser bis zum Hals, Dottori. Die Passierwache lässt mich nicht passieren! Sie ist einfach unüberwindbar!«
»Meinst du, du schaffst es nicht?«
»Dottore, und wenn ich die ganze Nacht über wach bleiben muss und kein Auge schließe, das Geheimwort für den ersten, das finde ich!«
»Catare, warum sagst du »für den ersten«?«
»Dottore, es gibt drei Dokumente mit Passierwache.«
»Lass mich das auch verstehen. Wenn du an die zehn Stunden brauchst, um das Passwort für einen Ordner zu finden, dann bedeutet das, dass du mindestens an die dreißig Stunden brauchst, um sie für alle drei zu finden?«
»Genau wie Sie sagen, Dottore.«
»Glückwunsch. Ach ja, wenn du das erste geknackt hast, ruf mich
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