Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes
Wohnung ihres Bruders hatte verschwinden lassen. Ihn belastete der dämliche Fehler sehr, den er begangen hatte, als er ihr die Erlaubnis gab, in Angelos Wohnung zu schlafen.
»Wie ist es heute Morgen bei Ermittlungsrichter Tommaseo gelaufen?«
»Ich habe eine halbe Stunde im Vorzimmer gewartet, und dann hat er mir ausrichten lassen, dass das Gespräch auf morgen, gleiche Zeit, verschoben wäre. Commissario, Sie haben gut daran getan, mich anzurufen, sonst hätte ich Sie angerufen.«
»Was gibt es denn?«
»Ich wollte wissen, wann wir Angelo wiederhaben können. Wegen der Beerdigung.«
»Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich werde mich erkundigen. Sagen Sie, könnten Sie ins Kommissariat kommen?«
»Dottor Montalbano, ich habe gedacht, es wäre besser, meiner Mutter zu sagen, dass Angelo gestorben ist. Ich habe ihr erzählt, dass es ein Autounfall war. Sie hat einen furchtbaren Anfall bekommen, ich musste unseren Arzt rufen. Er hat ihr ein paar Beruhigungsmittel gegeben, jetzt schläft sie. Ich wage es nicht, sie allein zu lassen. Könnten Sie nicht bei mir vorbeikommen?«
»Doch. Wann?«
»Wann Sie wollen, ich kann ja ohnehin nicht weg von hier.«
»Ich werde gegen neunzehn Uhr bei Ihnen sein. Geben Sie mir Ihre Adresse.«
Nach einer guten Stunde zeigte sich Galluzzo wieder. »Wie geht es Orazio?«
»Dottore, es geht wohl bald zu Ende mit ihm. Er wartet auf Ihren Besuch.«
Aus seiner Tasche kramte er den Schlüssel hervor und gab ihn Commissario Montalbano.
»Orazio zufolge ist das der Schlüssel für eine tragbare Panzerkassette von der Marke Exeter mit den Dimensionen fünfundvierzig mal dreißig Zentimeter und fünfundzwanzig Zentimeter Höhe. Er sagt, das sind Kassetten, die man nicht einmal mit einer Panzerfaust aufkriegt. Es sei denn, man hat den Schlüssel.«
Er und Fazio hatten die Wohnung und das Zimmer auf der Terrasse bei der Suche nach einem in die Wand eingebauten Tresor gründlich durchforstet. Eine Kassette von dieser Größe wäre ihnen mit Sicherheit aufgefallen. Und das bedeutete, dass jemand sie mitgenommen hatte. Aber um was damit zu machen, wenn der Schlüssel doch fehlte? Oder war derjenige, der sie mitgenommen hatte, im Besitz eines Zweitschlüssels? Und wusste Michela nichts darüber? Ein Gespräch mit dieser Frau wurde immer notwendiger. Er hatte ihr versprochen, er würde sich wegen der Beerdigung informieren, und daher rief er Pasquano an. »Dottore, störe ich Sie?«
Mit Pasquano musste man äußerst vorsichtig umgehen, er hatte einen ausgesprochen stinkigen und launischen Charakter.
»Klar stören Sie mich. Um genau zu sein: Sie trampeln mir auf den Eiern rum, und Sie zwingen mich, den Telefonhörer mit Blut zu verschmieren.«
Jeder andere, der ihn nicht kannte, hätte den Hörer unter vielmaligen Entschuldigungen aufgelegt. Doch Montalbano machte das seit vielen Jahren mit und wusste daher, dass es manchmal besser war, mit schwerem Geschütz zurückzuschießen.
»Dottore, das kümmert mich einen Scheißdreck.«
»Was?«
»Ob ich Sie störe oder nicht.«
Er hatte ins Schwarze getroffen. Pasquano ließ ein kräftiges, sattes Lachen hören.
»Was wollen Sie?«
»Die Familie von Angelo Pardo möchte gerne wissen, wann wir ihr die Leiche für die Beerdigung zurückgeben können.«
»Fünf.«
Was war das nur mit Fazio und Pasquano. Waren sie zu Cumäischen Sibyllen geworden? Wieso redeten sie in Zahlen?
»Was bedeutet das?«
»Das erkläre ich Ihnen, was das bedeutet. Das bedeutet, dass ich, bevor ich zu der von Pardo komme, noch fünf Autopsien vor mir habe. Daher müssen die Familienangehörigen noch warten. Sagen Sie ihnen, dass es ihrem lieben Anverwandten nicht schlecht geht im Kühlschrank. Ach ja, und weil Sie schon einmal dran sind, sage ich Ihnen, dass ich mich geirrt habe.«
Heilige Jungfrau, wie viel Geduld man bei ihm brauchte! »Worüber, Dottore?«
»Über die Tatsache, dass Pardo Geschlechtsverkehr gehabt hatte, kurz bevor er ermordet wurde. Tut mir leid, wenn ich Dottor Tommaseo enttäuschen muss, der war ja schon ganz heiß geworden.«
»Dann haben Sie ihn also schon untersucht!«
»Oberflächlich, und nur um die Gegend, die mich neugierig gemacht hatte.«
»Also, warum…«
»Warum er ihn draußen hatte, meinen Sie?«
»Genau.«
»Na ja, möglich, dass er irgendwo auf der Terrasse in eine Ecke gepinkelt hat und man ihm keine Zeit gelassen hat, ihn wieder reinzustecken. Auch möglich, dass er sich ein kleines Solovergnügen bereiten
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