Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Titel: Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
stand auf. »Ich gehe etwas trinken.«
    Sie kam zurück und setzte sich, ruhig, kalt, als hätte sie einen Augenblick zuvor nicht diesen unkontrollierbaren, beängstigenden Wutausbruch an der Grenze zu einem ausgewachsenen epileptischen Anfall gehabt. »Wussten Sie, dass Ihr Bruder und Elena sich Montagabend treffen sollten?«
    »Ja, Angelo hatte mich angerufen, um mir das zu sagen.«
    »Elena sagt, dieses Treffen habe es nicht gegeben.«
    »Was für eine Geschichte hat sie Ihnen aufgetischt?«
    »Dass sie zwar aus dem Haus gegangen wäre, doch als sie im Auto saß, habe sie sich entschlossen, nicht hinzufahren. Sie wollte herausfinden, ob sie es fertig brächte, Ihren Bruder für immer zu verlassen.«
    »Und Sie glauben das?«
    »Sie hat ein Alibi, das ich überprüft habe.« Das war eine weitere kolossale Lüge, aber er wollte vermeiden, dass Michela vor irgendwelchen Journalisten noch mal einen solchen Wutanfall bekam und den Namen Elena erwähnte.
    »Das ist ganz sicher falsch.«
    »Sie haben mir gesagt, Angelo hätte Elena sündhaft teuere Geschenke gemacht.«
    »Das stimmt. Glauben Sie etwa, ihr Mann kann es sich leisten, bei seinem Gehalt, ihr so ein Auto zu kaufen?«
    »Aber wenn die Dinge so standen, welches Motiv hätte Elena dann gehabt, ihn umzubringen?«
    »Commissario, Angelo war es, der die Beziehung beenden wollte. Er hielt es einfach nicht mehr aus. Elena quälte ihn mit ihrer Eifersucht. Angelo sagte mir, dass sie ihm einmal geschrieben und mit dem Tod gedroht hätte.«
    »Sie hat ihm einen Brief geschickt?«
    »Zwei- oder dreimal sogar.«
    »Haben Sie sie gelesen?«
    »Nein.«
    »Wir haben in der Wohnung Ihres Bruders keine Briefe von Elena gefunden.«
    »Angelo wird sie weggeschmissen haben.«
    »Ich glaube, ich habe Sie nun lange genug aufgehalten«, sagte Montalbano und stand auf.
    Michela stand ebenfalls auf. Schlagartig wirkte sie erschöpft, sie strich sich mit einer Hand über die Stirn, so als wäre sie unendlich müde, und wankte leicht. »Eine letzte Frage noch«, sagte der Commissario. »Mochte Ihr Bruder Kanzonen?«
    »Hin und wieder hörte er welche.«
    »Aber in seiner Wohnung gab es nichts, womit er Musik abspielen konnte.«
    »Er hörte sie ja auch nicht zu Hause.«
    »Wo denn dann?«
    »Im Auto, auf seinen Fahrten. Sie leisteten ihm Gesellschaft. Er hatte ziemlich viele Kassetten.«

Sieben
    Michela hatte gesagt, die Garage ihres Bruders sei die auf der linken Seite. Rechts und links vom Rollgitter befanden sich zwei Schlösser. Der Commissario brauchte nicht lang, um den richtigen Schlüssel am mitgebrachten Schlüsselbund auszumachen.
    Er sperrte auf, danach steckte er einen kleinen Schlüssel in ein anderes Schloss an der Wand neben dem Rollgitter, und dieses ging langsam hoch, viel zu langsam für die Neugier des Commissario. Als das Rollgitter zum Halten gekommen war, ging Montalbano hinein und fand auch gleich den Lichtschalter. Das Neonlicht war stark. Die Garage war geräumig und bestens in Schuss. Mit einem schnellen Blick rundherum überzeugte sich der Commissario davon, dass es keine Sicherheitskassette gab und auch keine Möglichkeit, sie hier zu verstecken.
    Der Wagen war ein ziemlich neuer Mercedes, einer von denen, die in aller Regel mit Chauffeur gemietet wurden. In der Ablage zwischen dem Fahrer- und dem Beifahrersitz befanden sich so an die zehn Kassetten mit Kanzonen, im Handschuhfach die Autopapiere und ein paar Straßenkarten. Aus Gewissenhaftigkeit öffnete er noch den Kofferraum, und auch hier war alles in bester Ordnung: der Ersatzreifen, der Wagenheber, das Warndreieck. Ein bisschen enttäuscht schloss Montalbano jetzt genau in umgekehrter Reihenfolge die Garage wieder zu und saß zum guten Schluss erneut in seinem Auto in Richtung Marinella.
    Es war Viertel nach neun abends, und er hatte keinen Appetit. Er zog sich aus, streifte ein Hemd über und eine Jeans und ging barfuß von seiner Veranda hinunter auf den Strand.
    Das Mondlicht wirkte schwach, denn die Beleuchtung in seinem Haus strahlte so stark, als wäre jedes Zimmer nicht von Glühbirnen erhellt, sondern von Filmscheinwerfern. Als er ans Wasser kam, blieb er eine Weile so stehen. Das Meer umspielte seine Füße, und die Kühle zog an seinem Körper hinauf und erreichte schließlich seinen Kopf. Am Horizont das Licht irgendeiner versprengten Lampe. Weit weg rief die klagende Stimme einer Frau zweimal: »Stefano! Stefano!« Träge antwortete ihr ein Hund.
    Reglos wartete Montalbano darauf, dass die

Weitere Kostenlose Bücher