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Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Titel: Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Treffen. Und Emilio reagierte wie ein Ehemann, der seine Frau in flagranti beim Ehebruch ertappt.«
    Das Spiel der Parteien. Hieß so nicht auch ein Stück von dem eben erwähnten Pirandello? »Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?«
    »Bei Ihnen habe ich kein großes Schamgefühl.«
    »Hat Ihr Mann Ihnen vor oder nach der Eheschließung mitgeteilt, impotent zu sein?«
    »Vorher. Mir hat er es vorher gesagt.«
    »Und Sie haben trotzdem zugestimmt?«
    »Ja. Er sagte mir auch, dass ich andere Männer haben könnte. Auf diskrete Weise, natürlich, und unter der Voraussetzung, dass ich ihn immer über alles in Kenntnis setze.«
    »Haben Sie diese Vereinbarung eingehalten?«
    »Ja.«
    Und Montalbano hatte das sichere Gefühl, dass dieses Ja eine Lüge war, die die Kleine ihm da auftischte. Doch die Sache erschien ihm nicht so wichtig. Wenn Elena sich heimlich mit jemandem traf, von dem sie ihrem Mann nichts erzählte, war das ihre Sache.
    »Hören Sie, Elena, ich habe die Pflicht, noch klarer und deutlicher zu werden.«
    »Machen Sie nur.«
    »Wie kommt es, dass eine wunderschöne junge Frau wie Sie, die ganz sicher sehr umworben und begehrt wird, einverstanden ist, einen Mann zu heiraten, der nicht reich ist, wesentlich älter als sie und außerdem nicht in der Lage…«
    »Commissario, haben Sie niemals das Gefühl gehabt, sich inmitten tosender, peitschender Wellen zu befinden, weil Ihr Boot gekentert ist?«
    »Ich habe eine dürftige Vorstellungskraft.«
    »Versuchen Sie's doch mal, strengen Sie sich an. Sie sind lange geschwommen, aber dann können Sie einfach nicht mehr. Sie wissen, dass Sie ertrinken werden. Und plötzlich ist da etwas neben Ihnen, das dahintreibt und Ihnen Halt bieten kann. Was tun Sie? Sie klammern sich daran. Und Sie fragen sich nicht, ob es sich um eine durchnässte Holzplanke handelt oder um ein Floß mit Radaranlage.«

Neun
    »Sie waren in einer derartigen Lage?«
    »Ja.«
    Klar, dass sie nicht darüber sprechen wollte, es belastete sie. Aber der Commissario konnte nicht so tun, als wäre nichts, er konnte die Dinge nicht einfach übergehen, er musste jede Einzelheit aus der Vergangenheit und Gegenwart der in den Mord verwickelten Personen kennen. Das war sein Beruf, auch wenn er sich in gewissen besonderen Situationen wie ein Inquisitor vorkam. Und die Sache machte ihm nicht unbedingt Vergnügen. »Wie haben Sie Emilio kennengelernt?«
    »Nach dem Skandal in Comisini wurde Emilio zunächst nach Fela versetzt. Dort hat ihm mein Vater, der ein Cousin zweiten Grades von ihm ist, von mir erzählt, von meiner Situation, von der Tatsache, dass er gezwungen war, mich in eine besondere Betreuungseinrichtung einweisen zu lassen, eine Gemeinschaft für Minderjährige.«
    »Sie haben Drogen genommen?«
    »Ja.«
    »Wie alt waren Sie?«
    »Sechzehn.«
    »Warum haben Sie damit angefangen?«
    »Sie stellen mir eine klare Frage, auf die ich allerdings nicht mit der gleichen Klarheit antworten kann. Es ist schwer zu erklären, warum ich damit angefangen habe. Auch mir selbst. Es waren wohl verschiedene Umstände, die dazu beigetragen haben, dass ich… Vor allem Mamas plötzlicher Tod, als ich noch keine zehn Jahre alt war. Danach die absolute Unfähigkeit meines Vaters, jemanden gernzuhaben, nicht zuletzt meine Mutter. Dann die Neugier. Und die Gelegenheit, die sich in einem Augenblick der Schwäche präsentiert. Der Schulkamerad, den du zu lieben glaubst, der dich drängt, es doch mal zu probieren…«
    »Wie lange waren Sie in der Betreuungseinrichtung?«
    »Ein ganzes Jahr. Und Emilio kam mich dreimal besuchen, das erste Mal, um mich kennenzulernen, in Begleitung von Papa, danach allein.«
    »Und dann?«
    »Dann bin ich von dort abgehauen. Ich habe einen Zug genommen und kam nach Mailand. Ich habe verschiedene Männer kennengelernt. Am Ende habe ich mich mit einem Vierzigjährigen zusammengetan. Die Polizei hat mich zweimal aufgegriffen. Beim ersten Mal hat sie mich in meine Stadt zurückgeschickt und wieder meinem Vater übergeben, weil ich ja minderjährig war. Aber wenn das Zusammenleben vorher schon dramatisch war, dann war es jetzt unmöglich. Also bin ich wieder abgehauen. Nach Mailand. Als ich zum zweiten Mal aufgegriffen wurde …« Sie unterbrach sich, wurde blass, das Zittern kehrte zurück, sie schluckte, ohne zu sprechen. »Schon gut«, sagte Montalbano.
    »Nein. Ich will Ihnen erklären, wieso … Beim zweiten Mal, als zwei Polizisten mich im Auto zum Kommissariat fuhren, schlug ich

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