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Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes

Titel: Commissario Montalbano 09 - Die dunkle Wahrheit des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ihnen einen Tauschhandel vor. Sie können sich vorstellen, welchen. Zuerst taten sie so, als wollten sie nicht darauf eingehen, >du musst mit ins Kommissariat<, wiederholten sie. Ich flehte sie wieder und wieder an, und als ich begriff, dass sie es genossen, angefleht zu werden, weil sie auf diese Weise über mich verfügen konnten, wie sie wollten, spielte ich Theater, ich fing an zu weinen, ich kniete mich hin, im Auto. Endlich waren sie bereit, sie brachten mich an eine einsame Stelle. Es war … furchtbar. Sie missbrauchten mich stundenlang. Doch das Schlimmste war ihre Verachtung, ihre sadistische Lust, mich zu demütigen… Am Ende pinkelte mir einer von ihnen ins Gesicht.«
    »Ich bitte Sie, das reicht«, wiederholte Montalbano mit leiser Stimme.
    Er empfand tiefe Scham vor seinem Mannsein. Er wusste, dass die Kleine das, was sie da erzählte, nicht erfand, leider war so etwas schon vorgekommen. Doch jetzt begriff er auch, warum Elena allein schon bei der Erwähnung des Wortes Kommissariat beinahe ohnmächtig wurde. »Warum hatte die Polizei sie festgenommen?«
    »Prostitution.«
    Das sagte sie ganz schlicht, ohne sich zu schämen und ohne Missbehagen. Es war etwas, das sie getan hatte, wie vieles andere.
    »Wenn wir kein Geld mehr hatten«, fuhr sie fort, »prostituierte mein Freund mich. Natürlich diskret. Nicht auf der Straße. Aber es gab Razzien, und zweimal nahmen sie mich fest.«
    »Wie haben sie Emilio wieder getroffen?« Sie zeigte ein Lächeln, das Montalbano nicht gleich verstand.
    »Commissario, jetzt wird die ganze Geschichte zum Comic, zu einer Seifenoper über die guten Gefühle. Wollen Sie das wirklich hören?«
    »Ja.«
    »Ich war ungefähr seit sechs Monaten wieder zurück in Sizilien. Genau an diesem Tag hatte ich mein zwanzigstes Lebensjahr vollendet und bin in einen Supermarkt gegangen in der Absicht, etwas zu klauen, um zu feiern. Doch als ich mich umsah, begegnete ich Emilios Blick. Er hatte mich seit der Zeit in der Wohngemeinschaft nicht mehr gesehen, und trotzdem erkannte er mich sofort. Und, was seltsam war, auch ich erkannte ihn. Was soll ich Ihnen sagen? Von da an hat er mich nicht mehr verlassen. Er hat dafür gesorgt, dass ich ins Krankenhaus kam und einen Entzug gemacht habe. Fünf Jahre lang hat er sich mit einer Hingabe und Liebe um mich gekümmert, die ich in Worten nicht beschreiben kann. Vor vier Jahren hat er mich gebeten, ihn zu heiraten. Das ist alles.« Montalbano stand auf und steckte die Briefe wieder in seine Tasche. »Ich muss gehen.«
    »Können Sie nicht noch ein bisschen bleiben?«
    »Leider ruft mich die Pflicht nach Montelusa.« Elena stand auf, ging auf ihn zu, senkte den Kopf leicht, legte einen Augenblick lang ihre Lippen auf die von Montalbano.
    »Danke«, sagte sie.
    Er hatte gerade das Kommissariat betreten, da lähmte ihn der Schrei von Catarella.
    »Dottori! Ich hab's ihr gesteeeeckt!«
    »Wem hast du's gesteckt, Catare?«
    »Der Passierwache, Dottori!«
    Rechts, in seinem Kabuff, wirkte Catarella wie ein Tanzbär, er sprang vor lauter Glück mal auf den einen Fuß, mal auf den anderen.
    »Ich hab das Wort gefunden! Ich hab's eingegeben, und die Wache verschwand ! «
    »Komm zu mir.«
    »Unverzüglicherweise auf der Stelle, Dottori! Aber vorher muss ich noch den File ausdrucken.« Besser von hier verschwinden, denn die Leute, die ins Kommissariat kamen und wieder hinausgingen, sahen sie ein bisschen verwundert an.
    Bevor er in sein Büro ging, schaute er bei Augello vorbei.
    Der war sonderbarerweise da, woraus man ersehen konnte, dass es dem Kleinen gut ging.
    »Was wollte Liguori heute Morgen?«
    »Uns sensibilisieren.«
    »Und das bedeutet?«
    »Dass wir weiter nach oben blicken sollen.«
    »Das heißt?«
    »Dass wir in die Tiefe vorstoßen sollen.«
    Montalbano verlor plötzlich die Geduld.
    »Mimi, wenn du jetzt nicht klar und deutlich redest, weißt du, in welche Tiefe ich dich dann stoße?«
    »Salvo, in den hohen Sphären von Montelusa sind sie scheinbar nicht zufrieden mit uns, was unseren Beitrag zur Bekämpfung des Drogenhandels angeht.«
    »Was wollen die uns denn erzählen? Allein im letzten Monat haben wir doch sechs Dealer eingelocht!«
    »Das reicht nicht, ihrer Meinung nach. Liguori hat gesagt, wir machen nur kleine Fänge.«
    »Was wäre denn ein großer?«
    »Sich nicht darauf zu beschränken, hier und da mal einen kleinen Dealer zu verhaften, sondern nach einem genauen, selbstverständlich von ihm ausgearbeiteten Plan vorzugehen, mit

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